Man kennt das Bild von Balotelli nach dem Tor gegen Deutschland im Halbfinale der WM 2012, jubelnd ohne Trikot mit drei blauen Streifen am Rücken? Auch Freizeitsportler nutzen mittlerweile das „Wundertape“. Doch was steckt dahinter? Was kann es bewirken? Oder ist es doch nur ein riesiger Hype?
Doch spätestens seit den Olympischen Spielen in London kennt jeder die bunten Streifen, die die Körper der Sportler bedecken. Aber auch die Freizeitsportler oder gar die Hausfrau von nebenan nutzen mittlerweile bei jedem Ziehen das „Wundertape“. Doch was steckt dahinter?
Wie ist das Konzept des Tapes?
Vor 30 Jahren entwickelte der japanische Arzt und Chiropraktiker Dr. Kenzo Kase das Kinesio Tape-Verfahren, mit dem Gedanken, über die Anlage die Selbstheilungskräfte des Körpers zu stimulieren.
Das Tape ist sehr elastisch, besteht aus einer atmungsaktiven, selbstklebenden Beschichtung auf Nylonbasis mit Acrylat und ist den Eigenschaft der Haut nachempfunden. So kann sich das Tape optimal der Anlagestelle anpassen und die Durchblutung durch minimale Bewegungen der Muskulatur und der Faszien verbessern.
Zum einen arbeitet das Tape nach der Gate-Control-Theory (dt.: „Kontrollschrankentheorie“). Hierbei werden Reize über Rezeptoren in der Haut aufgenommen und an das Gehirn weitergeleitet. Wenn man sich den Arm stößt, wird der Schmerz weitergeleitet und so wahrgenommen. Wenn ich selber über die empfindliche Stelle reibe, lindert sich der Schmerz, da die Weiterleitung unterbrochen wird. Durch die Anlage des Tapes wird der Schmerz gelindert, da dieses Leitungssystem unterbunden wird.
Eine weitere Wirkungsweise ist die Unterstürzung der körpereigenen Erholungsprozesse unter Beibehaltung der vollen Beweglichkeit. Herkömmliche Sporttapes sind sehr unelastisch und unterstützen die Bänder beispielsweise nach einem Riss, doch durch die Einschränkung der Beweglichkeit entwickeln sich die nicht gebrauchten Muskeln und Bänder nur langsam: Der Heilungsprozess ist verzögert. Außerdem wird das Blut- und Lymphsystem durch die herabgesetzte Muskelaktivität gestaut. Das KinesioTape hingegen unterstützt den Blut- und Lymphfluss durch das enge Anschmiegen an die Haut und die dazugehörigen leichten Massagen. So können Schwellungen schneller abfließen und Entzündungen besser heilen.
Ist das Tape nur bei vorhandenen Verletzungen sinnig?
Das Kinseio Tape kann auch präventiv genutzt und angelegt werden. Durch die Durchblutungssteigerung werden die Muskeln leistungsaktiver und es kann somit Verletzungen vorgebeugt werden. Vor einen Wettkampf kann man durch die Tapeanlage etwa Krämpfen, Reizungen, Verspannungen oder Überlastungen entgegenwirken. (Bei Verletzungen: Wie und wann bandagiere oder tape ich richtig)
Welche Farbenlehre steckt dahinter?
Die Farbenauswahl beruht auf der chinesischen Farbenlehre. So soll etwa ein blaues Tape eher kühlend wirken, wohingegen ein rotes Tape wärmend arbeitet. Mittlerweile gibt es die Tapes in jede erdenklichen Farbe. Es gibt keine Studie, die zu dieser Frage solide Ergebnisse erzielt hat, daher bleibt erstmal im Raum stehen, ob die Farbe sich wirklich kühlend oder wärmend auswirkt.
Wie wird das Tape angelegt?
Die Anlage der Tapes ist abhängig von mit der Art der Verletzung, beziehungsweise der gewünschten Wirkungsweise.
Ein sehr fester, hypertoner Muskel soll entspannt werden. Hierfür bringt man den Muskel in Vorspannung und legt das Tape mit Zug an der Basis an und lässt es dann auslaufen. Es muss auch nicht immer der ganze Muskel mit dem Tape versorgt sein, es reicht auch, die schmerzhafte Stelle im Verlauf abzudecken.
Ein sehr lockerer, hypotoner Muskel wird durch Anlage mit kompletten Zug im Verlauf des Muskels tonisiert.
Bei speziellen Lymphtapes wird der Tapestreifen in ca. 4 Teile geschnitten und diese werden dann etwas großflächiger anmoduliert, als Anker oder Basis wird ein normaler Streifen nochmal quer verlegt.
Die Anlagetechniken variieren sehr von Therapeut zu Therapeut, doch wer die Anatomie und den Verlauf der Muskel kennt, kann nichts falsch machen. Ob das Tape den ganzen Muskel abdeckt, oder nur am Hauptschmerzort verläuft, kann ganz individuell entschieden werden.
Bei welchen Verletzungen wird getaped?
– Sportverletzungen wie Prellungen, Überlastungen, Reizungen
– Muskel- und Gelenkprobleme, bspw. bei Krämpfen, hypertonen/hypotonen Muskeln
– Lymphtherapie
– Schwellungen, Ödeme und Hämatome
– Prävention und Prophylaxe
– Kopfschmerzen und Migräne
– Menstruationsbeschwerden
Einige Besonderheiten
Um einen besseren Halt zu bekommen, sollte man nach Anlage des Tapes drüberreiben. Das Tape kann 2 Tage bis 2 Wochen halten. Duschen stellt hier kein Problem dar, da das Tape wasserfest ist. Nach dem Duschen nicht trockenreiben, sondern nur tupfen.
In seltenen Fällen kann es zu Hautreizungen oder allergischen Reaktionen kommen. Wenn die Haut unerwünschte Reaktionen zeigt, sollte das Tape von der Haut entfernt werden. Wer eine Überempfindlichkeit gegenüber Pflastern und Verbänden hat, sollte das Tape zunächst an kleinen Hautstellen testen. Wichtig ist, dass es auch zu Spätreaktionen nach ca. 24-48 Stunden kommen kann.
Das Tape darf nicht auf Verbrennungen, Wunden, Schleimhäute, Mund, Nase und Augen aufgetragen werden.
Für die Lagerung ist wichtig, dass das selbstklebende Acrylat auf zu hohe und zu niedrige Temperaturen reagiert und seine Funktion verschlechtert. Daher soll es nicht über 25°, nicht direkt in der Sonne, in der Nähe von Heizkörpern und anderen Wärmequellen gelagert werden, aber auch keinem Frost ausgesetzt werden.
Angi Peukert
Quellenangaben:
1. http://www.soccerdrills.de/Theorie/pflaster-3.html, 13.11.12
2. http://www.kinesiologytapeinfo.com/kinesio-tape-and-the-principles-underlying-the-kinesio-taping-process/, 13.11.12