Pilates für das Powerhouse

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Mit Powerhouse wird die Muskulatur der Körpermitte bezeichnet. Der Begriff ist sozusagen eine Abkürzung für eine ganze Palette von Muskeln, die im Pilates bei jeder Übung angesprochen werden. Je nach Pilates-Schule – weltweit gibt es mittlerweile eine Handvoll sehr gute internationale Schulen, wie STOTT PILATES ®, Polestar oder Basi – werden etwas unterschiedliche Muskeln unter dem Powerhouse zusammengefasst.

Wenn Sie schon einmal von Pilates gehört haben, dann kennen Sie vielleicht den Begriff Powerhouse? Dieses Pilates-Schlagwort geht vermutlich direkt auf Joseph Hubertus Pilates zurück – das sagen zumindest die 1st generation teachers – also diejenigen Pilates-Trainer, die noch das Glück hatten direkt mit Joseph Pilates zusammenarbeiten zu können und von ihm zu lernen. Joseph Pilates starb bereits 1967, so daß es mittlerweile nur noch zwei seiner Eleven in den USA gibt.

 

Die Kraft aus der Tiefe

Nach STOTT PILATES ® versteht man unter dem Powerhouse die Tiefenmuskulatur. Diese tiefe, rumpfstabilisierende Muskulatur besteht aus der Beckenbodenmuskulatur, dem Multifidus (tiefe Rückenmuskulatur) und dem Transversus Abdominis (tiefe Bauchmuskulatur). Ziel im Pilates ist es, diese Muskulatur bewusst zu machen und sie isometrisch mit Hilfe der Atmung bereits vor der eigentlichen Bewegung zu aktivieren.

 

Die Box im Körperinneren

Sie können sich dieses Stabilisationssystem im Körperinnern wie eine Box vorstellen: Den Deckel bildet Ihr Zwerchfell (reflektorische Atemmuskulatur), während der Beckenboden den Boden der Box darstellt. Der tiefe Rückenmuskel (Multifidus) ist die Rückseite, der tiefste Bauchmuskel (Transversus Abdominis) die Vorderseite.

 

Transversus Abdominis – der Taillenschlankmacher

Dieser tiefste Bauchmuskel zieht sich von der Rückseite kommend wie ein breites Band um Ihre Taille nach vorn und verschnürrt somit gleichzeitig die gesamte Konstruktion. Seine Fasern verlaufen horizontal und berühren dabei die untersten Rippen und das Becken. Ist der Transversus Abdominis angespannt, wird die Bauchhöhle komprimiert und die Wirbelsäule im Lendenwirbelbereich von hinten gehalten und stabilisiert. Gelingt Ihnen die Aktivierung, dann haben Sie das Gefühl, ein Korsett um Ihre Taille würde gerade enger gezogen. Die Bauchdecke wird dabei etwas flacher und Ihr Bauchnabel sinkt ein wenig zur Wirbelsäule. Das sichtbare Ergebnis für Sie: Ihr Taillenumfang verringert sich leicht.

Der Transversus Abdominis arbeitet reflektorisch, kann aber in Verbindung mit einer tiefen und bewussten Ausatmung verstärkt aktiviert werden. So schlagen Sie – wenn Sie richtig atmen – gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie stabilisieren Ihre Wirbelsäule und werden dabei schlanker.

 

Multifidus – der Wirbelsäulenaufrichter

Der tief liegende Rückenmuskel verläuft vom Kreuzbein über die gesamte Wirbelsäule bis zum Kopf. Dabei entspringen die einzelnen Muskelstränge den Querfortsätzen der Wirbelkörper und setzen an den Dornfortsätzen der darüberliegenden Wirbelkörper wieder an.

Die Anspannung des Multifidus bewirkt die Aufrichtung der Wirbelsäule und bremst gleichzeitig die Wirbelsäulendrehung. Er hält die Wirbel zentriert und stabil zueinander. Gelingt Ihnen die Aktivierung, fühlen Sie sich leichter und länger, wobei die natürliche Kurve der Lendenwirbelsäule gestützt wird.

Und so unterstützen Sie die Aktivierung dieses reflektorischen Muskels: Stellen Sie sich vor, jemand würde Sie an einem Faden nach oben ziehen. Die Wirbelsäule wird dabei immer länger, der Abstand zwischen Rippen und Becken größer.

 

Der Beckenboden: Organ- und Haltungsstütze

Die Beckenbodenmuskulatur besteht aus 3 Muskelschichten: einer äußeren, einer mittleren und einer inneren Schicht. Je nach Anatomie-Buch fasst man unter dem Begriff ‚Beckenboden‘ 9-12 feine Muskeln zusammen. Diese Muskeln bilden den Bauchboden und stellen die muskuläre Verbindung von Sitzbeinhöckern, dem Schambein und dem Steißbein her. Der Beckenboden ist bildlich wie eine Hängematte in Ihrem kleinen Becken. Daher stützt der Beckenboden Ihre Organe von unten. Indem Sie Ihre Beckenbodenmuskulatur aktivieren, regen Sie zugleich den Transversus Abdominis und den Multifidus an- zwischen diesen Muskeln gibt es faserige Überschneidungen. Dieser Effekt macht den Beckenboden neben der Organ- auch zur Haltungsstütze.

Die Beckenbodenanspannung spielt sich ohne sichtbare Bewegung allein im Innern Ihres Körper ab. Ihre Gesäßmuskulatur bleibt dabei ganz locker. Wenn Sie es richtig machen, spüren Sie, wie sich der Beckenboden hebt und die Sitzbeinhöcker etwas dichter zusammenrücken. Am einfachsten ist es, Sie stellen sich vor, Ihr Beckenboden wäre ein Fahrstuhl, mit dem Sie bis zu fünf Stockwerke hinauf und wieder hinunter fahren können. Versuchen Sie es einfach einmal: Hochfahren beim Ausatmen und Runterfahren beim Einatmen.

 

Die Praxis

All das Gesagte mag für Sie sehr theoretisch klingen. Ist es auch, aber in einem professionellen Pilates-Studio werden Sie am Beginn jeder Pilates-Stunde immer ein paar sehr einfache Körperwahrnehmungsübungen zu diesen Muskeln machen. Gut ausgebildete Trainer leiten dazu sehr einfache Übungen an und lassen Sie die Tiefen-Muskulatur erspüren. Auch während der Pilates-Stunde werden Sie dann öfters mal an die Anspannung der tiefen Muskulatur erinnert – denn nur so arbeiten Sie mit der richtigen Technik.

Falls Sie diese Muskulatur im Heimtraining erspüren möchten, dann eigenet sich die Pilates-DVD „Pilates“ vom Gräfe und Unzer Verlag, Autorin Michaela Bimbi-Dresp, sehr gut dazu. Das erste Programm auf dieser DVD widmet sich nur der Körperwahrnehmung und der richtigen Ausrichtung Ihres Körpers beim Pilates-Training.

 

Michaela Bimbi-Dresp

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