Fitness für Anfänger V: Nahrungsergänzung

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Vitamine, Protein, Creatin – Das Geschäft mit Nahrungsergänzungen boomt und verschafft den herstellern Jahr für Jahr Rekordumsätze in Milliarden Höhe. Was brauchen Sie wirklich und welchen Effekt haben die Produkte tatsächlich?

Nahrungsergänzungsmittel: Sinnvoll oder nicht?

Um eins direkt vorne weg zu nehmen: Als Anfänger profitieren Sie von einer gesunden und ausgewogenen Ernährung deutlich mehr als von jedem Pulver oder jeder Pille. Die Werbung versucht uns einzureden, dass wir einen Mangel an Vitaminen haben und unsere Böden heute nicht mehr so reich an Mineralien sind wie früher, was sich auf die Qualität von Obst und Gemüse negativ auswirken soll. Fakt ist: In Deutschland leidet kaum ein Mensch an Mangelerscheinungen.

Sie können Ihren Körper also ruhigen Gewissens über Ihre normale Ernährung mit allem versorgen was er benötigt. Dennoch gibt es bei Menschen, die intensiv Sport treiben oder aus diversen Gründen nicht alles essen können/wollen, die Möglichkeit auf Nahrungsergänzungen zurückzugreifen.

Gerade für Fortgeschrittene, die ein Plateau überwinden wollen, sind Nahrungsergänzungen sogar empfehlenswert bevor sich Enttäuschung und Frustration breitmachen und eventuell zu einer unüberlegten Entscheidung führen – etwa Trainigsabbruch oder der Griff zu illegalen, gesundheitsschädigenden Mitteln. Hier ist eine klare Abgrenzung zu machen. Viele Anfänger setzen Creatin und andere Supplements mit anabolen Steroiden gleich. Nahrungsergänzungen sind jedoch im Gegensatz zu diesen legal und in der Regel ungefährlich, auch wenn ihr Erfolg manchmal mehr ein Placeboeffekt als nachgewiesene Wirkung ist.

Werfen Sie einen Blick auf die nachfolgende Auflistung der gängisten Nahrungsergänzungsmittel mit Wirkung und Empfehlungen.

 

Vitamine

Bei regelmäßigem Konsum von Obst und Gemüse liegt normalerweise kein Mangel an Vitaminen vor. Bei sehr intensivem und häufigem sportlichen Training kann eine ergänzende Einnahme aber sinnvoll sein. Vor allem Vitamin C, das cortisolsenkend wirkt und am Aufbau von körpereigenen Steroid-Hormonen beteiligt ist, und Vitamin E, ein starkes Antioxidans, das vor Herz-/Kreislauf-Erkrankungen schützt, sind interessant. Am sinnvollsten sind Vitamine als Multivitaminpräparat einzunehmen. In den vorgeschriebenen Dosierungen sind sie ungefährlich.

 

Magnesium / Zink

Der Bedarf eines Sportlers an diesen beiden Mineralien liegt Wissenschaftlern zufolge bei fast der doppelten Menge von der eines normalen Menschen. Sie stellen daher vielleicht das wichtigste Ergänzungsmittel dar. Man erhält beide Präparate gern in Kombination mit Vitamin B6, das die Aufnahme im Körper verbessert. Positive Einflüsse auf den Testosteronspiegel, die Wundheilung und das Immunsystem konnten nachgewiesen werden. Sie sind in normalen Dosen ebenfalls unbedenklich. Nach einer gewissen Trainingszeit ist eine Einnahme einen Versuch wert. Anfänger können sie bei Muskelkrämpfen anwenden.

 

Proteine / Aminosäuren / BCAA

Proteinpulver gibt es in diversen Formen und Preisklassen. Die Bezeichnungen Whey, Casein, Egg, Soja, etc. unterscheiden sich in ihrer Absorptionszeit und der verwendeten Proteinquelle. Ein Protein besteht aus verschiedenen Aminosäuren. Sie sind die Bausteine allen Lebens. Manche kann unser Körper selbst herstellen, andere sind essentiell, das heißt, sie müssen von außen zugeführt werden. BCAAs bestehen aus 3 dieser essentiellen Aminosäuren: Isoleucin, Leucin und Valin. Die Verwendung eines einfachen Proteinpulvers ist, wenn das Ziel der Muskelaufbau ist, meistens empfehlenswert. Aminosäuren und BCAAs schützen vor allem vor Katabolismus (Muskelabbau), was sie auch für den Ausdauersport interessant macht. In der Regel werden dem Neuling Proteinpulver als Erstes nahegelegt. Es ist nicht schädlich, aber meistens auch nicht nötig, ab dem 1. Tag derartiges zu konsumieren. Allerdings kann das abendliche Ritual des Shake-Trinkens positive Auswirkungen auf Motivation und Psyche haben, da es täglich an das gesetzte Ziel erinnert.

Wichtig: Wie der Name schon sagt, sollte es sich um Nahrungsergänzung handeln – nicht um Nahrungsersatz.

 

L-Carnitin

L-Carnitin wird gerne als der Fettverbrenner schlechthin dargestellt und ist inzwischen in fast jedem Fitness-Getränk enthalten. Dabei sind die Erfolge wissenschaftlich höchst umstritten. Es wird vom Körper selbst gebildet und transportiert die langkettigen Fettsäuren zu den Muskeln. Daher spielt es zwar eine tragende Rolle bei der Fettverbrennung, aber ohne entsprechende Bewegung verliert es seine Wirkung. Da es ebenfalls über die Nahrung aufgenommen wird, ist eine zusätzliche Gabe unnötig. Sparen Sie Ihr Geld und konzentrieren Sie sich lieber auf Ihr Training.

 

Tribulus Terrestis

soll bei Männern den Testosteronspiegel erhöhen, wohingegen bei Frauen ein Anstieg des Östrogenspiegels zu verzeichnen ist. Dieses führt jedoch zu keiner Leistungssteigerung und kann dauerhaft sogar zu gesundheitlichen Schäden führen. Die meisten auf dem Markt erhätlichen Präparate sind wirkungslos, da zu niedrig dosiert. Das Original aus Bulgarien; „Tribestan“, ist schwer zu bekommen und zudem teuer. Frauen sollten die Finger davon lassen und Männer sollten auf günstigere Alternativen für einen höheren natürlichen Testosteronspiegel zurückgreifen.

 

Creatin

Creatin ist das Mittel der Wahl, wenn es um legale Substanzen zur Leistungssteigerung geht. Eine Studie an älteren Patienten legte zwar nahe, dass erhöhte Dosen eine Nierenschädigung zur Folge haben. Betrachtet man aber die Faktoren des Tests – ältere, kranke Menschen – lässt sich im Umkehrschluss folgern, dass Creatin für Gesunde in normaler Dosis als ungefährlich anzusehen ist. Eine Nahrungsergänzung führt zu vermehrter Speicherung von Creatin und Creatinphosphat in der Muskulatur, was eine Kraftsteigerung und eine Zunahme der fettfreien Körpermasse zur Folge hat. Bei höheren Gaben von 10-20 g pro Tag wird viel Wasser eingelagert. Wer dies vermeiden möchte, sollte es über einen längeren Zeitraum und mit nur 4-6 g pro Tag zu sich nehmen.

Es kann vorkommen, dass Menschen auf eine ergänzende Zufuhr nicht reagieren. Es wird angenommen, dass diese sogenannten None-Responder von Natur aus bereits ihr Limit an Speicherkapazität im Muskel erreicht haben.

Creatin erhalten Sie in verschiedensten Kombinationen – mit Magenschutz, Transportmatrix usw. Die meisten Kreationen sind überteuerter Unsinn. Versuchen Sie zuerst ein günstiges Creatinmonohydrat, das Sie in erwärmtem Wasser auflösen und mit etwas Traubensaft zu sich nehmen.

 

Beta-Alanin

Beta-Alanin ist eine Aminosäure, die nicht für den Bau von Protein verwendet wird, sondern als Dipeptide (Verbindung zweier Aminosäureresten) in Fisch und Fleisch zu finden ist. Ebenfalls kann unsere Leber Beta-Alanin herstellen. Es hilft beim Aufbau von Carnosin, welches wiederum direkten Einfluss auf den pH-Wert hat. Es verzögert somit die Muskelermüdung und ermöglicht ein längeres, härteres Training. Daher steigert es Kraft und Ausdauer sowie letztendlich auch die Muskelmasse.

Bisher konnte in keiner Studie eine negative Nebenwirkung festgestellt werden, so dass die Einnahme von Beta-Alanin als sicher und ungefährlich eingestuft werden kann. Während lange Zeit Creatin als das Nummer-1-Supplement unter Sportlern galt, könnte Beta-Alanin in Zukunft eine ernstzunehmende Konkurrenz darstellen.

 

Fischöl

Je nach Lebensstil kann die zusätzliche Versorgung mit essentiellen Fettsäuren die wichtigste Nahrungsergänzung ausmachen. Linolsäure (Omega-6) und Linolensäure (Omega-3) verbessern die Blutwerte, die Insulin-Empfindlichkeit, den Hormonspiegel und die Regeneration. Sie sind entzündungshemmend und verbessern weiterhin die Fließeigenschaft des Bluts und den Fettabbau. Wer täglich mit 1-2 Löffel Lein-, Distel- oder Fischöl arbeitet, hat seinen Bedarf gut gedeckt. Alle anderen sollten darüber nachdenken, gute Öle in ihren Ernährungsplan einzubauen oder diese via Kapseln zuzuführen.

 

Fazit

Zusammengefasst bleibt nochmal zu betonen, dass kein Supplement für einen Anfänger wirklich nötig ist. Versuchen Sie zuerst Ihre generelle Ernährung an Ihr Fitnesstraining anzupassen. Je nach Zielsetzung können Sie nach längerer Trainingszeit austesten, ob Sie eine positive Veränderung durch den Einsatz von Vitaminpräparaten, Zink/Magnesium oder Fischöl erreichen. Engagierte Sportler ziehen Protein/Aminosäuren/BCAAs sowie Creatin und Beta-Alanin hinzu. Lassen Sie sich besser von Ihrem Trainer als einem Verkäufer beraten, was die ideale Zeit und Dosis betrifft. Reagieren Sie auf Produkt schlecht, setzen Sie es sofort ab. Und fallen Sie nicht auf die Werbeversprechen überteuerter Wunderprodukte mit Fantasienamen herein. Ihr Geldbeutel wird es Ihnen danken.

 

Marcel Kremer

 

Quellenangaben

1. Arndt, Klaus: Handbuch Nahrungsergänzung, Arnsberg 2001

2. Arndt, Klaus: Die Steroidalternative, Arnsberg 1994.

3. Mindell, Earl: Die Nährstoff Bibel, München 1998.

4. Scholz, Andreas: Musclefood, München 2002.

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Über den Autor

Marcel Kremer

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