Immer mehr Kinder klagen über Rückenschmerzen und Verspannungen. Es handelt sich also um ein Lifestyle-Problem, das uns alle betrifft.
Damals und heute
Als Hans früher noch zur Schule gegangen ist, hatte er mittags Schluss und fuhr mit dem Rad nach Hause, wo Mutti bereits mit dem Essen wartete. Nach den Hausaufgaben traf er sich mit Freunden zum Buden bauen und ging abends zum Fußballtraining auf den örtlichen Bolzplatz. Sport war sowieso auch in der Schule sein Lieblingsfach und selbst in der großen Pause war er immer in Bewegung. Teilweise war er dann am Ende des Tages so müde, dass er auf dem Fußboden eingeschlafen ist.
Hänschens Alltag heute sieht ganz anders aus. Mit einem schweren Rucksack beladen, verlässt er ohne Frühstück das Haus und wird mit dem Bus zur Schule gefahren. Sportunterricht hat er 1-mal in der Woche, meistens vergisst er aber sowieso seine Sportsachen – sie auch noch mitzunehmen, ist ihm einfach zu viel. Nachdem er einige Stunden auf den Holzstühlen still gesessen hat, klingelt es zur Pause. Da diese aber nur 10 Minuten lang ist, bleibt Hänschen lieber gleich im Gebäude, anstatt an die frische Luft zu gehen. Der Unterricht geht heute bis 16 Uhr. In der Mittagspause isst er meistens beim Dönerladen um die Ecke. Danach kauft er sich im Schulkiosk noch einen Schokodonut. Wenn er nach Hause kommt, hat er keine Lust mehr, seine Freunde zu treffen, denn es lohnt sich zeitlich kaum noch, nachdem die Hausaufgaben gemacht sind. Lieber zockt er am Computer. Mama und Papa müssen heute wieder lange arbeiten. Wenn Hänschen hungrig wird, schmeißt er sich eine Tiefkühlpizza in den Backofen. Abends vor dem Fernseher klagt er gelegentlich über Rückenschmerzen.
Lust auf Sport und Bewegung statt Rückenschmerzen
Diese beiden fiktiven Fallbeispiele sind keineswegs aus der Luft gegriffen. Wir erleben sie jeden Tag. Statistiken und Auswertungen über das Bewegungsverhalten unserer Kinder sind seit Jahren alarmierend. Zumeist sind die Städte stärker betroffen als ländliche Gebiete.
Der erste Schritt für einen gesunden Rücken sollte sein, dieses Muster aufzubrechen! An erster Stelle ist die Lust und Motivation an Sport und Bewegung zu fördern. Gleichzeitig sollte den Kindern ein rückengerechtes Verhalten angelernt und ihre Kraft zusammen mit ihrem Selbstbewusstsein gestärkt werden. So kommt man letzten Endes zu einem gesteigerten Wohlbefinden.
Dabei sollte man nicht vergessen, dass Kinder eben keine kleinen Erwachsenen sind und Trainingsformen nicht 1 zu 1 übertragen werden dürfen. Begründungen wie „fit sein“, „Gesundheit“ oder „Vorsorge“ eignen sich nicht als Motivatoren. Spaß haben, sich beweisen wollen, Wettkämpfe und nicht zuletzt Neugierde treten an ihre Stelle. Theorie sollte nur kurz und in ansprechender Form, etwa mittels Bildern, in das Training einfließen.
Die Stundenplanung für den Sport- oder Vereinsunterricht sollte aus den folgenden Bausteinen in der geschriebenen Reihenfolge bestehen:
– Wahrnehmung
– Haltung und Kinderergonomie
– Koordination
– Kräftigung
– Spiele
– Beweglichkeit
– Entspannung
Übungen
Die folgenden Übungsbeispiele können die Stunden abwechslungsreich gestalten:
Bücherlauf
Die Kinder laufen mit einem Buch, das sie auf unterschiedliche Weise nach Anweisung des Trainers transportieren müssen. Beispielsweise eng vor dem Bauch, auf dem Kopf, mit ausgestreckten Armen, hoch überkopf oder hinter dem Rücken.
Kommando Pimperle
Das bekannte Tischspiel eignet sich auch in der Sporthalle für die Schulung von Reaktion, Konzentration und Bewegung.
Jede Runde startet mit den Worten „Kommando Pimperle“, worauf die Kinder mit den ausgestreckten Zeigefingern rhythmisch auf den Boden, die Knie oder eine Bank klopfen. In unregelmäßigen Zeitabständen werden neue Bewegungen angesagt, jeder Anweisung geht das Wort „Kommando“ voraus. Wird dies nicht genannt, zählt der Befehl nicht, so dass die Kinder aufmerksam sein müssen.
Mögliche Bewegungen sind: Sitz, Auf, Spring, Knien, Drehen, Strecken, ein Bein usw.
Alternativ können auch Tiere und deren typischen Bewegungsmuster als Kommando benutzt werden: Affe, Katze, Hund, Huhn etc.
Poker
Alle Kinder bekommen eine Farbe aus einem Kartenspiel. Ein Kind steht in der Mitte, während der Rest einen Stuhlkreis bildet. Das Kind in der Mitte nennt jetzt eine Kartenfarbe (Herz, Pik, Karo oder Kreuz), worauf alle Kinder mit der betreffenden Kartenfarbe ihre Stühle wechseln müssen. Während des Wechsels versucht das Mitte-Kind einen freien Stuhl zu ergattern. Wer übrig bleibt, ist die neue Mitte.
Gordischer Knoten
Die Kinder stehen dicht beisammen und strecken alle ihre Hände zur Mitte. Jetzt greift jede freie Hand eine andere. Nachdem alle „verknotet“ sind, versucht das Knäuel, den Knoten zu lösen, ohne die Hände loszulassen. Hierfür muss geklettert, gekrochen, gedreht und vor allem miteinander gesprochen werden.
Blind und stumm
Die Kinder bilden 2 gleich große Gruppen. Sie müssen alle die Augen schließen und dürfen nicht reden. In diesem Zustand gilt es, verschiedene Aufgaben zu erfüllen, etwa sich der Größe nach zu ordnen oder ein Viereck zu bilden, abwechselnd eine Reihe mit sitzenden und stehenden Kindern zu bilden, Rücken an Rücken und Hand an Hand zu stehen usw. Der Übungsleiter kürt den Sieger und gibt die neue Aufgabe vor.
Rücken-Schreiben/Malen
Ein Kind malt oder schreibt dem anderen etwas auf den Rücken, was erraten werden soll.
Puppenspieler
Der Puppenspieler modelliert seine Puppe je nach Vorgabe. So kann der Trainer ein bestimmtes Thema vorgeben, zum Beispiel „Karate“, und ein Kind bringt das andere in Position, indem es Arme, Beine, Hüfte und Kopf bewegt.
Luftmatratze
Ein Kind ist die Luftmatratze mit vielen Ventilen an jedem Körperteil. Ein anderes Kind bläst abwechselnd verschiedene „Kammern“ des Körpers durch leichtes Antippen auf. Diese müssen von der Matratze stark angespannt und gehalten werden. Zum Schluss ist die ganze Matratze aufgeblasen, der ganze Körper und jeder Muskel fest angespannt, was der Partner kontrolliert.
Traumreise
Den Abschluss einer Stunde liefert die Traumreise. Alle Kinder legen sich bequem auf Matten – allein oder als Kuschelgruppe. Sie schließen die Augen und bekommen eine Geschichte erzählt, die sie sich vorstellen und aktiv miterleben sollen. Geschichten können mit Geräuschen untermalt oder durch herumgereichte Gegenstände abwechslungsreicher gestaltet werden. Wer als Trainer an seine kreativen Grenzen stößt, kann zahlreiche Literatur für kleines Geld erwerben oder kostenlos im Internet beziehen.
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Marcel Kremer
Quellenangaben:
1. Haak, K.: Die neue Rückenschule, München 2005.
2. Kempf, H.-D.: Rückenschule für Kinder, Reinbek 2004.
3. Maaß. E.: Phantasiereisen leicht gemacht. Die Macht der Phantasie, 4. Aufl., Paderborn 2004.