Im Schwimmtraining nutzen Triathleten oftmals ein Techniktraining, ebenso beim Laufen. Auf dem Rad allerdings wird die Technik oft vernachlässigt. Was Ihnen ein gutes Techniktraining bringen kann, erklärt Dennis Sandig.
Techniktraining und Koordinationstraining sind eng miteinander verknüpft. Beides zielt darauf ab, Bewegungen zu optimieren, indem die daran beteiligten Muskeln und Nerven bestmöglich aufeinander abgestimmt werden. Aus dem Schwimmtraining ist eine Vielzahl von Übungen und Übungsvariationen bekannt, mit denen die Technik und die Koordination im Wasser verbessert werden soll (z. B.: Kraulschwimmen im Triathlon). Auch aus dem leichtathletischen Training sind Übungen wie die Lauf- und Sprungschule bekannt. Eher selten wird von Triathleten hingegen Techniktraining auf dem Rad eingesetzt. Aber auch hier kennen Spezialisten zahlreiche Übungen zum Verbessern der Bewegungsausführung.
Eine gute Technik spart Energie
Die klassischen konditionellen Fähigkeiten stehen im Training nahezu immer im Zentrum der Planung. Ihnen wird als wichtige Komponenten der Leistungsfähigkeit die größte Bedeutung zugeschrieben. Während im Ausdauertraining Anpassungen eher der Energiebereitstellung zugeordnet werden, spielen die Technik und Koordination im Krafttraining schon eine entscheidende Rolle in Bezug auf Trainingsanpassungen. Je nach Methode können Schwerpunkte im Hinblick auf energetische und morphologische Veränderungen oder eben auf neuronale Anpassungen gelegt werden. Der eigentliche Sinn eines reinen Techniktrainings besteht darin, die Bewegungen mit einer hohen Bewegungsqualität zu ermöglichen. Dies hat einen sehr großen Einfluss auf die sportliche Leistungsfähigkeit. Wie sich immer deutlicher zeigt, hat auch das allgemeine Training einen großen Einfluss auf die Technik. So konnten mittlerweile mehrere Studien positive Auswirkungen eines Maximalkrafttrainings auf die Lauftechnik zeigen. Wichtig ist die Erkenntnis, wie sehr die verschiedenen Trainingsformen sich gegenseitig beeinflussen. Ihr Ziel sollte es sein, die Technik soweit zu optimieren, dass Sie keine zusätzliche Energie verschwenden. Gerade auf der Langdistanz ist oftmals zu beobachten, dass sich Athleten „müde“ schwimmen, da ihre Schwimmtechnik derart unterentwickelt ist, dass kein optimaler Schwimmzug zustande kommt.
Techniktraining in der Praxis
Techniktraining muss sehr differenziert erfolgen. Zunächst einmal muss dem Trainer und dem Sportler klar sein, welchen der verschiedenen Aspekte man überhaupt ansprechen möchte: Geht es um die Bewegungswahrnehmung, die verbessert werden soll? Möchte man die Bewegungssteuerung oder gar das Bewegungsgedächtnis optimieren? Sie dürfen in Ihren Trainingsprozess also nicht einfach ein Techniktraining einbauen, ohne die eigentliche Zielstellung klar festzulegen. Insgesamt stehen viele unterschiedliche Trainingsmittel zur Verfügung, um die Technik insgesamt zu optimieren. Der Einsatz bestimmt dabei die Wahl des jeweiligen Mittels. Wenn Sie beispielsweise eine Feed-Back-Methode wählen und eine Videoanalyse einbauen möchten, existieren sehr viele verschiedene Möglichkeiten. Von der einfachen Unterwasserkamera, deren Bilder mithilfe einer speziellen Software, wie z. B. Dartfish, von Ihrem Trainer einzeln analysiert werden, bis hin zur Kopplung von Unterwasserbildern mit Kraftmessplatten, stehen allein für das Schwimmen zahlreiche Varianten zur Verfügung. Dabei können Schwimmwenden für das Schwimmen in einem Becken ebenso beurteilt und optimiert werden, wie einzelne Abschnitte im Bewegungszyklus.
Techniktraining – Eine Frage der Methode?
Im Rahmen von Studien konnten in den letzten Jahren bezüglich der Koordination und auch des Techniktrainings interessante Beobachtungen gemacht werden. So zeigte sich, dass unmittelbare Rückmeldungen nicht unbedingt zu einer verbesserten Stabilisierung bei einem Balancetraining führten. Im Einzelnen wurden dabei Balanceübungen auf einem so genannten Posturomed gemacht. Die Probanden bekamen die Aufgabe, möglichst ruhig zu stehen. Über einen Monitor wurde in Echtzeit Rückmeldung über die Position gegeben und via eingezeichneter „Zielscheibe“ eine vermeintliche Erleichterung im Ansteuern der Balance gegeben. Allein diese Unterstützung führte bei einem Teil der Probanden zu einer verschlechterten Standtechnik, so dass wohl primär individuelle Trainingskonzeptionen anzustreben sind. Im Grundsatz müssen wir innerhalb des Techniktrainings also erst einmal die Zielstellungen festlegen, da diese trainingsmethodisch unterschiedliche Vorgehensweisen erfordern. Es können 4 Zielkategorien unterschieden werden:
1. Erlernen von Fertigkeiten
Neulernen von technischen Fertigkeiten bis hin zur Automatisierung
2. Variieren von Fertigkeiten
Situationsgerechter Einsatz von Varianten bzw. grundlegendes Erlernen von Varianten
3. Anpassen von Fertigkeiten
Fertigkeiten werden an Bedingungen der Umwelt angepasst, dazu gehören beispielsweise Geländeveränderungen wie der Untergrund, Steigungen oder das Reagieren auf Gegner
4. Abschirmen von Fertigkeiten
Z. B. Stabilisieren von Fertigkeiten gegen Ermüdung
Bezüglich der Formen von Techniktraining finden wir in der Literatur ein Wirrwarr von Begriffen und Trainingsformen, so dass zunächst einmal eine Ordnung festgelegt werden muss. Dabei bietet es sich an, interne von externen Bewegungsanstößen zu unterscheiden. Im Techniktraining kann mit dem Ziel der korrekten Ausführung der Anstoß von innen kommen, wenn es um das Erlernen einer Bewegung geht, oder von außen, wenn es um das Anpassen einer Bewegung geht. Beim erfolgreichen Umsetzen einer Bewegung ist zudem intern möglicherweise das Variieren einer Bewegung notwendig oder das Abschirmen einer bereits automatisierten Ausführung:
Die Phasenstruktur
Techniktraining ist sehr komplex und eine Vielzahl von Interaktionen ist an den Anpassungen maßgeblich beteiligt. Hinzu kommen zahlreiche verschiedene Trainingsziele, so dass je nach Trainingsziel vielfältige, oftmals gegensätzliche Bedingungen geschaffen werden müssen, um optimale Ergebnisse erreichen zu können. Die in diesem Bereich verbreiteten Phasenmodelle können jedoch nur in geringem Maße den kompletten Bedeutungsumfang erfassen und stellen somit eher verkürzende Modelle dar. Die Phasen des Erwerbs einer technischen Fertigkeit werden in das Freezing, das Releasing und das Exploiting unterteilt. Für Anfänger stellt eine zu große Anzahl an Freiheitsgraden häufig ein Problem dar, insbesondere zu Beginn neuer Bewegungen lassen hemmende Kokontraktionen von antagonistischen Muskeln das Bewegungsbild fehleranfällig werden. Diese Problematik ist insbesondere im Schwimmen bekannt und wird umgangen, indem Bewegungen möglichst gleichförmig eingeübt werden, beispielsweise durch Üben des Beinschlags am Beckenrand. So soll in einem ersten Schritt die Grundbewegung bei reduzierten Freiheitsgraden eingeschliffen werden. Beim Releasing werden weitere Freiheitsgrade eingeführt, so dass mehr Muskelgruppen und Gelenke an einer Bewegung beteiligt werden. Die Bewegungen werden flüssiger, gelöster und die Koordination großer Muskelschlingen verbessert sich. Im Exploiting werden Freiheitsgrade bewusst genutzt, die die Qualität der Bewegung schlussendlich optimieren sollen.
Erfolgskriterium |
Anstoß zur Bewegung von intern |
Anstoß zur Bewegung von extern |
---|---|---|
Korrektes Ausführen | Erlernen | Anpassen |
Erfolgreiches Lösen | Variieren | Abschirmen |
Tab. 1: Leitbild zum Techniklernen
Technik trainieren
Ähnlich wie beim Laufen, Gehen und Springen sollen sportliche Bewegungen möglichst automatisiert ablaufen. Dass dies selbst bei so „einfachen“ Bewegungen wie dem Treten auf dem Fahrrad nicht so ist, zeigen Pedalkraftanalysen, wie sie z. B. Björn Stapelfeld vom Radlabor in Freiburg entwickelt hat. Bei Analysen der beim Tretzyklus auftretenden Kräfte zeigt sich, dass es sehr wohl Sportler gibt, die unbewusst in einzelnen Zyklen das Optimum im Zusammenspiel der Kräfte und Muskeln nicht erreichen. Blickt man in den Körper rein, zeigt sich, wie komplex das Wirken beim Treten ist. Muskeln müssen nicht nur Kraft an den richtigen Stellen entfalten, sondern auch noch rechtzeitig wieder „abgeschaltet“ werden, um das Optimum zu erreichen. Der Tritt könnte sich anhand von Feed-Back-Methoden verbessern, bei denen das Visualisieren der wirkenden Kräfte unmittelbar an einem Bildschirm erfolgt. Allerdings ist natürlich zu beachten, dass gerade bei Anfängern immer „nicht optimale“ Bewegungsabläufe zu finden sind, die durch jahrelanges Training verbessert werden. Ist kein unmittelbares Messen von Bewegungskräften möglich, helfen Videoanalysen dabei, Bewegungsabläufe zu korrigieren. Gerade grobe Fehler lassen sich zwar auch alleine über das Beobachten von Trainern und deren Rückmeldungen beheben. Feine Verbesserungen sind jedoch erst über objektive Daten aus Videoanalysen möglich, bei denen auch Gelenkwinkel bestimmt werden können.
Treten erlernen
Für das Radfahren beginnt die Technikoptimierung schon bei der Einstellung des Rads, denn die biomechanische Voraussetzung für eine optimale Trettechnik ist die Sitzposition. Verfahren, wie das 3D-Motion- Capturing in Verbindung mit Druckmessungen und orthopädischen Voraussetzungen bilden also die Grundlage für ein erfolgreiches Techniktraining. Neben der reinen Trettechnik spielt jedoch im Radfahren die Koordination noch eine größere Rolle. Dabei geht es um die Gleichgewichtsfähigkeit und auch technische Aspekte im Rahmen des Kurvenfahrens. Hierbei werden oftmals komplexe Gleichgewichtsübungen eingesetzt und Techniktraining zur grundlegenden Radbeherrschung vorgeschaltet. Nachdem die Grundlagen gelegt sind, können speziellere Inhalte wie das Anschneiden einer Kurve geübt werden. Bewegungsvariationen und das Üben unter Zeitdruck sind Methoden, die sich hierbei bewährt haben. Bildgestützte Feed-Back-Methoden sind im Radfahren weniger verbreitet. Das Techniktraining auf dem Rad muss nicht unbedingt mit einem Trainer gemacht werden – erfahrene Radfahrer in Ihrem Verein können Ihnen sicher ebenso helfen.
Kommt laufen vom Laufen?
Anhand des Beispiels Radfahren wurde klar, dass es Grundvoraussetzungen, wie beispielsweise die Sitzposition gibt, die vor einem Techniktraining erst einmal analysiert werden müssen. Ähnlich ist es beim Laufen. Nicht jede Auffälligkeit im Laufstil kann und muss durch ein Techniktraining verändert werden. Anatomisch-orthopädische Voraussetzungen sind ebenso zu berücksichtigen, wie das eigentliche Trainingsziel. Nicht jede Übung ist jedoch für einen Ausdauersportler sinnvoll, wenn die Elemente eher der Sprinttechnik oder dem Weitsprung zuzuordnen sind. Hier sollten Sie mit einem Trainer Ihre Defizite herausarbeiten und verbessern.
Wichtig ist, dass sich in der sportwissenschaftlichen Diskussion derzeit herauskristallisiert, dass das Koordinationstraining sehr spezifische Anpassungen hervorruft. Wenn Sie also Stabilisierungstraining auf einem instabilen Untergrund absolvieren, werden Sie sich bei dieser Übung verbessern – das bedeutet jedoch nicht, dass diese Anpassungen auch auf Ihre Belastungen übertragbar sind. Das Springen auf einem instabilen Untergrund ist für Läufer wesentlich effektiver als das einfache Stehen und kombinieren von Balanceübungen.
Hier hat sowohl im Techniktraining als auch im Koordinationstraining ein Umdenken stattgefunden. So wird insbesondere im leistungsorientierten Freizeit- und Wettkampfsport Abstand von einem Konzept handlungsrelevanter Komponenten der Koordination genommen; die Ansätze gehen hin zu einem Expertisekonzept. Vom Beherrschen komplizierter koordinativer Übungen wird sich die Schwimm-, Rad- oder Lauftechnik alleine eben nicht verbessern. Hier müssen Sie im Detail an Ihrem persönlichen Technikbild arbeiten und am besten über Feed-Back-Methoden mit einem Trainer versuchen, Ihre individuelle Ausprägung zu optimieren und zu verbessern.