Darum sind Dänen so glücklich: Was ist Hygge?

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Hygge. Selbst, wenn man nicht weiß, was dieses Wort genau bedeutet, kann man aufgrund seines Klanges ausschließen, dass es für etwas Schlechtes steht. Nein, Hygge muss einfach für etwas Gutes stehen. Das lernen Dänen schon von Kindesbeinen an. Exakt übersetzen lässt sich Hygge jedoch nicht. Damit reiht es sich in die Riege von Begriffen ein, die in bestimmten Sprachen eine spezielle Bedeutung haben, sich aber einfach nicht übersetzen lassen. Wie zum Beispiel der deutsche „Zeitgeist“. Oder der japanische „karoshi“, der für etwas steht, was es vermutlich nur in Japan gibt: Tod durch zu viel Arbeit.

Hygge: Die Freude an einfachen Dingen des Alltags

Hygge stellt quasi genau das Gegenteil von karoshi dar. Es handelt sich um einen dänischen Begriff, der für das Gefühl steht, sich auch an ganz einfachen Dingen zu erfreuen. Ein Abend mit einem guten Buch vor dem Kamin. Das Lächeln eines Fremden auf der Straße. Der Sonnenaufgang, den man morgens beim Joggen beobachtet. Wenn man sich an solchen Dingen erfreut, dann ist Hygge in vollem Gange. Die gebürtige Dänin Marie Tourell Søderberg hat Hygge ein ganzes Buch gewidmet. In ihrem Ratgeber zum Wohlfühlen zeigt sie auf, wie wir Deutschen durch Hygge etwas von den Dänen lernen können. Das kann gerade im tristen Winter eine wahre Wohltat sein.

„Hygge ist ein Daseinszustand, in dem man mit sich selbst, mit seinem Partner, dem Finanzamt und seinen inneren Organen im Reinen ist.“

Tove Ditlevsen, dänische Autorin und Dichterin (1917–1976)

Miteinander hyggeln

Dänen

Die kleinen Dinge des Alltags genießen? Mit der Glücksphilosophie Hygge klappt das auf jeden Fall! Marie Tourell Søderberg demonstriert in ihrem Buch, warum die Dänen dank ihrer Glücksphilosophie zu den glücklichsten Menschen der Welt zählen. Hier erfahren Sie, wie Sie Hygge auch in Ihren Alltag integrieren können. Sei es beim Umgang mit anderen Menschen, bei der Arbeit oder beim Einrichten des Hauses. Bestellen Sie das Buch jetzt und holen Sie sich ein Stückchen Hygge in Ihr Leben.

Im Gespräch verwenden wir Dänen ständig den Ausdruck Hygge: Wir versichern uns, wie sehr wir uns darauf freuen, wieder gemeinsam zu hyggeln, wir weisen darauf hin, wie hyggelig eine Situation ist, wenn wir gerade hyggeln, und hinterher reden wir gern darüber, was für eine gute, hyggelige Zeit wir miteinander verbracht haben.

Die Wurzeln des Wortes reichen ins Altnordische zurück: „hyggja“ bedeutet, emotional und geistig zufrieden zu sein, einen Unterschlupf gefunden zu haben, wo man sich in Sicherheit ausruhen und Kraft und Mut tanken kann.

Mit Hygge durch die dunkle Jahreszeit

Das nordische Klima weist große Kontraste auf zwischen Wärme und Kälte sowie Licht und Dunkelheit. Die Sommernächte scheinen endlos, aber im Winter schwindet das Licht, bis am Tiefpunkt nur noch sieben bis neun Stunden Tageslicht übrig bleiben. Die Wettervorhersage im Fernsehen lautet meistens: „grau und bedeckt“. Im Schnitt regnet es an 171 Tagen im Jahr, im Sommer erreichen die Durchschnittstemperaturen 17 Grad, im Winter liegen sie gerade so über dem Gefrierpunkt.

Aufgrund des etwas deprimierenden Klimas sehnen wir Dänen uns nach Wärme und Geborgenheit, die wir meistens zu Hause finden, wo wir es uns, unserer Familie und unseren Freunden gemütlich einrichten.

Der Hygge-Professor Jeppe Trolle Linnet erklärt:

„Das ungemütliche Klima hat sicher auch dazu beigetragen, dass nordische Kulturen das Zuhause als ‚sicheren Hafen‘ romantisiert haben, in dem Familien sich treffen und neue Kraft schöpfen, um sich der Welt da draußen wieder stellen zu können. Das Zuhause ist der physische Teil von Hygge, die Familie der soziale Teil: ein Vorstadium von Hygge. Wenn wir außerhalb unseres Heims Hygge suchen, dann meistens an Orten, die an ein Zuhause erinnern: von fremden Blicken abgeschirmt, umschlossen, mit gedämpfter Beleuchtung und gemütlicher Möblierung.“

Darum sind Dänen so glücklich

Viele Experten, die sich eingehend damit beschäftigt haben, warum Dänemark zu den glücklichsten Ländern der Welt gehört, nennen Hygge als wichtigen Faktor. Folgendes macht mich persönlich glücklich:

  • mit meinem Freund, meiner Familie oder guten Freunden zusammen sein
  • an fesselnden und inspirierenden Projekten arbeiten
  • in netter Gesellschaft köstliches Essen zu mir nehmen
  • ein gutes Buch lesen oder ein kleines Handarbeitsprojekt verfolgen
  • Tanzstunden nehmen
  • meditieren
  • lachen
  • gemeinsam mit geliebten Menschen reisen

Beim Durchgehen der Liste fällt mir auf, dass Zusammensein mit anderen eine zentrale Rolle spielt: Zeit mit netten Leuten verbringen, reden, gemeinsam lachen, essen und beieinander sitzen – bei alldem hat Hygge enorme Bedeutung. Ich treffe mich mit Familie und Freunden mit dem expliziten Ziel, mit ihnen zusammen Hygge zu erleben, und ich merke, dass diese Momente uns noch stärker zusammenschweißen.

Niemand ist hyggeliger als Kinder

Kinder sind in vielerlei Hinsicht geborene Hygge-Experten. Voller Neugier und Enthusiasmus erkunden sie die Welt. Davon sollten auch wir uns inspirieren lassen! Kinder zeigen uns, wie man im Hier und Jetzt lebt, denn so sind sie nun einmal. In Gegenwart von Kindern passiert immer Unerwartetes.

„Hygge bedeutet für mich, meinen Kindern eine Gutenachtgeschichte vorzulesen. Das ist ein Ritual in unserer Familie. Wir machen das jeden Abend, und jedes Mal entsteht ein hyggeliger Augenblick, wenn wir gemeinsam in Märchenwelten eintauchen oder irgendwas Interessantes darüber lernen, wie Bienen Honig machen oder die Figuren im Star-Wars-Universum ticken. In diesen Augenblicken geht es um Präsenz. Wir kuscheln uns eng aneinander. Diese Nähe ist für mich Hygge pur.“

Tilde Vengsgaard, Lehrerin und Mutter von drei Kindern, Randers

 

Im Kindergarten meines Neffen hing kurz vor den Osterferien folgendes Schild:

„Vergessen Sie nicht, Gammel-Zeit einzuplanen. Es ist wichtig für die Kinder, dass sie auch mal in Schlabbersachen herumgammeln dürfen. Zoobesuche, Kino, all die anderen geplanten und sicherlich gut gemeinten Aktivitäten können warten.“

Herumgammeln heißt, weder Ziel noch Zweck zu verfolgen, sondern sich einfach zu entspannen und anzuerkennen, dass Hygge auch in einem Paar Hausschuhe versteckt sein kann.

 

Unerwartete und spontane Hygge

Man kann Hygge Priorität einräumen, man kann sie herbeilocken, aber manchmal stellt sie sich ganz unerwartet ein. Irgendetwas wird abgesagt, die U-Bahn fällt aus oder der Strom – und wir müssen warten. Wartezeit eröffnet uns manchmal die Chance, Zeit miteinander zu verbringen.

Als mein Freund noch ein Kind war, geriet er mit seinen Eltern und seinen drei Schwestern einmal mit dem Auto in einen gewaltigen Schneesturm. Statt zwei Stunden dauerte die abendliche Heimfahrt vom Haus eines Verwandten acht Stunden. Auf der tief verschneiten Autobahn ging es nur noch schrittweise voran, der Verkehr staute sich, so weit das Auge reichte. Die Fahrt hätte eine schreckliche Qual sein können, doch mein Freund empfindet sie bis heute als hyggelig: Gern denkt er an den Schnee, die im Auto zusammengepferchte Familie, die zusammen spielte und plauderte. Aus solchem Stoff bestehen die intensivsten Erinnerungen!

Hygge lässt sich nicht erzwingen

Hygge lässt sich nicht erzwingen. Es klappt nicht zu sagen: „Ich habe gerade zehn Minuten frei – Zeit für Hygge!“ Hygge hat ihren eigenen Kopf, alles steht und fällt mit der Einstellung und der Atmosphäre. Wenn Hygge verschwindet, dann oft, weil wir sie zu kontrollieren versuchen. Ein Hygge-Abend mit viel Hygge-Potenzial kann unerwartet unhyggelig werden, wenn wir unsere Erwartungen zu hoch schrauben und alles zu sehr durchplanen.

 

Wie steht es aktuell um Hygge?

Das Konzept ist in Dänemark weiterhin enorm populär, gerät aber von mehreren Seiten in Gefahr. Menschen versuchen, sich gesünder zu ernähren, verdaddeln viel Zeit an elektronischen Geräten und stehen im Alltag unter großem Leistungsdruck. Will Hygge seinen Status als Lieblingsbeschäftigung der Dänen weiter behalten, muss das Konzept sich modernisieren. Anne Glad, eine führende Lifestyle-Expertin, meint dazu:

Hygge gedeiht und wird in Dänemark immer gute und günstige Bedingungen vorfinden. Die dunkle Jahreszeit verlockt einfach dazu. Im Winter kuscheln sich die Dänen aneinander und laden Gäste ein. Das Zuhause ist die Hygge-Kathedrale, und das seit Tausenden von Jahren. Selbst die Wikinger luden im Winter Gäste zum gemeinsamen Festmahl, genossen die Hygge und planten die Reisen des nächsten Sommers. Diese Kultur des Zuhauses führen die Dänen bis heute fort.

In Krisenzeiten gedeiht Hygge am besten

In wirtschaftlich schlechten Zeiten sind die Bedingungen für Hygge besonders gut. Im Zuge der letzten Krise haben wir uns mehr nach innen gewandt, wir verbringen wieder mehr Zeit daheim. Familien und Freunde sind sich wieder näher gekommen. Im Kamin brennt ein Feuer, auf dem Herd köchelt Essen, auf dem Tisch liegt ein Brettspiel. Wir haben mehr Zeit zum Nachdenken. Nicht derjenige, der etwas besitzt, gilt als cool, sondern derjenige, der etwas weiß. Deshalb lesen wir in Krisenzeiten mehr Bücher, belegen mehr Kurse und gehen in mehr Vorträge. Auch ehrenamtliches Engagement, etwa als Vorstand eines Kindergartens, wird jetzt wieder geschätzt – in Boomzeiten konzentrieren wir uns eher darauf, im Beruf vorwärtszukommen, also außerhalb der Familiensphäre.

Doch es gibt auch Tendenzen in unserer Gesellschaft, die Hygge bedrohen. Körperkult und Gesundheitswahn in manchen Teilen der Bevölkerung verderben den Spaß an Hygge, zu der oft einfach Süßigkeiten, Kuchen, Bier und Wein gehören. Die Zahl der Fitnessstudios steigt, Dänen messen Blutdruck und Cholesterinwerte wie nie zuvor, und plötzlich rennen Tausende von ihnen Marathons. Früher war das ein Nischensport für ein paar überehrgeizige Narren. Ein Massensport sollte das nie sein. In diesem Licht betrachtet, hat Hygge ein gewaltiges Imageproblem, und wenn die Gesundheitswelle anhält und den Großteil der Bevölkerung erfasst, gerät Hygge in Gefahr.

Eine Gefahr: Hygge und die digitale Moderne

Digitale und soziale Medien stellen ebenfalls eine Bedrohung dar. Studien zufolge fühlt sich eine große Zahl dänischer Familien gelegentlich gestresst – obwohl die Erwachsenen nicht länger arbeiten als früher und ebenso viel Freizeit genießen. Nur verbringen wir inzwischen viel mehr Zeit in sozialen Medien und bekommen dadurch das Gefühl, wir müssten uns als Individuen stärker abgrenzen. Es reicht nicht mehr, ein guter Bürger zu sein, seine Steuern zu bezahlen und sich korrekt zu benehmen. Nein, wir glauben, wir bräuchten eine Karriere, eine Familie, ein tolles Haus, schicke Klamotten. Es drängt uns, uns selbst zu verwirklichen – und das über die sozialen Medien in die Welt hinauszuposaunen. Die Medien nehmen uns Zeit weg, die wir mit unserer Familie verbringen könnten, sie verringern die Präsenz unserer Kinder und sorgen für Konfliktstoff, wenn Eltern versuchen, Internetzeiten zu beschränken.

Kann Hygge sich neu erfinden?

Um diese Bedrohungen zu meistern und auch bei modernen, gesundheitsbewussten Menschen populär bleiben zu können, muss Hygge sich neu erfinden. Hygge, das kann Geselligkeit, Präsenz, Besinnlichkeit und Erholung sein. Eigentlich ist das ein toller Luxus, den wir uns sonst mit viel Geld erkaufen, auf geführten Wandertouren und in Yoga-Ferien – doch Hygge muss weg vom Sofa und hinaus an die frische Luft. Hygge muss zu etwas werden, das man im Stehen und Gehen machen kann. Hygge muss aktiv werden, statt passiv zu bleiben! Mit den Kindern in den Wald gehen, das ist Hygge. Den kleinen Fußspuren eines Kindes auf dem Waldboden folgen und sich Zeit für mikroskopische Erlebnisse nehmen, etwa einem Käfer dabei zusehen, wie er über ein Blatt wandert. Hygge muss uns überzeugen, dass sie uns folgen wird, wenn wir die frisch gebackenen Brötchen für ein Picknick mit nach draußen nehmen, anstatt sie auf der Couch zu essen. Hygge muss sich mit einigen neuen Spielern auf dem Markt zusammentun, etwa mit Audioprodukten. Die Verkäufe von Hörbüchern haben gerade die Verkäufe von E-Books überholt. Podcasts und Internetradio werden immer beliebter. Zuhören erfordert mehr Aufmerksamkeit als Zusehen, und das wiederum bereitet den Boden für Hygge.

Das Wichtigste: Hygge muss sich ihrer selbst und und ihrer Geschichte bewusst bleiben. Hygge ist das Coole an unseren nördlichen Kulturen. Sie ist der Grund dafür, dass zu unserem häuslichen Leben auch andere Menschen gehören, nicht nur wir selbst. Sie ist der Grund dafür, dass Menschen sich in ungezwungenem, entspanntem Rahmen treffen, sie ist das Licht in der Dunkelheit, das uns durch sechs dunkle Monate bringt, und das seit über tausend Jahren.“

 

Autorin: Marie Tourell Søderberg

Unser Buchtipp aus der Trainingsworld-Redaktion:

HYGGE, das ist die dänische Formel zum Glück. Das Wort hat viele Bedeutungen: Gemütlichkeit, Wärme, Geselligkeit, Zufriedenheit. Doch was genau macht dieses Glück aus? Und funktioniert das Geheimrezept der Dänen auch bei uns? Ja, denn egal wann und wo, Hygge gibt uns das Gefühl, angekommen zu sein.

Während andere Bücher von diesem Phänomen nur erzählen, zeigt die gebürtige Dänin Marie Tourell Søderberg, wie auch Sie Hygge zu einem wundervollen Bestandteil Ihres Lebens machen können. Dafür hat die dänische Schauspielerin die besten Tipps ihrer Landsleute gesammelt und die Momente eingefangen, die Hygge ausmachen: im Winter in Decken gehüllt vor dem Kamin zu liegen, im Frühling den ersten Kaffee in der Sonne zu genießen und dabei die Kirschbäume blühen zu sehen, in lauwarmen Sommernächten am Lagerfeuer zusammenzusitzen und im Herbst lange Spaziergänge durch rot-braun-orange Wälder zu unternehmen. Dieser Wohlfühl-Ratgeber ist eine Einladung, den Zauber im Alltag zu entdecken und die Augenblicke zu genießen, die man für Geld nicht kaufen kann.

Das Buch können Sie direkt hier im Shop oder bei Amazon bestellen.

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