Flach, nur wenige Zentimeter über dem Boden, rauscht das Liegebike über den Asphalt. Im Vergleich zum aufrechten Adaptivbike sieht man deutlich, dass das Liegebike einen wesentlichen Verwendungszweck hat: im Rennen schnell zu fahren!
Wie es der Name schon vermuten lässt, liegen Sportler in einem Liegebike. Dies halbiert die Widerstands-Stirnfläche nahezu und führt so zu einer erheblich verbesserten Aerodynamik gegenüber dem Adaptivbike. Somit können bei gleicher Leistung weitaus höhere Geschwindigkeiten erzielt werden: Die Weltbestzeit über die Marathon-Distanz von 42,195 km, gehalten von Vico Merklein, beträgt 1:00:03 bei einen Schnitt von 42,2km/h.
Der große Radstand der langgestreckten Konstruktion sorgt zusätzlich für mehr Laufruhe bei höheren Geschwindigkeiten und der tiefliegende Schwerpunkt erlaubt es, Kurven schneller zu durchfahren als mit einem Rollstuhl oder Adaptivbike. Gleichzeitig werden Rücken– und Nackenmuskulatur besser gestützt. Der Vortrieb wird nahezu ausschließlich aus der Beuge- und Streckmuskulatur der Arme generiert, Schaltung und Bremsen befinden sich wie beim Adaptivbike meist an den Kurbeln.
Diese Vorteile müssen allerdings mit deutlichen Abstrichen in der Alltagstauglichkeit und Sicherheit erkauft werden. Der Wenderadius eines Liegebikes lässt sich – wie Spötter unken – wohl eher mit dem eines Kreuzfahrtschiffes vergleichen und macht es für den Alltag in der Stadt nahezu unbrauchbar. Zudem erschwert die tiefe aerodynamische Position nicht nur das Sehen, sondern vor allem das Gesehen-Werden im Straßenverkehr. Aus diesem Grund sind im Training Fahnen oder Fahrradwimpel am Heck des Liegebikes montiert.
Zur Verbesserung der Aerodynamik werden für Wettkämpfe Scheibenlaufräder und aerodynamische Tiefbettfelgen montiert. Ebenso trägt man im Wettkampf unter Umständen aerodynamisch geformte Helme und enganliegende Anzüge, sog. “Skinsuits”. Der Tüftelei sind dabei allerdings durch das Reglement wie überall im Radsport Grenzen gesetzt, denn am Liegebike selbst dürfen keine Verkleidungen angebracht werden.
Um die Stabilität und damit die Sicherheit zu erhöhen, wurden die Hinterräder in den Anfangszeiten noch mit beträchtlichem Sturz ausgerichtet. Da daraus allerdings ein erhöhter Rollwiderstand resultiert, wird heute in der Regel mit einem minimalen Sturzwinkel von 2° gefahren. Abstriche in der Stabilität und Sicherheit werden gegenüber dem Geschwindigkeitsgewinn von den Athletinnen und Athleten hier gern in Kauf genommen. Ganz nach dem Prinzip, “Übung macht den Meister”.
Dr. Thomas Abel
Benjamin Herrera