Gibt es etwas Zweckmässigeres als Alltagstauglichkeit?

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„Zweckmässig und auf ein Ziel ausgerichtet“ – das ist Functional Training. Die Mehrheit der Kunden im Fitnessbereich sind nicht Leistungssportler, sondern Menschen, die etwas mehr Bewegung in ihr Leben bringen möchten oder müssen. Was kann Functional Training diesen Personen bringen?

Die Ausrichtung auf eine Funktion zählt zu den großen Prinzipien im Functional Training. Wer für eine bestimmte Sportart oder auf eine bestimmte Leistung hin trainiert, der hat mit Functional Training somit eine ideale Variante gefunden, die ihn näher an sein Ziel bringt. Die Mehrheit der Kunden im Fitnessbereich sind jedoch nicht Leistungssportler, sondern Menschen, die etwas mehr Bewegung in ihr Leben bringen möchten oder müssen. Was kann Functional Training diesen Personen bringen?

Wer nicht aus leistungssportlichen Aspekten zum Fitnesstraining geht, der hat gemäß einer umfassenden Marktanalyse in Deutschland von FOCUS aus dem Jahr 2005 vor allem Motive wie den Ausgleich des Bewegungsmangels im Alltag, Gesundheitsvorsorge, Entspannung, Stressabbau sowie ein besseres Körpergefühl. Es geht darum, den Alltag besser und leichter zu bewältigen, einseitige Belastungen und Fehlhaltungen im Alltag auszugleichen und die Gesundheitsrisiken durch Bewegungsmangel zu reduzieren. Genau an diesen Punkten setzt funktionelles Training an. Es geht um Fertigkeiten in den Grundbewegungen, verbesserte Haltung und Stabilität und um Verletzungsprophylaxe durch gezieltes Training. Somit wird die Integration von funktionellen Übungen zum Muss für den Aufbau eines Fitnesstrainings. Wer sich heute als kompetenten Fitnesstrainer bezeichnen möchte, der kommt daher nicht mehr um das Thema herum.

 

Leichter durch den Alltag dank Functional Training

Beim Funktionellen Training geht es in erster Linie nicht um möglichst komplizierte Übungen, sondern darum, die grundlegenden Bewegungsmuster, die im Alltag und im Sport immer wieder anzutreffen sind, korrekt und effizient durchzuführen. Das heißt, dass der Körper als Gesamtes betrachtet wird. Und zwar so, wie er im Alltag beansprucht wird. Anstatt in isolierten Teilbereichen wird in Muskelketten und über mehrere Gelenke gearbeitet.

Um dies in ein Training zu integrieren, muss erst einmal verstanden werden, wie die verschiedenen Muskeln und Muskelgruppen zusammen arbeiten und welche Muskelketten in alltäglichen Bewegungsaufgaben aktiviert und gefordert werden. Als zentrale Bewegungsanforderungen treten dabei Elemente wie Laufen, Aufstehen, Rennen, Heben, Ziehen, Stoßen und Rotationen auf. Heben, Aufstehen, Ziehen und Stoßen sind dabei sicherlich Bewegungen, die im Fitnesstraining an sich nicht neu sind. Rotationen, 3-Dimensionale Bewegungen, Sprünge und Schnelligkeit sowie hohe koordinative Aspekte hingegen schon.

Auch wenn nicht alles neu ist, stellt das Konzept des Funktionellen Trainings dennoch eine Erweiterung des bisherigen Ansatzes von Fitnesstraining dar. Durch den Fokus auf Basisfähigkeiten, die im Alltag und im Sport eine hohe Bedeutung haben, wird jede Übung plötzlich aus einer anderen Perspektive betrachtet und in einem anderen Zusammenhang als bisher dargestellt. Schon David Kirsch arbeitete in seinen Fitness Programmen vor gut 5 Jahren mit Squats, Lunges, Jumping Jacks, Medizinbällen und Pezzibällen. Der Hintergedanke war damals jedoch nicht hauptsächlich die Wiederherstellung von Körperfunktionen und Optimierung der alltäglichen Leistungsfähigkeit, sondern vor allem eine bessere Figur und ein gesünderer Lebensstil. Es scheint also, dass funktionelles Training gleich mehrere Motive abzudecken vermag. Das bestätigt auch Michael Boyle, der am 2. Functional Summit von Perform Better Europe die Teilnehmer begeisterte. „Die Muskeln kommen schon von alleine“, so Michael Boyles Erfahrung.

Den Nutzen von funktionellen Übungen verdeutlicht auch der Blick auf die Grundübungen im Krafttraining. So gehören Kniebeuge, Ausfallschritt, Kreuzheben und Klimmzug zum Standardprogramm eines jeden Kraft- oder Körperenthusiasten. Trotzdem darf nicht der Fehler gemacht werden, Functional Training mit Bodybuilding oder Abnehmprogrammen gleichzusetzen. Funktionelles Training hebt sich ab, indem das Konzept den Körper und seine Funktionsweise im Zusammenhang mit den Anforderungen in Alltag und Sport betrachtet. Es kommt nicht darauf an, oberflächliche Muskeln aufzupumpen oder nur Fett zu verbrennen. Im Vordergrund stehen Körper- und Rumpfstabilisation, ein ausgeglichener Muskelapparat und optimal belastbare Sehnen und Gelenke, die für den Alltag sowie sportliche Belastungen bereit sind. Durch die Wahl entsprechender Übungen und Belastungsformen wird der Kunde im wahrsten Sinne des Wortes für den Alltag fit („to fit“ = anpassen) gemacht. Also genau das, was sich die Fitness Branche auf die Fahne schreibt, aber mit einem herkömmlichen Maschinenpark nicht erreichen kann..

 

Functional Training als Bereicherung für jeden Fitnesstrainer

Isoliertes Training vereinzelter Muskelgruppen, bei denen die Bewegung von High-Tech-Maschinen vorgegeben wird, ist heute nicht selten die Norm in Fitness Studios. Der Fitnesstrainer hat mehr die Aufgabe, das Computerprogramm mit den richtigen Daten zu füttern, anstatt den Kunden mit den richtigen Übungen zu versorgen. Der Kunde wie auch der Trainer leiden unter denselben Problemen: Einseitigkeit, Monotonie und nicht den individuellen Bedürfnissen angepasste Herausforderungen.

Im Funktionellen Training ist so etwas undenkbar. Zum einen haben Maschinen, welche dem Körper die Stabilisationsarbeit im Rumpf und in den Gelenken nehmen, dort nichts zu suchen und zum anderen wird jede Person aufgrund ihrer individuellen Voraussetzungen belastet. Um das zu gewährleisten, braucht es die richtigen Tools und Trainer, welche das Know-how und die nötigen Kompetenzen besitzen.

Geräte und Ausbildungen gibt es viele. Ein Blick auf die Webseite von www.perform-better.de zeigt, dass es ein breites Sortiment an Tools gibt, die ein vielseitiges Training ermöglichen. Die besten Hilfsmittel nützen jedoch nichts, wenn das nötige Wissen für den Einsatz der Werkzeuge und der Sinn des Functional Trainings nicht verstanden werden. Dem schaffen Anbieter wie Perform Better Europe in Deutschland und Planet-Sport in der Schweiz mit Workshops, Ausbildungen und Events Abhilfe.

 

Functional Training ist überall umsetzbar

Während das bisherige Fitnesstraining im klassischen Sinne an Geräte und Fitnessstudios gebunden war, ist Functional Training beinahe überall umsetzbar. Der Personal Trainer bietet es in seinem eigenen Studio oder beim Kunden zu Hause an, OutdoorCircuit macht vor, wie es in Gruppen, im Freien oder in der Halle umgesetzt wird und die Fitnessstudio rüsten sich aus mit Kettlebells, Functional Training Stationen und Aufhängevorrichtungen für Schlingen-Training. Qualität geht aber auch hier vor Quantität. So ist es möglicherweise sinnvoller, einfache Übungen mit dem Körpergewicht den herausfordernden Belastungen mit ballistischen Trainingsgeräten vorzuziehen. Unter fachkompetenter Anleitung ist die Gefahr vom Missbrauch der Medizinbälle, Balance Boards und ViPR gebannt. Wenn Studiobesitzern, Trainern und Kunden das nötige Wissen und das Bewusstsein fehlt, dann wird aus dem Nutzen allenfalls ein Problem. Ein Grund mehr für einen Aufruf an die Branche, neben dem Geld für Geräte auch in Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter zu investieren.

 

Niklaus Jud

 

Quellenangabe:

1. FOCUS Marktanalyse (2005), Der Markt für Fitness und Wellness – Daten, Fakten, Trends, Zugriff am 10.10.2012 unter: http://www.medialine.de/media/uploads/projekt/medialine/docs/bestellung_download/ marktanalysen/2005/ma_fitness_wellness_200506.pdf

2. Boyle, Michael (2010), Functional Training: Bewegungsabläufe perfektionieren – Muskelgruppen stärken – individuelle Schwächen beheben. München: Riva.

3. Boyle, Michael (2011), Fortschritte im Functional Training: Neue Trainingstechniken für Trainer und Athleten, München: Riva.

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