Laufen: Mobilitäts- und Stabilitätstraining führen zum Erfolg

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Über 80 Prozent der Läuferinnen und Läufer weisen ein erhöhtes Verletzungspotenzial auf, weil sie in den entsprechenden Gelenken nicht ausreichend mobil oder nicht ausreichend stabil sind. Daher sollte ein funktionelles Training von Beweglichkeit und Stabilität unbedingt zum Lauftraining gehören.

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Seit 2006 führe ich eine Datenbank, in der ich Gesundheits- und Leistungsdaten von Soldaten und zivilen Führungskräften sammle und auswerte. Was man daraus ablesen kann ist, dass etwa 40 Prozent der Probanden der derzeit etwa 1800 eine nicht mehr angepasst Ausdauerfähigkeit besitzen. Noch dramatischer sieht es aber bei den Bewegungsmustern aus. Wir verwenden den Functional Movement Screen nach Cook und Burton zur Beurteilung von alltäglichen Bewegungsmustern, der Mobilität und Stabilität. Etwa 85 Prozent der getesteten Männer und Frauen, erreichen nicht den geforderten Mindestwert von 14 Punkten und weisen somit ein deutlich erhöhtes Verletzungsrisiko auf. Beim Training der Sportler sollte man immer zunächst gezielt an den erkannten Schwächen arbeiten. 

Prinzipiell sollten die folgenden Kriterien auf jede Form des Trainings zutreffen: 

1. Zielgerichtet – abzielend auf die Bewältigung einer Distanz oder Verbesserung der Zeit beziehungsweise die Reduzierung des Körpergewichts. 

2. Bei Schwächen ansetzend – wir sollten nicht immer das trainieren, worin wir gut sind, sondern gezielt bei den Schwachstellen ansetzen

3. Periodisiert – gezielte Abfolge von intensiveren und weniger anstrengenden Trainingseinheiten. 

4. Progressiv – das Training sollte stets intensivierbar sein; dass heißt, es muss immer noch eine Steigerung möglich sein.

Zunächst an Basisübungen orientieren

Bei der Übungsauswahl orientiert man sich anfangs an den Basis-Bewegungsmustern und noch nicht an den sportartspezifischen Bewegungen. Diese Übungen fassen wir, anstatt jeden Muskel für sich zu betrachten in zwei Muskelketten zusammen: die Beuger- und die Streckerkette. Zudem unterscheidet man im funktionellen Training zwischen Übungen, bei denen der trainierte Körperteil Bodenkontakt hat (engl. closed chain), wie bei Liegestützen, oder sich frei im Raum bewegt (engl. open chain), wie beim Freihantel- oder Kettlebelltraining. 2008 hat der Amerikaner Keith Spennewyn in einer Studie untersucht, wie sich das funktionelle Training in Form von Open-chain-Krafttraining auf Kraft und Gleichgewicht auswirkt. Die Ergebnisse wurden mit den Effekten von konventionellem Krafttraining verglichen. Das Resultat hat selbst die Wissenschaftler erstaunt: Die Probanden, die funktionell trainierten, konnten gegenüber jenen, die konventionell trainierten einen Kraftzuwachs von 58 Prozent und eine Verbesserung des Gleichgewichts um 196 Prozent verzeichnen. 

Funktionelles Training beim Laufen wichtig

Das funktionelle Training hat auch für den Laufsport eine immense Bedeutung. Die traditionellen Trainingsschwerpunkte stellt es komplett auf den Kopf. Sein oberstes Ziel ist das perfekte Zusammenspiel von Kraft, Koordination und Beweglichkeit, denn davon hängt es ab, wie der Körper sich – seinen anatomischen Gegebenheiten im dreidimensionalen Raum entsprechend – effizient und verletzungsfrei bewegen kann. Das isolierte Training hat in der Rehabilitation oder bei gezielten Problemen seine Berechtigung, wenn einzelne Körperteile ruhiggestellt werden müssen, aber zugleich die Muskulatur gekräftigt werden soll. Das isolierte Training hat einen hohen Stellenwert für das Erreichen einer ausreichenden Rumpfstabilität. Wir legen dabei einen großen Wert darauf, das die verschiedenen Muskelpartien ihre volle Funktion entfalten können, damit später auch bei funktionellen Bewegungen keine Kompensationsbewegungen stattfindet, das heißt wenn synergistisch arbeitende Muskelpartien die Schwächen des Mitspielers ausgleichen müssen. Die Muskelgruppen, die ein isoliertes Training am häufigsten benötigen, sind:

1. die tiefe Bauchmuskulatur (Musculus transversus abdominis und Musculus obliquus internus abdominis), 

2. die Hüftabduktoren und Hüftrotatoren, 

3. die Schulterblattstabilisatoren (Mm. rhomboidei).

Eine stabile Hüfte hat Einfluss auf Knie und Sprunggelenk

Eine stabile Hüfte verbessert nicht nur die Funktion des Hüftgelenks, sondern hat ebenso einen direkten Einfluss auf die Funktion der Knie und Sprunggelenke. Viele Sportler müssen anfangs ihre Hüftabduktoren durch isoliertes Training langsam auftrainieren. Dabei lässt sich gleichzeitig eine Stärkung anderer Hüftstabilisatoren erreichen. Der amerikanische Fitnessexperte und Fitnesstrainer der deutschen Fußballnationalmannschaft, Mark Verstegen, nennt dies »Innervation durch Isolation« (isolation for innervation). Funktionelles Training hilft, Bewegungsabläufe zu optimieren, indem möglichst viele Muskeln über mehrere Gelenke aktiviert werden. Beweglichkeits- und Stabilitätstraining sind der Schlüssel zum Erfolg. Um an der Basis jeder Bewegung anzusetzen, beginnt Beweglichkeitstraining grundsätzlich mit dem Rumpf. In diesem Zusammenhang wird gern der von Mark Verstegen geprägte Begriff Core Performance verwendet oder von Core-Training gesprochen. Die Anteile des Bewegungsapparats, die für jeden Soldaten eine besondere Bedeutung haben sind: • Die Sprunggelenke, • Knie, • Hüfte, • Lendenwirbelsäule, Brustwirbelsäule, • Schulter und Arme.

Sprunggelenk und Hüfte beweglich, Knie stabil

Dabei haben die unterschiedlichen Anteile verschiedene Grundanforderungen. Während die Sprunggelenke, die Hüfte, Brustwirbelsäule und die Schultern in erster Linie ausreichend beweglich sein müssen, kommt es bei den Knien und der Lendenwirbelsäule zu allererst auf die Stabilität und eine Kraftübertragung mit möglichst wenig Energieverlust an. Die Muskeln als aktiver Bewegungsapparat verspannen die einzelnen Bewegungssegmente untereinander und können dabei sogar über zwei oder sogar mehr Gelenke verlaufen. Beim gerätebasierten Training orientiert man sich genau an diesen Grundlagen. Kraftübungen trainieren idealerweise komplexe Bewegungsmuster und sprechen nicht isoliert ein Gelenk oder eine Muskelgruppe an. Es geht nicht nur darum, mehr Kraft zu bekommen. Der Leistungszuwachs, den man sich durch das funktionelle Training erarbeiten, basiert insbesondere auf einem besseren Gleichgewicht und einer größeren Mobilität und Stabilität des Bewegungsapparates. Die Planung von funktionellem Training soll gleichzeitig Spaß machen und eine Herausforderung sein.

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Gibt es eine Brücke von der verletzungsgeplagten Welt des modernen Läufers ins gelobte Land, das Barfußlaufen und Born to Run uns versprechen? Können wir wirklich ein Leben lang verletzungsfrei laufen? Existiert eine Möglichkeit, das ganze athletische Potenzial zu entfesseln, das in uns schlummert? Trotz der Werbeversprechen der Schuhindustrie und einer Flut an neuen Ideen zur richtigen Lauftechnik erleiden im Schnitt mehr als drei von vier Läufern mindestens eine Verletzung im Jahr. Dass wir so viel Zeit im Sitzen und in ungesunden Schuhen verbringen, führt zu Problemen im unteren Rücken, chronischen Knieverletzungen und schmerzhaften Verformungen der Füße. Kelly Starrett, Autor des Bestsellers „Werde ein geschmeidiger Leopard„, hat sein revolutionäres Bewegungs- und Beweglichkeitskonzept für den Laufsport adaptiert. In 12 detaillierten Schritten beschreibt er, wie man „ready to run“ werden und ein Leben lang auf höchstem Niveau laufen kann. Spezifische Mobilisationsübungen gewährleisten die optimale Funktion und den vollen Bewegungsumfang der Muskeln, Faszien und Gelenke, tägliche Übungsroutinen beugen wirksam Überlastung und Verletzungen vor.

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Über den Autor

Dr. Lutz Graumann

Dr. Lutz Graumann ist Sportmediziner und betreut Militärs, Spitzensportler und Klienten aus der Industrie. Er ist der aktuelle Präsident der „International Association of Performance Medicine“. Seine Publikationen erscheinen regelmäßig in nationalen und internationalen Fachmagazinen. www.sportmedizin-rosenheim.de

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