Plyometrisches Training: Hocheffektiv, aber nicht ohne Risiko!

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Bekannt wurde das Plyometrische Training bereits in den 20er Jahren und Experten schrieben die sportlichen Erfolge der Ostblockstaaten nicht zuletzt dieser Trainingsform zu. Letztendlich ist es ein effektives Trainingsprogramm für Ober- und Unterkörper.

Zunächst setzten Trainer die Übungen allerdings nur in der Leichtathletik ein. Seit den 70er Jahren aber finden sie in allen Sportarten Anwendung, in denen es um Explosivkraft geht. 

Das Wort Plyometrie ist von dem griechischen Wort „pleythyein“ (Wachstum) abgeleitet. Es setzt sich zusammen aus den Wörtern „plio“ (mehr) und „metric“ (messen) und wurde so erstmals im Jahre 1975 von dem amerikanischen Leichtathletiktrainer Fred Wilt benutzt. 

Explosiv-reaktives Schnellkrafttraining

Plyometrisches Training kann am besten als explosiv-reaktives Schnellkrafttraining bezeichnen. Bei plyometrischen Übungen kommt es – als Antwort auf eine schnellkräftige Dehnung des Muskels – zu einer explosiven Muskelkontraktion. Die exzentrische Dehnung mit anschließender konzentrischer Kontraktion des Muskels wird in der Fachsprache „Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus“ genannt. Die Kontraktion des Muskels ist dabei nicht als rein muskuläre Angelegenheit anzusehen. Stattdessen hat das Zentralnervensystem einen hohen Anteil an der Bewegung: Es handelt sich daher um einen neuromuskulären Vorgang, eine Kombination von einem unwillkürlichen Reflex und einer schnellen muskulären Kontraktion. 

Dies klingt nun komplizierter als es eigentlich ist, denn jeder hat so etwas eigentlich schon einmal erlebt: Wenn nämlich der Arzt mit seinem kleinen Hämmerchen auf die Kniescheibe schlägt und dann unwillkürlich der Unterschenkel nach oben schnellt, dann testet er diesen Reflex: Der kleine Schlag dehnt die Kniesehne, die mit dem Quadrizeps (dem Kniestrecker) verbunden ist und gibt den neurologischen Befehl, den Muskel zu kontrahieren. Dieser Reflex heißt im Englischen „myotatic reflex“ und bildet die Grundlage der plyometrischen Physiologie. Grundlegende Bewegungen wie Laufen, Werfen und Springen funktionieren alle auf Grundlage der Plyometrie. 

Nicht jedes Powertraining ist plyometrisch

Das Dehnen des Muskels vor der Kontraktion kann man als „Laden“ verstehen. Je stärker geladen wird, das heiβt je stärker und schneller der Muskel sich dehnt, desto schneller kann er kontrahieren, desto mehr Kraft entwickelt er. Diesen Ladevorgang kann man beispielsweise beim Basketball gut beobachten: Wenn der Spieler einige Schritte Anlauf nehmen und damit Momentum aufbauen kann, springt er höher. 

Doch nicht jede Form von Powertraining kann als plyometrisches Training bezeichnet werden. Nur wenn eine extrem schnellkräftige Ladephase vorangegangen ist, kann man von einer plyometrischen Übung sprechen. Um zum Beispiel des Kniereflexes zurückzukommen: Der Dehnreflex löst sich nur dann aus, wenn er ganz kurz und schnellkräftig einen Impuls bekommt. Wenn ein Sportler auf einen hohen Kasten springt, ist das zwar eine Kraft- aber keine plyometrische Übung. Nur wenn der Sportler erst von einem kleinen Kasten herunter- und dann schnell auf einen anderen Kasten heraufspringt, spricht man von Plyometrik. Die kurze, schnelle Landung sorgt nämlich für Ladung oder Vorspannung der Muskulatur. Plyometrische Übungen sind sehr anspruchsvoll und dürfen daher im Training nur sparsam vorkommen. 

Plyometrie ist hocheffektiv, aber nicht ohne Risiko

Gibt es plyometrische Übungen im täglichen Leben? Ja, gehen Sie einfach mal auf einen Spielplatz! Wenn Sie dort Kindern beim Spielen, Seilspringen und Hüpfen zuschauen, dann sind das allesamt plyometrische Übungen. Ich selbst habe viele meiner Trainingsformen von Kindern abgeschaut und setze diese beispielsweise gerne im Seniorentraining ein. Damit entwickelt man Kraft, Power und Gleichgewichtssinn. Plyometrische Übungen können Trainer in jeder Alters- und Leistungsklasse einsetzen. Sie müssen nur darauf achten, dass die Übungen sinnvoll vom Leichten zum Schweren fortschreiten. Das heißt, als erstes müssen ausreichende Kraftverhältnisse herrschen. Vergessen Sie nicht, dass die Muskeln aufgrund des Dehnreflexes mit mehr Kraft kontrahiert werden. Außerdem ist während der Ladephase ein größeres Maβ an Balance und Stabilität nötig. Auch wenn jede Übung eigentlich nur einen Körperteil spezifisch trainiert, so arbeitet doch stets der gesamte Körper zusammen, um die explosive Bewegung auszuführen. Schließlich muss man darauf achten, dass der Sportler zunächst die technisch einfacheren Übungen beherrscht, bevor er zu komplexeren Bewegungsabläufen übergeht. 

Leider haben plyometrische Übungen jüngst auch einige Negativschlagzeilen gemacht. Die Verletzungsgefahr sei zu hoch, vor allem für Patellarspitze, Achillessehne und Fußsohlen. Und man muss einräumen, dass diese Trainingsform zwar hoch effektiv, aber eben nicht ohne Risiko ist. Es ist daher anzuraten, dass das Training ein Fachmann plant und betreut, um Überlastungsschäden zu vermeiden.

Juan Carlos Santana

Lesen Sie weiter in Teil 2 Plyometrisches Training im Basketball.

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