Welcher Basketballschuh passt eigentlich am besten zu mir? Worauf sollte der Verbraucher beim Kauf eines Basketballschuhs achten? Welche Unterschiede geben Marken her und wie viel Geld sollte ich ausgeben?
Good Walking – Der Sportschuhladen
Geschäftsführer: Dirk Wolf von Berchem
Koblenzer Straße 26‐28 53173 Bonn – Bad Godesberg
Tel.: 0228 – 353010
Um diese Fragen zu klären, war ich in einem ganz besonderem Sportschuhladen und traf einen, der es wissen muss: Dirk Wolf von Berchem klärt uns auf. Er ist seit 30 Jahren Geschäftsführer des regional‐bekannten Sportschuhladens „Good Walking“ im Bonner Stadtteil Bad Godesberg und hat in dieser Zeit für tausende Basketballer den passenden Schuh gefunden.
trainingsworld:Worauf sollte der Verbraucher beim Kauf eines Basketballschuhs achten?
Dirk Wolf von Berchem: Also, grundsätzlich sollte er qualitativ hochwertige Basketballschuhe kaufen. Das sind Preislagen, heute in der Realität ab 90 Euro aufwärts. Alles was preislich drunter liegt sollte man mit Vorsicht genießen, sowohl was das Material, die Verarbeitung, die Dämpfung als auch die Passform des Schuhs angeht. Außerdem sollte der Verbraucher unbedingt sein Gewicht berücksichtigen, da es spezielle Schuhe für leichte, mittelschwere als auch schwere Spieler gibt. Für den einen oder anderen Basketballer ist noch der Aspekt der Orthopädie wichtig: Liegen orthopädische Fehlstellungen vor? Trägt der Spieler orthopädische Einlagen? Ist er anfällig für Bänderverletzungen? Hat er ein instabiles Sprunggelenk? Dementsprechend gibt es Basketballschuhe, die diese Faktoren berücksichtigen und über eine hohe Stabilität und Trittsicherheit verfügen. Andere Basketballschuhe sind eher auf Dynamik ausgelegt, daher aber aus orthopädischer Sicht eher instabile Schuhe. Aber auch bei einem dynamisch ausgelegten Basketballschuh kann bereits eine gewisse Stabilität über die Passform vorhanden sein. Ein neu gekaufter Basketballschuh sollte fest bis sehr fest sitzen, aber nicht drücken, weil beim Basketball sehr hohe Kräfte auf das Sprunggelenk wirken. Wenn der Fuß im Schuh nicht fest sitzt, dann ist die Verletzungsgefahr dementsprechend groß.
In der Länge sollte man vorne circa 5 Millimeter Luft haben, da bei den vorwärts stoppenden Bewegungen und beim Abrollen der große Zeh arbeitet und etwas Platz benötigt. Man sollte auf keinen Fall einen Schuh kaufen, bei dem der große Zeh beim normal belastenden Zustand vorne leicht anschlägt. Das ist imminent wichtig, da der Zeh bei hohen Belastungen schnell rampuniert werden kann, wenn man vorne anstößt. Das sind die wichtigsten Kriterien, die der Verbraucher vor dem Kauf abwägen sollte.
Für die jüngeren Basketballer spielt natürlich noch der Geschmack eine wichtige Rolle. Sie fixieren sich sehr stark auf Farben, Disigns und wollen im Regelfall Schuhe tragen, die in der Mannschaft kein anderer Spieler trägt.
trainingsworld:Präferieren Ihre Kunden eher einen leichten oder stabilen Basketballschuh?
Dirk Wolf von Berchem: Das hängt mit der Position des Spielers zusammen. Der Aufbauspieler bevorzugt eher einen leichten, schnellen Schuh. Er braucht nicht so sehr die Stabilität, im Gegensatz zu den Spielern, die unter dem Korb tätig sind. Für Power‐Forwards und Centers ist die Verletzungsgefahr sehr viel größer, weil es häufig passiert, dass man aufgrund des Gedränges unter dem Korb nach dem Sprung auf einem anderen Fuß landet. Für diese Spieler ist es sinnvoll, eher einen stabilisierenden Schuh mit einer größeren Trittsicherheit zu tragen. Außer der Position ist das Körpergewicht noch ein weiteres Kriterium beim Kauf eines Schuhs. Ein leichter Spieler kann einen leichten Schuh tragen. Ein schwerer Spieler sollte tendenziell eher einen schweren Schuh tragen. Von daher verkaufe ich sehr verschiedenen Modelle mit Kriterien, die individuell auf den Spieler zugeschnitten sind.
„Es gibt eigentlich nur noch zwei marktrelevante Firmen“
trainingsworld:Welche qualitativen Unterschiede gibt es bei den Sportartikelherstellern? Oder herrscht quasi nur noch ein kommunikativer Wettbewerb auf dem Markt?
Dirk Wolf von Berchem: Es gibt eigentlich nur noch zwei marktrelevante Firmen. Das sind Nike, als uneingeschränkter Marktführer im Basketball, und adidas, als stark aufkommender Wettbewerber im Basketballbereich. Alle anderen spielen eigentlich keine Rolle mehr. And1, als hippe Marke vor Jahren, ist zwar noch auf dem Markt, kann man bei der Suche nach einem Basektballschuh aber eigentlich völlig vernächlässigen. Das liegt daran, dass die Qualität und das Preis‐Leistungs‐Verhältnis sehr schlecht sind. Neu auf dem Markt ist Under Armour, die allerdings nur von Kickz angeboten werden. Von daher kann ich zu dieser Marke nichts sagen, weil ich den nicht vertreiben kann bzw. darf. Ich habe die Vermutung, dass diese Marke eher in die Fashionrichtung geht.
EVA steht für Ethylene Vinyl Acetate. EVA ist das allgemeine Dämpfungsmaterial, das aufgrund seiner intensiven Dämpfungseigenschaft in Sportschuhen verwendet wird. EVA wird als Granulat, wässrige Dispersion, Pulver, aber auch als Folienmaterial verwendet. Der Kunststoff hat eine hohe Wärme‐ und gute Alterungsbeständigkeit.
Bei den beiden Marktführern, adidas und Nike, gibt es natürlich auch einen kommunikativen Wettbewerb mit Superstars als Werbefiguren. Technisch betrachtet gibt es aber auch Unterschiede, die ich Ihnen darstellen möchte: adidas und Nike unterscheiden sich grundsätzlich in der Sohlentechnik. Nike baut, bis auf ein paar Ausnahmen, auf das Air‐Dämpfungssystem. Das hat den Vorteil, dass es die Druckspitzen, also die intensiven Kräfte, sehr gut wegdämpfen kann, im Gegensatz zur reinen EVA‐Zwischensohle.
Das Dämpfungsmaterial ist EVA, es werden aber auch teilweise zusätzliche Air‐Kissen oder Gel‐Kissen in Sportschuhe eingebaut. Nike muss durch das zusätzlich zum EVA eingebaute Air‐Kissen etwas höhere Sohlen bauen, was dazu führt, dass der Spieler etwas höher steht. Der etwas höhere Stand hat den Nachteil, dass man leicht kippelig steht im Vergleich zu einer flacheren Sohle. Das Air‐Kissen hat auch den Nachteil, dass man beim Antritt ein leicht schwammiges Gefühl hat. adidas hingegen verbaut flachere Sohlen und nutzt nur die EVA‐Technologie, also ohne Zusatzdämpfung. Der Vorteil ist, dass man näher zum Boden steht, über eine größere Standsicherheit verfügt und durch den besseren Bodenkontakt einen schnelleren ersten Schritt hat. Der Nachteil ist, dass man als Spieler eine etwas weniger intensive Dämpfung hat. Für Spieler mit Knie‐ und Hüftproblemen ist es ratsam auf die Dämpfung zu achten und sich eher für Nike‐Basketballschuhe zu entscheiden. Spieler ohne Gelenkprobleme können ohne weiteres den etwas schlechter dämpfenden, aber orthopädisch sichereren Schuh wählen.
trainingsworld:Zu wieviel Prozent macht Ihrer Meinung nach der Basketballschuh den Unterschied in der Performance eines Spielers aus?
Dirk Wolf von Berchem: Das ist sehr schwierig zu beantworten. Wie alles im Basketball und allgemein im Sport spielt die Psyche eine wichtige Rolle, d. h. die Leistung findet auch im Kopf statt. Wenn der Spieler meint, den richtigen Schuh zu tragen, den er braucht, dann macht es sicher etwas aus. Aber letzten Endes, in realitas, macht es nichts aus. Auf höchstem Spielniveau ist das Tragen eines ganz bestimmten Basketballschuhs nur noch ene mentale Hilfestellung.
trainingsworld:Was unterscheidet einen Basketballschuh von einem anderen Sportschuh?
Dirk Wolf von Berchem: Der Basketballschuh ist im Regelfall trittstabiler ausgelegt als andere Sportschuhe, im Vergleich zum Volleyball‐, Handball‐ oder Squashschuh. Bei den Sportarten kommt es auf schnellen Bodenkontakt und große Beweglichkeit im Fuß an. Das ist beim Basketball nicht ganz so wichtig. Da ist die Stabilität im Tritt und im Sprunggelenk als auch die Trittsicherheit in der Sohle das, was einen guten Basketballschuh primär ausmacht und zu anderen Sportschuhen unterscheidet.
trainingsworld: Gibt es zum Laufschuh Parallelen? Stichwort Pronation und Supination?
Begriffserklärung: An den Füßen beschreibt die Supination die Hebung des inneren Fußrandes bei gleichzeitiger Senkung des äußeren. Die Supination wird auch als Auswärtsdrehung bezeichnet. Die entgegengesetzte Bewegung nennt man Pronation.
Dirk Wolf von Berchem: Nein, die gibt es im Großen und Ganzen nicht. Der Laufschuh ist für die Vorwärts‐Abrollbewegung konzipiert, von daher spielt die seitliche Stabilität beim Laufschuh eine untergeordnete Rolle. Bei Basketball ist die seitliche Stabilität ein ganz wichtiges Element, da das seitliche Umknicken zu den typischen Basketballverletzungen gehört. Beim Basketballschuh sorgen von daher stabilisierende Elemente in den Schaft hinein dafür, dass der Fuß intensiver und fester geführt wird. Insofern kann man Laufschuhe und Basketballschuhe eigentlich überhaupt nicht vergleichen. Die Ansprüche sind sehr unterschiedlich. Nur im Dämpfungsbereich gibt es gewisse Parallelen, wobei man im Laufschuhbereich immer mehr von der Intensivdämpfung wegkommt und auf flachere und leichtere Schuhe setzt.
trainingsworld: Ich bedanke mich recht herzlich für das aufschlussreiche Gespräch!
Im 3. Teil der Serie stelle ich Ihnen fünf akutelle Basketballschuhe der Marken Nike und adidas vor. Dirk Wolf von Berchem analysiert und bewertet die Topmodelle für Sie.