Konkrete, praktische Tipps, Kniffe und Empfehlungen für Ihr nächstes (Kraft-)Level im Klettern und Bouldern.
„Ein Klimmzug an einer Stange bleibt einfach „nur ein Klimmzug“. In meinen Augen sind Zeit und Energie immer besser genützt, wenn zur Ausführung komplexe, möglichst variantenreiche Griffelemente wie Klimmzugbalken, Auflegergriffe & Co. herangezogen werden. So ist oft rasch der gesamte Körper gefordert.“ Weltcuptrainer Gerhard Salchegger in einem Private-Coaching-Telefonat
In meinem Arsenal an Trainingsgeräten gibt es einige äußerst nette „Spielsachen“, die mir meinen Trainingsalltag als Kletterprofi herrlich versüßen, mir manchmal aber auch ordentlich Pfeffer geben. Ich verspreche: Da ist für jeden Geschmack etwas dabei.
Und gleich eine wichtige Anmerkung in Bezug auf „Schleichwerbung“ zum Auftakt. Weder ich als Berufssportler noch trainingsworld.com haben diese notwendig. Jedoch fallen in diesen und auch meinen bestehenden und zukünftigen Kolumnenbeiträgen hier bewusst exakte Marken-, Firmen- und Produktbezeichnungen. Warum? Nun, ich denke mit nunmehr fast 17 (!) aktiven Jahren als Vollprofi in meinem Sport gelang es mir, in den letzten Jahren einiges an Erfahrung mit verschiedensten Trainingsutensilien zu sammeln, bzw. für Sie „die Spreu vom Weizen“ zu trennen. Um Ihnen also mühevolles Nachrecherchieren aufgrund „neutraler Beschreibungen“ zu ersparen: Googeln Sie besser direkt nach den in diesem und meist auch den anderen trainingsworld.com-Kolumnen von mir genannten Firmen bzw. deren Onlineshops und Bewertungsportalen. Sie werden sehen: Ich empfehle „Best of Best“ und keines der Unternehmen gehört zu meinen Sponsoren.
Doch nun express retour zum Thema: Die ordinäre Klimmzugstange kommt bei mir und anderen Profikletterern zwar nach wie vor in den Workouts vor (s. dazu auch Kolumne Das 700-Klimmzüge-System des Boulder-Weltmeisters). Doch speziell wenn Sie nicht über den Luxus der „XL-Trainingszeiteinteilung“ eines Profis verfügen: Es geht auch „ohne“ die Stange und zwar spezifischer und besonders für Einsteiger und mäßig Fortgeschrittene mit mehr Transfereffekt für die eigentliche Sportart, das Klettern. Exakt dafür sind diese Geräte gedacht.
Die sind natürlich nicht nur Spielerei, abgesehen davon, dass es alles andere als ein Kinderspiel ist, sich daran auch nur für ein paar Sekunden festzuhalten. Sondern sie haben einen konkreten, seriösen und fest einkalkulierten Nutzen. Ihr gemeinsamer Nenner ist, dass sie allesamt „schwer greifbar“ sind – im wahrsten Sinne des Wortes.
Griffkraft 3.0
Der Kletterer muss seine ganze hart erarbeitete Power in Rücken und Armen auf den Fels (oder die künstlichen Griffe) bringen. Das Bindeglied zwischen ihm und der Wand sind starke Hände. Deshalb macht es Sinn, die Arme und den Rücken mit Zugübungen im Krafttraining zu bearbeiten, bei denen die Griffkraft zusätzlich stark gefordert ist. Der Klimmzug an einer Stange bietet da längst nicht denselben Stimulus – von Zughilfen und Bändern, die manche „Gym-Athleten“ bei Klimmzügen verwenden, will ich da gar nicht reden, die sind für Kletterer ohnehin ein No-Go!
Das Campusboard stellte ich Ihnen bereits ausgiebig vor. Nur werden Sie das bei allem Enthusiasmus kaum in Ihrer Wohnung unterbringen können. Ich selbst habe zwar eine kleine Systemwand in meinem Appartement, aber ich bin eben auch Profi und leiste mir diesen kleinen „Luxus“ gerne, ebenso wie jene Kletterkollegen, die sich etwa Dachboden oder Garage zu Mini-Kletterparadiesen ausgebaut haben. Doch wird sich dies wohl des öfteren nur für, wie ich, als Single lebende Profikletterer mit reichlich Platz umsetzen lassen. Nicht jede Mama, Freundin, Ehefrau oder sonstig vorhandene Lebenspartner bringen unbedingt freudiges Verständnis dafür auf, vor allem bei eher beengten Wohnverhältnissen. In dem Fall ist man besser Single oder der Partner ebenfalls Kletterer.
Kletter-Gym ab 60 cm²
Aber zum Glück geht es gerätetechnisch auch kleiner, handlicher und konfliktfreier für den sozialen Bereich, denn einige schlaue und kreative Menschen haben sich absolut – Verzeihung! – geile Trainings-Gimmicks (nicht nur) für den Kletterer einfallen lassen. Dazu zählen:
Teil 1: Griffboard (auch Fingerboard, Hangboard oder Griffbalken genannt)
Teil 2: Grip Balancer, Rollybar, Turntillburn Stange, Lapis-Bälle in verschiedenen Größen, Metolius Rock Rings 3D
Teil 3: PEGBOARD, Bachar Ladder, Ringe und TRX-Bänder, Klettertau
Griffboard – ein Must-Have!
Sie müssen nicht alle der oben genannten Gadgets kaufen, zumindest nicht auf einmal. Meiner Meinung nach gehört aber ein Griffboard zu den unerlässlichen Bestandteilen des gepflegten Kletterer-Haushaltes. Ein „Fingerbrett“ ist deshalb meine unverkennbare Nummer 1 auf Ihrer Einkaufsliste bzw. der Ihres nächsten „Christkinds“, des „Osterhasen“ oder der „Geburtstagsfee“.
Griffboards gibt es in ähnlichen Größen mit vielen Designs von unterschiedlichen Herstellern, z. B. von Entre Prises, das von den legendären französischen Brüdern François und Arnaud Petit, mehrfache Weltcupsieger und Europameister im Sportklettern, entwickelte „Training Board“. Welches einem lieber ist, richtet sich primär nach dem persönlichen Geschmack. Gut kommen jene Modelle, die möglichst viele Griffvarianten auf engstem Raum vereinen, Pockets, Löcher, Leisten, Sloper etc. Die Kenner – siehe unten Zitat Steve Haston – haben für noch größeren Variantenreichtum gleich mehrere Boards.
Wo bei Griffboards im High-End-Bereich „der Hammer hängt“? Das Bild bzw. die Bildunterschrift zum Bild des Boulderweltcupsiegers Rustam in diesem Bericht sprechen wohl eine klare Sprache: Der Himmel ist das Limit. Eine meiner eigenen Maximalkraft-Challenges am „Machine Board“ Griffbalken von Entre Prises ist in der ersten Hälfte dieses YouTube-Clips zu sehen. Ich hielt an diesem Tag die kleinste Leiste 16 Sekunden – mein derzeitiger persönlicher Rekord.
Anschrauben lassen sie sich am besten über dem Türrahmen. Es ist günstig, ein wenig Bewegungsfreiheit für die Beine nach vorne und für den Kopf nach oben mitzuplanen. Bitte vergewissern Sie sich einer professionellen Anbringung, im Zweifel beim Baumarkt nachfragen oder von einem Handwerker anbringen lassen.
Sobald das neue Schmuckstück bombenfest hängt, können Sie an Ihrem Griffboard nun alles machen, was das Klettererherz begehrt. Klimmzüge, Hängen, Blockieren, statische Halten, ja sogar kleine Griffwechsel („Mini-Mini-Routen“) oder vom Campusboard übertragene Übungen.
Training mit dem Griffboard
„Ich habe fünf Fingerboards. Darunter auch dein „Petit Training Board“, Jürgen. Das Training daran ist hocheffektiv und sicher, was das Verletzungsrisiko angeht.“ Steve Haston – brutal starker Over-50-Climber
Auch ich selbst habe mehrere Griffboards, teilweise in „Serie geschaltet”, um in den Genuss von noch mehr Kombinationsmöglichkeiten zu gelangen.
Mit den anderen „Spielsachen“ geht es in Teil 2 dieser Serie weiter. Bis dahin haben Sie mit Ihrem Griffboard sicher noch genügend Spaß und Abwechslung.
Somit bis bald hier auf www.trainingsworld.com!
Ihr Jürgen Reis (mit Nikolai Janatsch)