Indoor Cycling stellt, gekennzeichnet durch einen Wechsel von intensiven Intervallen und kurzen Erholungsphasen, eine beliebte Trainingsvariante in Fitnessstudios dar. Ob ein Indoor-Cycling-Programm bei der Zielgruppe der Übergewichtigen zu einer Verbesserung der körperlichen Fitness und bestimmter Gesundheitsmarker führen kann, wurde im vergangenen Jahr in einer Studie untersucht.
Inhaltsverzeichnis
Was bringt Indoor Cycling?
Körperliche Aktivität ist ein entscheidender Faktor für die Reduktion von Übergewicht und Adipositas. In diesem Zusammenhang wird gerade der Kombination von niedrig- und hochintensivem Training von Ausdauer und Kraft eine hohe Effektivität zugeschrieben. Neben einer Gewichtsreduktion verspricht man sich von dieser Art Training einen positiven Effekt auf die Fettoxidationsrate, die Verstoffwechselung von Blutfetten und die Aufnahme von Glukose in der Muskulatur. Eine Trainingsform, die dem oben genannten Muster entspricht, ist Indoor Cycling. Eine typische Trainingseinheit besteht aus Intervallen mit wechselnder Intensität. Die Beanspruchung des kardiovaskulären Systems und der Skelettmuskulatur ist moderat bis hoch.
Gesteuert durch Änderungen in der Trittfrequenz und des Widerstands, kann dabei sowohl das aerobe als auch das anaerobe System angesprochen werden. Neben der Ausdauer- kann auch die Kraftkomponente gezielt angesteuert werden: Mittels des Fahrradlenkers lassen sich verschiedene Körperpositionen einnehmen, wodurch vor allem die Rumpfmuskulatur und der obere Schultergürtel beansprucht werden. Gerade in der Zielgruppe der Übergewichtigen liegen bisher jedoch kaum Untersuchungen vor, die die Effektivität von Indoor Cycling hinsichtlich körperlicher Fitness und Gesundheit analysieren.
Eine der wenigen Studien stammt von einem Team polnischer Wissenschaftler in Form einer dreimonatigen Interventionsstudie bei Frauen mit und ohne Adipositas. Die Ergebnisse dieser Untersuchung wurden im vergangenen Jahr im Fachmagazin International Journal of Environmental Research and Public Health veröffentlicht.
Die Studie
An der Studie nahmen 18 adipöse Frauen (BMI > 30 kg/m2) und 8 normalgewichtige Frauen (BMI zwischen 18,5 und 25 kg/m2) mit einem Durchschnittsalter von etwa 50 Jahren teil. Um an der Studie teilnehmen zu können, durften keine akuten oder chronischen Erkrankungen vorliegen, die durch ein körperliches Training potenziell hätten verschlimmert werden können. Während der Studie waren die Teilnehmerinnen dazu angehalten, ihre körperliche Aktivität und ihr Ernährungsverhalten wie gewohnt beizubehalten.
Wie oft sollte man Indoor Cycling betreiben?
Zu Beginn wurden anthropometrische Daten sowie Daten über die Körperzusammensetzung erhoben. Hierzu wurde sowohl der BMI und der Hüftumfang ermittelt als auch per digitalem Röntgenverfahren (DXA) die Fettmasse und die Muskelmasse erfasst. Ein weiterer wichtiger Parameter der Studie war die körperliche Fitness der Teilnehmerinnen, die mit einem Stufentest auf einem Radergometer untersucht wurde. Dabei wurde mittels eines Spiroergometriesystems die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) während der Belastung erfasst. Ebenfalls ermittelte man im Blut der Teilnehmerinnen eine Reihe an biochemischen Markern.
Das dreimonatige Trainingsprogramm bestand aus drei Einheiten Indoor Cycling pro Woche (d. h. insgesamt 36 Einheiten). Jede Einheit begann mit einem fünfminütigen Aufwärmen bei niedriger Intensität (50–65 Prozent der maximalen Herzfrequenz/HFmax), einem 40-minütigen Hauptteil (65–95 Prozent der HFmax), einem 5-minütigen Ausfahren ohne Widerstand sowie einem ebenfalls fünfminütigen Abschluss aus Dehn- und Atemübungen. Der Hauptteil beinhaltete drei bis vier hochintensive Intervalle (oberhalb 80 Prozent der HFmax im Bereich der anaeroben Schwelle), die von Erholungsphasen (65–80 Prozent der HFmax) unterbrochen wurden. Die Trainingseinheiten gestaltete man so, dass sie dem Radfahren im Freien auf unterschiedlichem Terrain ähnelten. Hierfür nahmen die Teilnehmerinnen beim Aufwärmen und beim Ausfahren eine sitzende Position auf dem Rad ein, in den hochintensiven Intervallen führten sie Bewegungen im Stehen, Sprünge, Anstiege und Sprints im Sitzen und Anstiege im Stehen aus.
Alle Einheiten überwachte man mit einem Herzfrequenzsensor, um die vorgegebene Intensität zu gewährleisten. Über den gesamten Interventionszeitraum lag die Teilnahmehäufigkeit bei 73 Prozent in der Gruppe der Frauen mit Normalgewicht und bei 83 Prozent in der Gruppe der Frauen mit Adipositas. Nach Beendigung des dreimonatigen Trainingsprogramms wurden die gleichen Parameter wie zu Beginn der Studie noch einmal erfasst.
Kann man mit Indoor Cycling abnehmen?
Im Anschluss an das Trainingsprogramm wurde festgestellt, dass beide Gruppen ihre anthropometrischen Merkmale, die Körperzusammensetzung und Ausdauerleistung, gemessen an der VO2max, verbessern konnten (vgl. Abb). Dabei fielen die Verbesserungen in der Gruppe der adipösen Frauen höher aus als in der Gruppe der normalgewichtigen Frauen. Beide Gruppen konnten Hüftumfang, BMI und Fettmasse signifikant reduzieren; eine Abnahme des Körpergewichts war jedoch nur in der Gruppe der adipösen Frauen zu verzeichnen. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Trainingsprogramm je nach Körpergewicht anders gestaltet werden sollte, um eine Gewichtsreduktion bei allen Teilnehmerinnen zu erreichen.
Zu den positiven Veränderungen bei den adipösen Frauen zählte auch der Anstieg der Muskelmasse und der VO2max. Letztere wird vermutlich durch eine verstärkte Bereitstellung von ATP während der intensiven Intervalle, eine Verbesserung der Gefäßfunktion sowie eine Steigerung der Herzleistung und der oxidativen Kapazität der Muskulatur begünstigt. Die Autoren der Studie gehen daher davon aus, dass die positiven Effekte in puncto Körpergewicht, Hüftumfang und Körperzusammensetzung das Ergebnis einer erhöhten Fettoxidationsrate durch Indoor Cycling ist. Einige Parameter veränderten sich bei den normalgewichtigen Frauen weniger stark. Deshalb vermuten sie zudem, dass in dieser Zielgruppe ein höheres Trainingsvolumen erfolgen muss, um die Proteinsynthese in der Muskulatur anzukurbeln.
Wie effektiv ist Indoor Cycling?
Blutbasierte Biomarker wie Blutzucker, Triglyzeride oder Cholesterin stellen etablierte Indikatoren für ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen dar. Vor dem Trainingsprogramm hatte die Gruppe der adipösen Frauen niedrigere Werte für HDL-Cholesterin und höhere Werte für Triglyceride als die normalgewichtigen Frauen. Diese Erkenntnis unterstützt die Annahme, dass ein erhöhter BMI Störungen im Fettstoffwechsel begünstigt. Nach dem Indoor Cycling war bei den normalgewichtigen Frauen ein Anstieg der Triglycerid-Konzentration zu verzeichnen, während das Lipidprofil (z. B. HDL-Cholesterin) weitestgehend unverändert geblieben war.
Ähnliche Ergebnisse zeigten schon vorangegangene Untersuchungen im Rahmen von HIIT-Programmen bei normalgewichtigen und fettleibigen Jugendlichen. Eine Reduktion der Triglyceridwerte ist daher möglicherweise nur bei denjenigen zu beobachten, die vor der Intervention anormale Triglyceridprofile aufgewiesen haben. Im Gegensatz dazu war in der Gruppe der Adipösen ein signifikanter Anstieg des HDL-Cholesterins sowie ein gleichzeitiger Rückgang des Gesamtcholesterins und der Konzentration an Antikörpern gegen LDL-Cholesterin zu beobachten. Die Triglyceridkonzentration änderte sich bei den adipösen Frauen überraschenderweise nicht nennenswert. Dieses Ergebnis könnte den Wissenschaftlern zufolge Ergebnis der größeren Schwankungen hinsichtlich Tricglyceriden in dieser Gruppe sein. Möglicherweise ist auch ein längerer Interventionszeitraum erforderlich, um die Konzentration spürbar zu senken.
Vor diesem Hintergrund zeigte eine Übersichtsarbeit aus 51 Einzelstudien ein hohe Variabilität im Lipidprofil im Anschluss an Bewegungsinterventionen mit mäßiger bis hoher Intensität. Verbesserungen von HDL-Cholesterin wurden in etwa der Hälfte der Studien beobachtet. Dagegen wurden Senkungen der Triglyceride, des Gesamtcholesterins und des LDL-Cholesterins weniger häufig ermittelt.
Zusammengefasst deuten die Beobachtungen der vorliegenden Studie jedoch darauf hin, dass regelmäßiges Indoor Cycling eine wirksame Maßnahme zur Verbesserung des allgemeinen Lipidprofils bei Frauen mit Adipositas ist. Aus methodischer Sicht ist es wichtig zu erwähnen, dass die Studie nur eine niedrige Zahl an Teilnehmerinnen umfasste, die in ihrer Zusammensetzung relativ heterogen war. Um die Generalisierbarkeit der Ergebnisse zu erhöhen, sollten zukünftige Studien daher mit größeren und gleichzeitig homogeneren Stichproben arbeiten.
Fazit
Aus den Ergebnissen kann geschlossen werden, dass ein dreimonatiges Indoor-Cycling-Programm die Körperzusammensetzung und die Ausdauerleistung bei normalgewichtigen und adipösen Frauen verbessern kann. Dabei porofitieren adipöse Frauen hinsichtlich einer Reduktion des Körpergewichts und einer Zunahme der Muskelmasse noch stärker.
Indoor Cycling verbesserte außerdem das Lipidprofil und senkte die Werte des Entzündungsmarkers CRP. Zusammen mit einer Anpassung von Stoffwechselprozessen hin zu jenen von Frauen mit Normalgewicht trägt solch ein Training dazu bei, Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei adipösen Frauen zu reduzieren.
Unser Tipp aus der Redaktion
Die Fachzeitschrift body LIFE ist das führende Fachmagazin für Inhaber und Manager großer, mittlerer und kleiner Fitness-Anlagen jeglicher Art. Es enthält eine professionell abgestimmte Vielfalt an Artikeln versierter Fachautoren zu verschiedenen Themen:
- Business & Best Practice
- aktuelle und hilfreiche Informationen aus der Branche,
- Infos über den Markt, über Produkte und Konzepte,
- Medical Fitness
- Training.
Die body LIFE gibt es seit über 30 Jahren. Seit jeher erfährt die body LIFE von ihrer treuen Leserschaft größte Aufmerksamkeit und höchsten Zuspruch.
Autor und Sportexperte: Dr. Stefan Altmann ist Leiter der Leistungsdiagnostik am Institut für Sport und Sportwissenschaft des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) sowie Koordinator Sportphysiologie & Wissenschaft der TSG ResearchLab gGmbH.
Kontakt: stefan.altmann@kit.edu
Quelle: Ratajczak, M., Skrypnik, D., Krutki, P., & Karolkiewicz, J. (2020). Effects of an indoor cycling program on cardiometabolic factors in women with obesity vs. Normal body weight. International Journal of Environmental Research and Public Health, 17(23), 8718. Link zum Volltext: https://www.mdpi.com/1660- 4601/17/23/8718/htm