Wie wichtig ist Ausdauer in einzelnen spezifischen Sportarten? Und wie wirkt sich fehlende Ausdauer auf die Leistung aus? Und wie sieht ein gutes Training für ältere Sportler aus?
Ausdauer ist nur ein Faktor unter vielen, der die Leistung bestimmt. Und nur wenn man Ausdauer braucht um gut zu sein, lohnt es sich überhaupt, diese zu trainieren. Alles andere wäre Zeitverschwendung. Die meisten Forschungen, die sich mit der Physiologie des Sports und sportlicher Betätigung befassen, wurden an jungen Menschen durchgeführt, da der Gruppe der 18- bis 30-Jährigen die meisten Sportler, sowohl Amateure wie auch Profis, angehören. Meine Empfehlungen für reifere Sportler sind daher von den Ergebnissen jüngerer Sportler abgeleitet.
Brauchen Golfer ein Ausdauertraining?
Beim Golfspiel, in dem ein Spieler vielleicht 140 Schläge an einem Tag macht, erholt dieser sich nach jedem Schlag recht lange. Die Muskeln haben ausreichend Zeit, Brennstoff wiederaufzufüllen, und es gibt keinen Sauerstoffmangel. Aber Golfer legen auch locker eine Strecke von 13–16 km am Tag zurück, wenn sie 36 Löcher spielen. Ausdauer bedeutet in diesem Fall fähig zu sein, 8 Stunden auf den Beinen zu sein. Das Gleiche gilt beim Cricket: Auch wenn ein bisschen Laufen dazugehört sind die Entfernungen doch kurz und die Ruhephasen lang. Bei solchen Sportarten sind es die Techniken, die wirklich wichtig sind, sowie die Muskelkraft und die Beweglichkeit. Faktoren auf die mit einem Ausdauertraining Einfluss genommen werden kann sind hier die Hitzetoleranz und vor allem die Gewichtskontrolle.
Ältere Golfspieler, Cricketspieler und Bowler sollten ihre Gesundheit und Fitness beachten, ihr Gewicht halten und aufpassen, kein Fett anzusetzen. Dafür reicht eine wöchentliche Dosis von 2 Stunden Ausdauertraining pro Woche, das über 3 oder 4 Tage der Woche verteilt wird, völlig aus.
Der Begriff der „periodischen Arbeit“ betrifft die meisten Sportarten, außer die, die eine ständige Belastung verlangen wie Laufen, Rudern, Schwimmen, Radfahren und Skilanglauf. Er gilt vor allem für die gewöhnlichen Mannschaftssportarten wie Fußball, Eis- und Feldhockey, Basketball, Volleyball, Tennis, Squash und Badminton.
Mannschaftssportarten
Warum Ausdauer im Fußball wichtig ist
Ballgefühl, Beweglichkeit, Muskelkraft und Schnelligkeit sind die wichtigsten Aspekte der Fitness eines Fußballspielers. Und jedes Ausdauerprogramm muss sicherstellen, dass diese nicht beeinträchtigt werden. Trotzdem ist die Ausdauer von Belang, denn der Spieler muss fähig sein zum Ende des Spiels genauso gut zu spielen wie am Anfang.
Er muss in der Lage sein, nach wenigen Tagen wieder ein hartes Spiel durchzustehen und seine Karriere im besten Falle über viele Jahre lang durchzuhalten.
Welche Ausdauer braucht er also? Die längste Strecke, die ein Spieler mit vollem Tempo spielen muss, dauert vielleicht 10 Sekunden, aber dies dafür viele Male. Es bleibt nur wenig Zeit zur Erholung, also muss seine kardiovasculäre Fitness gut sein. Wiederholte schnelle Sprints im Feld führen zur Bildung von Milchsäure, die schnell wieder abgebaut werden muss. Der weniger fitte Spieler muss dabei stehen bleiben und nach Luft schnappen. Aber der fitte Spieler kann weiter rennen und sich gleichzeitig erholen.
Ausdauer im üblichen Sinne ist nicht das, was man braucht, um die Hiebe und Wendungen eines harten Spiels zu überstehen. Hier ist mehr eine allgemeine Muskelstärke von Nöten, kombiniert mit Dehnbarkeit und beweglichen Gelenken.
Die Ausdauer, mit deren Hilfe Fußballspieler auch noch am Ende des Spiels eine gute Leistung bringen können, entsteht aus einer Kombination von Stärke, Flexibilität und kardiovaskulärer Fitness. Auch gute Vorräte an Energie, Hitzetoleranz und geistiger Stärke sind dabei nicht zu vergessen.
Ungarische Wissenschaftler haben gezeigt, dass sich die Platzierungen der 4 besten Teams der Oberliga im durchschnittlichen VO2max der Spieler widerspiegeln.(1)
Eine andere Untersuchung hat herausgefunden, dass es einen bedeutenden Zusammenhang zwischen VO2max und der Distanz gibt, die ein Spieler während des Spiels zurücklegt – und auch bezüglich der Sprints und der direkten Mann-zu-Mann-Auseinandersetzung.(2)
Außerdem wurde wissenschaftlich bestätigt, dass während der zweiten Hälfte des Spiels Fußballspieler dazu neigen, weniger zu laufen und mit einer geringeren Intensität zu spielen als in der ersten Hälfte des Spiels.
Qualitätsverbesserung beim Basketball
Aktuelle australische Studien haben entdeckt, dass das Basektballspiel einen großen Anspruch an das kardiovaskuläre System stellt. Daher wird in ihnen vermutet, dass die Spielqualität durch Ausdauer verbessert werden könnte.(4)
Die maximale aerobe Kapazität (VO2max) wurde bei jedem Spieler bestimmt. Wenn der Ball im Spiel war, gab es alle 2 Sekunden Veränderungen bezüglich der Bewegungen (z. B. von mittlerer Intensität zum Sprinten). 30 % der Zeit gab es eine „sehr intensive“ Aktivität. Dies bedeutet für das kardiovaskuläre System eine schwere Belastung – mit einem durchschnittlichen VO2max-Wert während des Spiels von 89 % und von 85 % für 75 % nach der Spielzeit. Noch eindrucksvoller: Der Herzschlag lag bei 95–100 % des Maximums während 15 % der Zeit und bei 90–95 % für 35 % des Spiels. Während des Freiwerfens erholte sich der Herzschlag auf einen Wert von 70–75 %.
Interessant ist auch, dass der Blutlaktatwert bei den Basketballspielern recht hoch war. Die durchschnittliche Laktatkonzentration lag bei 6,8 Millimol (mM) pro Liter. Es war überraschend, dass bei einigen Sportlern ein Laktatwert von sogar 13 mM/Liter gemessen wurde, vergleichbar mit dem von Top-Sprintern nach einem 400-m-Rennen. Daraus schloss man, dass eine Verbesserung des Laktatschwellenwerts den Spielern nützen könnte.
Wie sich herausgestellt hat, hatten die australischen Basketballspieler einen durchschnittlichen VO2max-Wert von 61 ml/kg/min, im Vergleich zu den 64,3 der Intervalltrainingsgruppe der Fußballspieler und den 58,1 der Fußball-Kontrollgruppe (siehe Kasten oben). Das lässt vermuten, dass nicht nur das Basketballspielen den VO2max verbessert, sondern dass eine Steigerung des Werts auch die Spielqualität steigert, so wie auch beim Fußball.
Was bedeutet dies für ältere Spieler?
Die eben beschriebene Studie belegt, was wir sowieso schon wissen: Können allein reicht nicht. Ausdauer ist in jeder Sportart wichtig, aber im unterschiedlichen Maße und in unterschiedlicher Ausprägung. Bei Mannschaftssportarten wie Fußball und Basketball scheinen die aerobe Fitness, Laktattoleranz und die Laufökonomie die wichtigsten Faktoren zu sein.
Wir wissen, dass der VO2max-Wert im Alter abnimmt. Und wir wissen auch, dass ein richtiges Training in diesem Bereich viel leisten kann. Ein 33 Jahre alter Spieler mit einem VO2max-Wert von 58 ml/kg/min kann diesen Wert bis über 60 ml/kg/min steigern, und zwar durch nur 1 Jahr Intervalltraining. Mit einem Verfallswert von 0,5 % pro Jahr wäre er dann im Alter von 40 immer noch fitter als mit 33 Jahren.
Andere Ausdaueraspekte müssen nicht zwangsläufig mit dem Alter weniger werden. Die Laktattoleranz, die Laufökonomie und die Hitzetoleranz können sich alle im Alter noch steigern, jedenfalls so lange, wie der Sportler an seiner Beweglichkeit und seiner Fitness arbeitet.
Die speziellen Anforderungen bei Tennis und Co.
Tennis, Badminton und Squash stellen an den Sportler besondere Ansprüche, weil ein Arm den größten Teil der Arbeit übernimmt. Die Ausdauer der Muskulatur im Arm ist daher von besonderer Bedeutung. Die Sportler brauchen auch ein hohes kardiovaskuläres Fitnessniveau, eine allgemein starke Muskulatur und einen geringen Körperfettanteil – aber der Arm ist das Wichtigste. Und ganz oben auf der Prioritätenliste steht die Vermeidung von Verletzungen.
Bei langen Spielen kann die Ausdauer sehr wichtig sein, aber Fitness ist hier ein besserer Begriff. Denn darunter versteht man die Fähigkeit, mit hohem Tempo zu reagieren, auch wenn man nur kurze Erholungsphasen zur Verfügung hat.
Wie beim Fußball und Basketball, so ist auch hier das Intervalltraining für die Fitness optimal und bringt weit mehr als langsame Ausdauerläufe, die nur wenig Stress auslösen. Das Training sollte natürlich an den Sport angepasst werden. Beim Squash, wo die Einsätze lang sein können und die Erholungsphasen sehr kurz sind, ist die kardiovaskuläre Fitness wichtiger als beim Tennis, wo die Pausen länger, aber Stärke und Beweglichkeit wichtiger sind.
Ausdauer für verschiedene Intensitäten
Andauernde hohe Intensität (1–10 Minuten)
Dies kommt vor
beim Rudern,
bei Mittelstreckenläufen (800–3.000 m) und
bei einigen Bahnradrennen und Kanuwettkämpfen.
Die spezielle Ausdauer, die man hierbei benötigt, ist die aerobe Fitness. Der Hauptfaktor ist der Wert, mit dem der Sauerstoff an das kardiovaskuläre System geliefert werden und von den Muskeln genutzt werden kann. Einen Schwerpunkt sollte man deswegen darauf legen, die Blutversorgung zu den Muskeln zu verbessern. Dafür braucht man eine lange Zeit aeroben Trainings, auch wenn der eigentliche Einsatz im Wettkampf in ein paar Minuten vorüber ist.
Aerobes Training ist für alle energetischen Sportarten wichtig, denn es beeinflusst die kardiovaskuläre Leistung. Der 400-m-Schwimmer, der Rennradfahrer und der Ruderer müssen genau wie der Mittelstreckenläufer ihre aerobe Fitness trainieren und ihre Milchsäuretoleranz so hoch es geht steigern. Dies sind Sportarten, bei denen der entscheidende Faktor ist, wie viel körperlichen Druck und Schmerz in etwa 5 Minuten ertragen werden können.
Da der eigentliche Wettkampf nur kurz ist, ist die allgemeine Energieversorgung kein Problem. Aber die örtliche Versorgung kann für die lokale muskuläre Ausdauer wichtig sein, z. B. beim Rudern. Ein Training muss bei diesen Sportarten prinzipiell im Wettkampftempo stattfinden, aber es muss auch ein Training mit niedriger Intensität integriert werden, um die aerobe Fitness zu verbessern.
Andauernde submaximale Anstrengung (11–90 Minuten)
Diese kommt vor bei
vielen Radrennen
längeren Bahnenrennen
Straßenläufen von 5–10 km
Querfeldeinrennen
Orientierungsrennen
Langlauf
kurzen Triathlons
Zwar ist auch hier die Ausdauer wichtig, aber von größerer Bedeutung sind die aerobe Fitness, die Brennstoffversorgung und die Hitzetoleranz. Auch die Geschwindigkeit, die Effizienz und die Laktattoleranz sind wichtig. Bei den letzten Kilometern eines 10-km-Rennens oder einem Zeitfahren im Radsport muss der Sportler immer härter arbeiten, dabei baut sich mehr und mehr Milchsäure auf, also kann die Milchsäuretoleranz entscheiden, wie der Wettkampf letztlich ausgeht. Da aber die aerobe Fitness das Wichtigste ist sollte auch die meiste Zeit des Trainings darauf verwendet werden. Wenn der Wettkampf schließlich ansteht ist es Zeit, auch die anderen Faktoren im Training zu beachten
Andauernde niedrige Intensität (über 90 Minuten)
Diese kommt vor
bei Distanzläufen, von Halbmarathon aufwärts
beim Triathlon
bei längeren Radrennen.
Hier ist Ausdauer in ihren verschiedenen Ausprägungen der entscheidende Faktor. Die aerobe Fitness ist hier das Wichtigste, denn sie bestimmt die optimale Einsatzstärke. Aber auch die Energieversorgung und eine hohe Hitzetoleranz sind unerlässlich. Bei solchen langen Events ist die „reine Ausdauer“ – also die Energieversorgung – der kritische und damit entscheidende Punkt.
Zusammengefasst …
… ist bei den meisten Sportarten, bei denen der volle Einsatz eher Minuten als Stunden dauert, Ausdauer ein Synonym für Fitness. Je besser Sie für einen Sport „ausgerüstet“ sind – ein starker Arm, ein starkes Herz –, desto leichter fällt er Ihnen und desto schneller werden Sie sich wieder erholen. Wenn Sie an einem 90-minütigen Wettkampf teilnehmen, muss die Ausdauer die ganze Zeit lang anhalten. Aber anstelle eines langsamen Konditionstrainings sollten Sie lieber ein sportspezifisches Training durchziehen, bei dem die Fitness und die Fähigkeiten entwickelt werden, die dieser Sport verlangt. Dies trifft vor allem bei älteren Sportlern zu, die ihre Flexibilität und Beweglichkeit sowie eine gute aerobe Fitness aufbauen wollen.
Quellenangaben
1. Science and Football, E & FN Spon, London 1988, S. 95–107
2. D. Guanillo (1980), Proc 1st International Congress on Sports Medicine applied to Football, Rom, S. 795–801
3. Medicine and Science in Sports and Exercise, 2001, Bd. 33, S. 1925–1931
4. Running Research News, 1996, Bd. 12.3, S. 11–12