Der Wecker schrillt, der Schlaf steckt noch in den Augen und den Knochen – mit anderen Worten, es ist Zeit zum Aufstehen! Nicht wenigen fällt der Übergang vom Ruhemodus in das tatsächliche „Wachsein“ sehr schwer. Wäre es nicht schön, wenn man einen angenehmen Weg fände, um positiv in den Tag zu starten? Ein persönliches Morgenritual?
Welches Morgenritual passt zu mir?
Genau dieser Frage widmen sich Michael Xander und Benjamin Spall. Über ihr Onlinemagazin My Morning Routine veröffentlichen sie regelmäßig Tipps und Tricks darüber, wie der Einstieg in einen neuen Tag aussehen kann.
In ihrem Buch „Mein Morgen-Ritual“ haben sie diese Expertise gebündelt. Hier erfahren Sie nun Xanders und Spalls wertvollste Tipps. Damit der Einstieg in einen neuen Tag nicht etwa ein abruptes „Reinschmeißen“, sondern ein angenehmes Ritual darstellt.
Mehr Leichtigkeit für den ganzen Tag
Sind Sie bereit, Ihren Wunsch, morgens im Bett liegen zu bleiben, zurückzustellen, sich den Prozess des Aufstehens leichter zu machen und alle Momente danach mehr zu genießen?
Es lohnt sich, diese Hürde zu nehmen. Wie Fitnesstrainerin Molli Surowiec uns berichtete: »Nach Jahren des Ausprobierens habe ich festgestellt, dass die ersten 30 Minuten des Tages den größten Einfluss darauf haben, wie ich mich den Rest des Tages fühle.«
Die Tipps, die nun folgen, resultieren aus der Arbeit von mehr als fünf Jahren, in denen wir Menschen zu ihren Morgenritualen interviewt haben, wobei wir sowohl mit ausgesprochenen Frühaufstehern gesprochen haben als auch mit Menschen, die oft, wie die meisten von uns, am liebsten ihren Kopf unter den Kissen vergraben würden, wenn sie ihren Wecker hören. Wir hoffen, dass Sie aus manchem, was diese Menschen zu sagen haben, Ihren persönlichen Nutzen ziehen können.
Experimentieren Sie mit Ihrer Weckzeit
Warum stehen Sie jeden Morgen zu einer ganz bestimmten Zeit auf? Wachen Sie immer zur selben Zeit auf oder ändert sich das abhängig vom Wochentag oder davon, wie Sie sich fühlen? Für viele von uns hängt die Zeit, wann wir aufstehen, damit zusammen, wann wir bei der Arbeit, in der Schule oder sonst wo sein müssen.
Gönnen Sie sich mehr Zeit
Auch wenn das Aufstehen in letzter Minute, kurz bevor Sie das Haus verlassen müssen, eine angemessene Strategie ist, wenn Ihr einziges Ziel darin besteht, nicht gefeuert zu werden oder von der Schule zu fliegen, sollten Sie ausprobieren, früher aufzustehen und sich mehr Zeit für ein Morgenritual zu gönnen.
Der Fünf-Minuten-Versuch
Ab morgen sollten Sie genau fünf Minuten früher aufstehen als sonst. Wenn Sie normalerweise um sieben Uhr morgens geweckt werden, stellen Sie Ihren Wecker stattdessen auf fünf vor sieben. Dann stehen Sie zu dieser neuen Zeit jeden Tag der restlichen Arbeitswoche auf (und wenn Sie wollen, auch am Wochenende). Das mag Ihnen als unspektakuläre Übung erscheinen, aber kleine Veränderungen machen es leichter, sich an etwas Neues zu gewöhnen.
Wenn Sie erst einmal eine Woche lang fünf Minuten früher aufgewacht sind, legen Sie fünf weitere Minuten dazu, sodass Sie nun zehn Minuten früher aufstehen. Wenn Sie Ihre Weckzeit jede Woche um fünf Minuten verschieben, werden Sie schließlich die für Sie richtige Zeit finden. Aber natürlich sollten Sie nicht so früh aufwachen, dass Sie schon am Nachmittag einschlafen.
Schaffen Sie sich einen Hund an (ernsthaft)
Wenn es Ihnen schwerfällt, morgens wach zu werden, gibt es zwei Möglichkeiten, das zu verändern:
- Sorgen Sie für Nachwuchs.
- Schaffen Sie sich einen Hund an.
Verantwortung schlägt Träumerei
Die erste Überlegung halten wir für großartig. Punkt aus. Daher bleibt uns hier noch die alternative Überlegung, sich einen Hund anzuschaffen. Art Director David Moore bringt es treffend auf den Punkt: »Es ist schwer zu verschlafen, wenn man zwei Hunde hat, die einen abgöttisch lieben.«
Wenn Sie jemals einen Hund hatten, wissen Sie, was wir meinen. Hunde werden Sie nicht schlafen lassen und auf ihren Morgenspaziergang verzichten; Sie sind alles, was sie haben, und sie geben keine Ruhe, bis Sie aufstehen und mit ihnen den Morgen genießen. Auf diese Weise sind Sie während Ihres Morgenrituals auf angenehme Weise nie allein.
Machen Sie Ihr Bett
Morgens sein Bett zu machen, ist eines der einfachsten Dinge, die Sie tun können, um bewusst wach zu werden und sich auf den vor Ihnen liegenden Tag vorzubereiten. Außerdem verringert sich durch dieses Morgenritual das Risiko, dass Sie wieder ins Bett zurückklettern. Sozialarbeiterin Heidi Sistare stellt fest: »Wenn das Bett gemacht ist, habe ich das Gefühl, meine Welt ist sauber und ordentlich. Dann kann ich all meine Aufmerksamkeit meiner Arbeit widmen.«
Eine Kleinigkeit mit großem Effekt: Fokussierter und produktiver
So effektiv kann es sein, wenn man einfach nur sein Bett ordentlich macht. Das ist einer der Gründe, warum das Militär so genau darauf besteht, dass die Soldaten ihre Betten in Ordnung bringen: Es vermittelt ein Gefühl von Disziplin und bereitet sie auf den Tag vor.
Ihr Bett zu machen, mag keinen so unmittelbaren, tiefgreifenden Effekt haben, wie dies bei jenen Männern und Frauen der Fall ist, die ihren Dienst beim Militär ableisten. Dennoch wird dieses Morgenritual Ihnen helfen, Ihren Tag fokussierter und produktiver zu gestalten.
Schalten Sie alle Hintergrundgeräusche aus
Wenn Sie als Erstes nach dem Aufwachen die Morgennachrichten im Radio einschalten (oder sogar einen Radiowecker haben, der den richtigen Sender eingestellt hat), empfehlen wir Ihnen, sich das so schnell wie möglich abzugewöhnen. Auch wenn Sie dadurch vielleicht besser informiert sein mögen, sind diese Nachrichtenprogramme stressig und haben einen negativen Einfluss auf Ihren Morgen.
Nehmen Sie sich ein Beispiel an Richter Jeremy Fogel, dem Direktor des Federal Judicial Center in Washington D. C. Nachdem er sich morgens die Zeitung genommen und eine Tasse Kaffee gemacht hat, legt er ruhige klassische Musik auf. »Diese Art von Musik zu hören – am liebsten sind mir Bach, Händel und Komponisten des Barock –, hat [auf mich am Morgen]fast immer eine beruhigende Wirkung und die musikalische Struktur scheint meine Aufmerksamkeit zu stärken.«
Gehen Sie nach draußen
Lassen Sie sich etwas Sonnenlicht aufs Gesicht scheinen und füllen Sie Ihre Lungen mit frischer Luft. Gehen Sie laufen oder fahren Sie Rad oder spazieren Sie einfach um den nächsten Häuserblock oder durch Ihr Viertel. Wenn Sie drinnen nicht richtig wach werden können, gibt es keinen Grund dort zu bleiben – gehen Sie nach draußen.
Die wundervolle Abgeschiedenheit der Morgenstunden
Mit den Worten von Ausdauersportler Terri Schneider: »Ich gehe für gewöhnlich zehn oder 15 Minuten nach dem Aufstehen nach draußen. Ich versuche dabei, mich nicht zu hetzen, aber ich sehe keinen Sinn darin herumzubummeln. Ich liebe die Ruhe und Abgeschiedenheit der frühen Morgenstunden, und das motiviert mich, aufzustehen und rauszukommen – dann habe ich das Gefühl, den Platz für mich allein zu haben, bevor der Rest der Menschheit sich rührt.«
Beginnen Sie Ihren Morgen mit Dankbarkeit
Shaka Senghor sagt Folgendes: »Das Erste, was ich [am Morgen]mache, ist, mich auf das Gefühl der Dankbarkeit zu konzentrieren und auf drei Dinge, für die ich dankbar bin. Ich praktiziere tagtäglich Dankbarkeit.« Wenn Sie Ihren Morgen beginnen, indem Sie sich in Dankbarkeit üben, wird es Ihnen viel leichter fallen aufzustehen, denn Ihr Tag ist mit Bedeutung aufgeladen, was weit über die anstehenden Dinge hinausgeht.
Eine Perspektive für den bevorstehenden Tag
Wenn Sie gläubig sind, können Sie vielleicht ein Gebet sprechen, um Ihr Morgenritual einzuleiten. Der ehemalige Art Director Erin Loechner erzählt: »Ich beginne meinen Morgen mit einem einfachen Gebet: Gott, hilf mir zu erkennen. Das ist es schon. Nichts Besonderes. Ich finde, das bietet mir die rechte Menge an Perspektive, die ich tagsüber benötige – ich wiederhole das immer in meinen Gedanken.«
Benutzen Sie einen Wecker, aber drücken Sie nicht auf die Schlummertaste
Die meisten Menschen verlassen sich auf ihren Wecker, um aufzuwachen. Wir benutzen selbst welche. Aber wir halten nichts davon, auf die Schlummertaste zu drücken, denn das schadet häufig mehr, als dass es guttut.
Natürlich bedeutet das nicht, dass es leicht ist, sich das abzugewöhnen. Der Lehrer Richard Wotton meint: »Ich habe mir selbst die Schlummertaste verboten, denn zehn Minuten Extraschlaf helfen mir auf lange Sicht nicht. Im Winter, wenn die Temperatur unter null Grad fällt, ist diese Regel eine echte Herausforderung.«
Als würde der Motor laufen, aber das Auto bewegt sich nicht
Natürlich ist ein Wecker für die meisten Menschen mit Vollzeitjobs und anderen Verpflichtungen notwendig. Aber die Schlummerfunktion (selbst wenn man den Wecker früher stellt, um noch ein wenig Zeit zum Dösen zu haben) führt häufig dazu, dass man sich schlechter fühlt, wenn man schließlich aufgestanden ist. Ganz im Gegensatz dazu, wenn man gleich beim ersten Weckton aufsteht.
Schriftsteller Gray Miller sagt zum Thema Schlummertaste: »Liegen zu bleiben, während man so tut, als schlafe man, ist so, wie den Motor laufen zu lassen, ohne einen Gang einzulegen.« Oder, wie der Unternehmer und Teilnehmer an der Reality-Show Survivor es ausdrückt: » Verantwortung für sein Leben zu haben, ist ein guter Antrieb, um aus dem Bett zu kommen.«
Stellen Sie Ihren Wecker in einen anderen Raum
Bei der Gestaltung des Morgens gibt es eine Veränderung, die eine wirklich große Auswirkung darauf hat, wie schnell Sie morgens aufstehen. Und das ist das Umstellen Ihres Weckers in ein anderes Zimmer. Dieses Vorgehen ist in unseren Gesprächen über das persönliche Morgenritual immer wieder erwähnt worden – und das hat seinen Grund.
Wer drückt schon auf die Schlummertaste, wenn er neben dem Bett steht?
Wenn Sie Ihren Wecker (der ja meist das Handy ist) über Nacht in ein anderes Zimmer legen, ist der physische Akt, aus dem Bett aufzustehen und ihn auszuschalten, häufig schon ausreichend, um richtig wach zu werden und Ihr Blut in Bewegung zu bringen. Die Jugendromanautorin Lindsay Champion sagt dazu: »Es gibt keinen Grund, die Schlummertaste zu drücken, wenn du bereits fünf Meter vom Bett entfernt bist.«
Andererseits…
Es gibt selbstverständlich einige Menschen, die unserer Verurteilung der Schlummertaste widersprechen. Wenn Sie schon ein Leben lang gerne noch etwas dösen und es für Sie gut funktioniert, dann haben wir überhaupt nichts dagegen, dass Sie das bei Ihrem Morgenritual beibehalten.
Die Illustratorin Eli Trier bemerkt dazu: »Es gibt etwas an diesem nebulösen halb wachen, halb schlafenden Zustand, das eine besondere Wirkung hat. Ich finde häufig in genau jenem Zustand die Lösungen zu irgendwelchen Problemen, die mich beschäftigen, und komme auf Ideen und Einsichten wie sonst selten.«
Eigene Regeln fürs Morgenritual sind okay
Weil es für Sie in Ordnung ist, erst nach fünfmaligem Drücken der Schlummertaste aufzustehen, muss das aber nicht heißen, dass Sie die verstärkte Energie und Produktivität nicht schätzen würden, die ein Aufstehen ohne Schlummertaste mit sich bringen kann. Aber wenn für Sie der halb wache Zustand eine Inspirationsquelle ist, können Sie auch Ihre eigenen Regeln aufstellen.
Wenn wir gerade dabei sind: Haben Sie für sich effektive Methoden gefunden, die das Aufstehen erleichtern und die wir hier nicht erwähnt haben, dann behalten Sie diese unbedingt bei. Wir empfehlen zum Beispiel, elektronische Geräte über Nacht nicht im Schlafzimmer liegen zu lassen. Dadurch werden Sie morgens nicht dazu verführt, sich dem Trubel der sozialen Medien auszusetzen.
Auch mal von der Routine abweichen
Doch einige Menschen, mit denen wir gesprochen haben, sehen das anders, wie etwa der Partner beim Unternehmen GV (die Risikoabteilung von Alphabet Inc.) M. G. Siegler, der meint: »Ich denke oft, dass ich warten sollte [das Telefon zu checken], bis ich ganz wach bin, aber eigentlich hilft mir das Checken des Telefons, wach zu werden und mein Gehirn anzukurbeln.«
Was immer Sie tun, Sie brauchen keinerlei Schuldgefühle zu entwickeln, was Ihr Morgen-Ritual betrifft. Jeder noch so disziplinierte Profi, mit dem wir gesprochen haben, weicht auch manchmal etwas davon ab.
Autoren: Benjamin Spall und Michael Xander
Der Buchtipp aus der Trainingsworld-Redaktion:
Mein Morgen-Ritual
Die ersten Entscheidungen, die wir morgens treffen, entscheiden darüber, wie wir den gesamten Tag erleben.
Benjamin Spall und Michael Xander haben mit mehr als 60 der erfolgreichsten Persönlichkeiten unserer Tage gesprochen und die Essenz ihrer Morgen-Rituale entschlüsselt. Unter anderem verraten Arianna Huffington, Dave Asprey und Ryan Holiday ihr Erfolgsrezept für einen guten Start in den Tag. So unterschiedlich die Aktivitäten der Interviewten am frühen Morgen auch sind – sie reichen von Meditation, Affirmationen, Visualisierungen, Sport, Lesen und Tagebuchschreiben –, eins haben sie alle gemeinsam: Sie sind keine lästige Pflicht sondern die Quelle von positiver Energie.
Ob es darum geht, die eigene Produktivität zu erhöhen, das eigene Morgen-Ritual zu finden oder die eigene Einstellungen zu den Herausforderungen des Alltags zu optimieren, „Mein Morgen-Ritual“ hilft, die richtigen Angewohnheiten zu entwickeln, um perfekt in den Tag zu starten.
»… hervorragend für jeden, der frühmorgens die Dinge geregelt kriegen möchte.«
(Ryan Holiday, Bestsellerautor von Der tägliche Stoiker, Dein Ego ist dein Feind und Dein Hindernis ist dein Weg)