Psychosomatische Schmerzen wie Rückenschmerzen, Schulter-Nacken-Beschwerden, Kiefergelenkschmerzen oder Migräne entstehen häufig durch Dauerstress. Mittlerweile weiß man, wie Stress entsteht und welche Folgen er auf Körper, Geist und Seele haben kann. Zahlreiche Untersuchungen in den letzten Jahren konnten zudem zeigen, welche Auswirkungen Stress gerade auch hinsichtlich vieler Zivilisationskrankheiten hat.
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Woher kommen psychosomatische Schmerzen?
Wer regelmäßig unter Schmerzen leidet, vermutet dahinter meist körperliche Ursachen. Hinter chronischen Schmerzen, das heißt anhaltenden Schmerzen über eine Dauer von mindestens sechs Monaten, können sich allerdings auch psychische Erkrankungen verbergen. Psychosomatische SchmerzUren, also körperliche Schmerzen, die nicht auf Basis einer eindeutig erkennbaren körperlichen Ursache auftreten, schränken die Lebensqualität von Betroffenen dennoch erheblich ein. Die Symptomlast kann sehr groß sein; sie kann bis zu Arbeitsunfähigkeit und sozialem Rückzug führen. Oft fällt es Betroffenen schwer zu akzeptieren, dass eine psychische Ursache der Auslöser ihrer Schmerzen ist. Die oft sehr starken Schmerzen treten in einer oder mehreren Körperregionen auf. Typischerweise sind davon der Rücken, die Partie entlang der Wirbelsäule oder der Nacken- und Kopfbereich betroffen. Ein häufiger Auslöser von psychisch bedingten Schmerzen ist vermehrter Stress. Ebenso können verschiedene psychische Erkrankungen chronische Schmerzen verursachen, z. B.:
- Burn-out-Syndrom: kann sich bei Betroffenen durch Symptome wie starke Erschöpfung, negative Gedanken und Ineffektivität, aber auch durch körperliche Schmerzen bemerkbar machen. Insbesondere Rückenschmerzen können als Begleiterscheinung auftreten.
- Depression: ruft je nach Schweregrad eine Reihe an körperlichen und psychischen Beschwerden hervor. Typisch für eine Depression sind Symptome wie ununterbrochene Niedergeschlagenheit, starke Antriebslosigkeit, verringertes Interesse an sozialen Interaktionen und ständige Müdigkeit. Depressionen können allerdings auch mit anhaltenden körperlichen Schmerzen einhergehen. Typischerweise äußert sich dies durch Schmerzen im Kopf- und Rückenbereich.
- Stress: Wenn Menschen ständig unter Stress stehen und versuchen, die negativen Folgen für ihre Psyche auszublenden, kommt es häufig dazu, dass sich der angestaute Stress durch körperliche Beschwerden äußert. Dann kann es zu verschiedenen Beschwerden wie Schmerzen kommen. Allerdings werden diese oft nicht mit dem bestehenden Stress in Verbindung gebracht. Stattdessen werden körperliche Ursachen gesucht. Dadurch bleibt der eigentliche Auslöser unerkannt und unbehandelt, sodass die Gefahr einer Chronifizierung von Stress und dem damit verbundenen Schmerz besteht.
Was macht man bei psychosomatischen Schmerzen?
Stehen wir unter Daueranspannung, kann das auf längere Sicht nicht nur psychische, sondern auch körperliche Auswirkungen auf uns haben. Im Jahr 2019 gab es in Deutschland allein über 40 Millionen Arztbesuche aufgrund von Rückenschmerzen. Schmerzen des Bewegungsapparates zählen zu den häufigsten Ursachen, warum Ärzte überhaupt aufgesucht werden. Gleich an zweiter Stelle stehen psychische Probleme. Schmerz und Stress zählen also zu den häufigsten Beschwerden der Deutschen und es liegt nahe, dass beides in einem direkten Zusammenhang steht. Sind wir längere Zeit zu vielen Stressoren ausgesetzt, führt das zu einer dauerhaften Aktivierung des sympathischen Nervensystems. Dies geht zu Lasten des parasympathischen Nervensystems, also unseres Erholungssystems. Um beide Systeme ausgeglichen zu halten, benötigen wir ausreichend Erholungsphasen im Alltag, sodass Anspannungs- und Entspannungsphasen in der Balance bleiben.
Sind psychosomatische Schmerzen echte Schmerzen?
Ist der Sympathikus erhöht, reagiert das myofasziale System sehr stark darauf. Die tief liegenden Faszien innerhalb der Muskulatur auf der Ebene der Muskelfaserbündel nehmen eine besondere Stellung ein. Stellt man sich vor, dass sich die Muskelfaserbündel mit ihren Perimysiumschichten (Bindegewebshülle) berühren, entstehen sog. myofasziale Septen. Wenn sich zwei fasziale Perimysiumschichten in der Mitte treffen, sprechen wir von einem myofaszialen Septum. Dieses Septum ist sehr stark durchblutet und entscheidend für unsere Stressreaktion. Da sich der Sympathikus in den Wänden der arteriellen Gefäße befindet, ist das myofasziale Septum somit sehr reich an Sympathikusfasern. Studien haben herausgefunden, dass ein myofasziales Septum zu ca. 40 Prozent aus Nervenfasern besteht. Haben wir nun viel Stress, aktiviert dies den Sympathikus und die sympathischen Nervenfasern in den Gefäßen werden sehr aktiv. Dadurch ziehen sich unsere Faszien innerhalb der Muskulatur enorm zusammen. Schlussendlich führt diese fasziale Anspannung zu Verspannungen und Schmerzen in unserem Bewegungsapparat. Psychosomatische Schmerzen sind somit durchaus „echte“, körperliche Schmerzen.
Unser Körper ist so eingerichtet, dass der entstandene Stress durch punktuelle körperliche Leistungssteigerung abgebaut werden kann. Wenn wir uns bewegen und Sport treiben, reduziert sich das Stresslevel im Körper automatisch. Wenn unser Körper jedoch in eine extreme Stresssituation kommt, schüttet er in Sekundenschnelle eine Reihe an Hormonen aus – was uns handlungsbereit machen soll – mit direkten Auswirkungen auf Atmung und Kreislauf, aber vor allem auf die Muskulatur. Die Körperspannung erhöht sich enorm und ohne eine Art körperlichen Stressabbau können anhaltende Verspannungen und dadurch Schmerzen entstehen. Schaffen wir diesen Ausgleich nicht, kommen auf lange Sicht gesehen unsere Stress- und Regenerationshormone wie Serotonin, Melatonin, Noradrenalin, Adrenalin, Glutamat und Kortisol aus der Balance.
Welche Hormone verursachen Muskelschmerzen?
Ein Mangel an Serotonin kann dazu führen, dass Schmerzen intensiver wahrgenommen werden, da die Sensibilität der Schmerzrezeptoren angehoben wird. Serotonin ist zudem maßgeblich an der gesamten Schmerzansteuerung beteiligt. Anhand des Melatonins lässt sich die hormonelle Schlafqualität ablesen. Ist der Spiegel unseres Schlafhormons erniedrigt, ist der Schlaf oberflächlicher und die muskuläre Entspannung gleichzeitig geringer. Die beiden Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin steuern direkt und indirekt über das vegetative Nervensystem die Spannung der Muskulatur. Sowohl zu hohe Werte, die die Muskulatur nicht mehr entspannen lassen, als auch erniedrigte Werte, die sich in Form von Kraftminderung äußern, beeinflussen den Schmerz.
Positiver Stress und Resilienz
Sind Anspannungs- und Erholungsphasen ausgeglichen, bleiben wir dauerhaft leistungsfähig. Denn ein gesundes Maß an Stress (Eustress) erhöht die Aufmerksamkeit, die Leistungsfähigkeit und die Motivation und befähigt uns zu außergewöhnlichen Leistungen. Und mehr noch: Je mehr Lösungen wir für Stresssituationen finden, desto größer wird unsere Widerstandsfähigkeit, die Resilienz. Im richtigen Maß kann Stress also die Würze unseres Lebens sein.
Welche Methoden der Bewältigung sind aber bei Disstress besonders aussichtsreich?
- Ausreichend Bewegung im Alltag: Durch unsere überwiegend sitzenden Tätigkeiten leiden fast alle von uns an Bewegungsmangel. Bewegung hilft uns aber, Stress körperlich abzubauen. Verspannungszuständen und Fehlhaltungen kann so entgegengewirkt werden.
- Gesunde und ausgewogene Ernährung: Eine gesunde und ausgewogene Ernährung versorgt unseren Körper mit ausreichend Mikronährstoffen, die essenziell sind für eine gute Zellfunktion. Vermeiden Sie industriell verarbeitete Lebensmittel, zu viel Zucker und Alkohol. Achten Sie auf regionale und saisonale Lebensmittel, um Qualitätsverluste zu vermeiden. Halten Sie regelmäßige Mahlzeiten ein und nehmen Sie sich außerdem genügend Zeit zum Essen.
- Mentale Faktoren: Bei stressbedingten Beschwerden geht es meistens auch darum, eigene Verhaltensmuster zu erkennen und herauszufinden, was das richtige Maß für einen selbst ist. Wie viel Stress können Sie sich zumuten? Wie gehen Sie persönlich mit Stress um?
- Entspannung und Regeneration: Stress, egal ob beruflich oder privat, steuert das vegetative Nervensystem und damit die hormonelle Stressantwort. Erst wenn mentale Stressoren abgeschwächt werden, beruhigt sich auch das vegetative Nervensystem. Finden Sie heraus, wie Sie sich mental am besten entspannen können. Meditation und Achtsamkeitsübungen führen zu Entspannung. Aber auch ein einfacher Spaziergang in der Natur kann das Richtige für Sie sein.
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Autor: Thomas Marx ist Physiotherapeut, Osteopath und Heilpraktiker sowie Gründer der TMX Trigger GmbH.