2. Yoga-Prinzip: In die Stille kommen

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Wir sind alles andere als statische Wesen. Wir sind von Natur aus dynamisch. Die Yogapraxis sollte diesen natürlichen Aspekt unseres Seins zulassen, statt ihn zu unterdrücken.

Von der dynamischen zur statischen Auseinandersetzung mit den Asanas

Selbst wenn wir so reglos wie möglich verharren, schlägt unser Herz, arbeitet der Kreislauf, flitzen Nervenimpulse durch den Körper und strömt der Atem in unsere Lungen und wieder hinaus. Dies ist ein Teil des Problems, wenn wir Asanas als »Posen« betrachten. Models werfen sich vor der Kamera in Posen. Das Resultat wird für gewöhnlich nachbearbeitet, damit ein idealisiertes Bild entsteht, das dem Betrachter eine künstliche Bedeutung vermitteln soll. Anders bei den Asanas, in denen es um die innere Erfahrung der Übenden geht – darum, sich einer größeren körperlichen Kraft und Beweglichkeit, einer ausgeglicheneren Energie und einem klareren Gewahrsein zu öffnen. Man sollte gehaltene Asanas nicht als statisch betrachten, sondern vielmehr zu kleinen Verfeinerungsbewegungen ermutigen, die Atem, Körper und Geist mehr Festigkeit und Leichtigkeit verleihen. Wenn wir uns unserer natürlichen Dynamik öffnen, ist dies ein verlässlicherer Weg zu tieferem inneren Frieden und Klarheit als das entschlossene Bemühen, reglos zu verharren.

Auf den Atemfluss achten!

Bei der dynamischen Erkundung begeben wir uns im rhythmischen Fluss des Atems in die Stellungen und wieder heraus und bringen die abstrakten Konzepte von Parinamavada und Vinyasa Krama praktisch zum Ausdruck. In der Bewegung kann sich der Körper langsamer, sanfter und tiefer öffnen und sich die Endposition besser einprägen. Diese Übungsweise weckt das Gefühl einer stärkeren Verbundenheit von Atem und Bewegung, Kraft und Entspannung sowohl innerhalb der Asanas als auch dazwischen und macht den Atem zu einem integraleren Bestandteil der gesamten Praxis. Auf diese Weise bereitet sie den Körper auf die gefahrlosere und intensivere Erkundung gehaltener Asanas vor und verstärkt letztlich ihre Wirkung, während die Schüler immer mehr in Einklang mit den Vorgängen in ihrem Inneren kommen.

Gefühlt mit dem ganzen Körper atmen

Surya Namaskara (Sonnengruß) und seine Varianten sind das klassische Beispiel dynamischer Bewegung. Im Ashtanga Vinyasa Yoga verleihen dynamische Bewegungen der ganzen Praxis Würze, wenn die Schüler zwischen den meisten gehaltenen Asanas folgendes Vinyasa ausführen: über Tolasana (Waage), Lolasana (Schaukel), Chaturanga Dandasana, Urdhva Mukha Svanasana (nach oben schauen- der Hund), zu Adho Mukha Svanasana und Danda- sana (Stock) oder anderen Asanas – je nachdem, an welchem Punkt der Übungsfolge oder Serie sich das Vinyasa befindet. Aber auch in Stunden, die in erster Linie auf dem Iyengar Yoga basieren – wie das Anusara Yoga von John Friend, das Yin Yoga von Paulie Zink und Paul Grilley und der Iyengar-Yogaunterricht selbst –, gibt das Gefühl, mit dem ganzen Körper zu atmen, den Schülern die Möglichkeit, mit natürlicher Bewegung in die Stille zu kommen.

Immer die Möglichkeit, in die Stille zu kommen

Die Vorstellung, in die Stille zu kommen, gilt für die gesamte Yogapraxis.9 Wenn wir uns mit verschiedenen Übungsabschnitten beschäftigen, sollten wir eines nicht vergessen: dass wir von dem Augenblick, in dem wir die Matte betreten, über die anstrengendsten Übungsabschnitte bis hin zu Savasana und darüber hinaus stets die Möglichkeit haben, in die Stille zu kommen.

Lesen Sie auch:

Das 1. Yoga-Prinzip: Vom Einfachen zum Komplexen

Das 3. Yoga-Prinzip: Das energetische Gleichgewicht finden

Quelle: 

Stephens, Mark: Yoga Workouts gestalten, 1. Auflage, Riva Verlag 2014, München

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