Neben dem weit verbreiteten Kreatin existieren weitere Verbindungen mit potentiell leistungssteigernder Wirkung. Im folgenden Beitrag wollen wir diesen Substanzen und deren möglichen Wirkungen und Gefahren auf den Grund gehen.
Dass die Ernährung einen großen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit hat, ist hinlänglich bekannt. Auch einzelnen Nahrungsbestandteilen bzw. Verbindungen werden ergogene Effekte nachgesagt, wobei insbesondere Firmen, die solche Produkte vertreiben, entsprechende Aussagen verbreiten.
Zweifelsfrei ist die wichtigste Funktion der Nahrungsaufnahme im Sport das Liefern von Baustoffen und Energie. Dabei müssen sich Verbrauch und Aufnahme die Wage halten, um Leistungseinbrüche zu vermeiden. Letztendlich ist auf Seiten der Sportler durchweg auch eine Nachfrage nach der potentiell leistungssteigernden Wirkung bestimmter Substanzen erkennbar, die zusätzlich zur Nahrungsaufnahme in Pulveroder Kapselform aufgenommen werden sollen. Aber sind diese Substanzen das Geld, das sie kosten, auch wert? Oder bergen sie gar Gefahren für Ihre Gesundheit?
Legale Leistungssteigerung?
Der Einnahme leistungssteigernder Substanzen liegt angesichts der Entwicklungen im Leistungssport rund um den Gebrauch verbotener Substanzen auch immer ein schaler Beigeschmack nahe. Wir wollen hier jedoch ausschließlich einige Beispiele erlaubter Substanzen vorstellen. Grundlegend wird immer wieder darauf verwiesen, dass die Nahrung ein Baustein zur optimalen Leistungsfähigkeit darstellt. Ein ähnlicher Stellenwert wird dem Gebrauch von bestimmten Supplementen zugeschrieben.(1) Dabei soll aufbauend auf einer optimalen Basisernährung mit erlaubten Nahrungsergänzungsmitteln supplementiert werden. Das Anwenden von Supplementen soll dabei unterschiedliche Bereiche wie das Immunsystem, die Energiebereitstellung und die Regeneration unterstützen und zu gesteigerter Kraft, Schnellkraft, Muskelmasse oder Ausdauer führen. Entsprechend werden unterschiedliche Ansätze zur Wirkung diskutiert. Neben einer gesteigerten bzw. optimierten Proteinsynthese sind auch Optimierungen im Energiestoffwechsel denkbar. Derzeit werden weit mehr als 80 unterschiedliche Nahrungsergänzungsmittel angeboten, zu denen es auch Studien gibt. Deren Ergebnisse sind jedoch aufgrund des Studiendesigns nur schwer zu vergleichen und kaum zu verallgemeinern. Somit ist es keine Seltenheit, dass zu einer Substanz stark unterschiedliche Ergebnisse aus Studien vorliegen.
Beispiel: β-Hydroxy-β-Methylbutyrat (HMB)
HMB entsteht als Stoffwechselzwischenprodukt einer Aminosäure und kommt in geringen Mengen in der Muttermilch sowie einigen wenigen Nahrungsmitteln vor. Ein kleiner Teil von ca. 2–10 % der über die Nahrung aufgenommenen Aminosäure Leucin wird in der Muskulatur zu HMB umgewandelt. Die körpereigene Produktion kann dabei bei einer hohen Zufuhr von Leucin von ca. 0,2–0,4 Gramm pro Tag um das 2,5- bis 5-fache gesteigert werden. Die Funktion bzw. die Wirkung dieser Substanz wird als antikatabol beschrieben, was bedeutet, dass katabole Prozesse gehemmt bzw. verringert werden sollen. Diese allgemein oft als „muskelabbauende“ Stoffwechselsituation beschriebenen katabolen Vorgänge haben einen negativen Einfl uss auf die Regeneration.(1,2) Es wird angenommen, dass eine erhöhte Zufuhr von HMB in Situationen sehr großer muskulärer Beanspruchung aufgetretene Schäden reduzieren bzw. deren Regeneration beschleunigen kann. Somit soll die Einnahme von HMB positiv auf die Muskelhypertrophie, also das Dickenwachstum des Muskels, wirken. Dies wiederum könnte in Verbindung mit dem Steigern von Kraftparametern stehen. Nebenwirkungen konnten in Studien auch bei sehr hohen Gaben über mehrere Wochen nicht festgestellt werden. Die Effekte hingegen sind keineswegs über eine breite empirische Basis abgesichert. Einige wenige Studien konnten Effekte in Bezug auf eine gesteigerte Kraft und Muskelmasse nachweisen, während andere Studien hingegen keinen Effekt erkennen konnten. Insbesondere Studien mit Stichproben von gut trainierten Sportlern und spezifi schen Trainingsinterventionen kamen im Ergebnis nicht zu leistungssteigernden Effekten von HMB.(3) Studienergebnisse von Anfängern bzw. untrainierten Personen könnten auf eine positive Wirkung dieser Substanz hindeuten. Eine grundlegende Beurteilung lässt die dünne Studienlage jedoch nicht zu.
Kreatin als ergogene Substanz?
Kreatin ist eines der bekanntesten Nahrungsergänzungsmittel, das aufgrund breiter Berichterstattung über den Einsatz im Tennis und der Leichtathletik bekannt wurde. Die ergogene Wirkung soll dabei von einer gesteigerten Kraft- und Schnellkraftleistung bis hin zu einer Zunahme von Muskelmasse reichen. Zahlreiche Untersuchungen deuten dabei auf eine Steigerung bei maximalen oder submaximalen Belastungen hin, sodass die Leistung im Wettkampf messbar gesteigert werden könnte. Kreatin ist dabei eine natürlich vorkommende Substanz, die in der Niere und der Bauspeicheldrüse synthetisiert wird und von den Aminosäuren Glycin und Arginin abstammt. Der Mensch verbraucht täglich ca. 2 g Kreatin, wovon die größte Menge in der Leber synthetisiert wird. Allerdings reicht die körpereigene Produktion nicht aus, um den täglichen Bedarf zu decken. Über tierische Eiweiße kann der Rest aufgenommen werden, sodass vegan oder vegetarisch lebende Menschen auf die endogene Produktion angewiesen sind. In der Muskulatur wird mithilfe des Enzyms Kreatinkinase Kreatin zu Kreatinphosphat umgewandelt, das unmittelbar als Energiequelle dienen kann. An Studien liegt eine Vielzahl vor, wobei jedoch solche von hoher Qualität in prospektiver, doppelblinder und randomisierter Form eher in der Unterzahl sind. In Bezug auf kurze Einzelbelastungen von unter 30 Sekunden lassen sich keine leistungssteigernden Effekte feststellen.(5) Grundlage dieser Studie waren jedoch Ergometer- und keine Kraftbelastungen. Bei wiederholten Belastungen hingegen zeigten sich teilweise leistungssteigernde Effekte, die sich jedoch nicht in jeder Studie bestätigten. Möglicherweise gibt es Responder und Non-Responder, wobei die genauen Gründe hier nicht ganz klar sind. Ebenso scheint bei einigen Sportlern eine starke Wasserretention – also das Einlagern von Gewebswasser – zu beobachten zu sein, während andere diesen Effekt kaum aufweisen. In einer aktuellen Studie verbesserten Frauen nach einer 4-tägigen Einnahme von 20 g Kreatin täglich ihre maximale Kraft bei wiederholten hochintensiven Belastungen um 10–25 %. Auch in Bezug auf Fahrradergometer- Tests und Krafttrainingsprogramme existieren Studien mit positiven Befunden über leistungssteigernde Effekte.(4) Bei der Untersuchung von Ausdauerbelastungen können die meisten Studien keinerlei Effekte nachweisen. Zusammenfassend scheint Kreatin zumindest kurzfristig bei wiederholten, hochintensiven Belastungen die Leistung steigern zu können. Allerdings konnten diese Ergebnisse nicht durchweg reproduziert werden. Negative Ergebnisse konnte eine französische Untersuchung aufzeigen, die Hinweise auf kanzerogene Wirkung von Kreatin in Kombination mit Kohlenhydraten nahelegte.(4)
Koffein oder Kaffee?
Koffein kommt als natürliches Stimulanz in Kaffee, Tee und der Kolanuss vor. Es muss als eines der ältesten Genuss- und Arzneimittel eingeordnet werden und ist als anregende und stimulierende Substanz bekannt.(1) Die belebende Wirkung tritt dabei ca. 30 Minuten nach der Aufnahme ein und hält ca. 2–3 Stunden an. Neben der stimulierenden Wirkung werden noch andere Effekte diskutiert. Studien kommen zu unterschiedlichen Effekten. Zudem bleibt unklar, ob die Aufnahme aus natürlichen Quellen ähnliche Wirkungen haben kann, wie synthetisch hergestelltes Koffein. Studien deuten darauf hin, dass Kaffee und die Gabe von Koffein zu ähnlichen Veränderungen im Plasmaspiegel von Koffein führen. Jedoch schien allein die Gabe von Koffein in Tablettenform eine Wirkung auf den Anstieg der freien Fettsäuren und des Adrenalins zu haben. Dieser Effekt ist insbesondere im Ausdauersport interessant, da eine gesteigerte Anzahl freier Fettsäuren im Blut zu einer optimierten Fettsäureoxidation führt und somit einen glykogensparenden Effekt haben kann. Dies wurde als Hauptwirkung einer Koffeingabe gesehen, wobei die gesteigerte Lipolyse gut belegt ist. Positive Effekte zeigen sich jedoch auch in kürzer andauernden Leistungen, wobei hier eher eine verzögerte Ermüdung als Wirkung diskutiert wird.(1) Nebenwirkungen wie Herzrasen oder Schlafstörungen sowie Kopfschmerzen scheinen insbesondere bei koffeinsensiblen Menschen ein Problem darzustellen. Auch in Bezug auf Koffein ist weiter Forschungsbedarf vorhanden.(6) (Lesen Sie dazu auch: Koffein im Sport – eine gute Idee?)
Fazit
Während die Versprechungen der Nahrungsmittelindustrie meist sehr gut klingen, sieht die Wirklichkeit wesentlich unklarer aus. Leistungssteigernde Effekte sind bei den meisten erlaubten Substanzen nicht gesichert, während Nebenwirkungen kaum ausgeschlossen werden können. Insgesamt ist aus diesem Grund von der Einnahme mutmaßlich leistungssteigernder Substanzen eher abzuraten. Allein das Unterstützen der Basisernährung anhand von Proteinpräparaten kann aus ernährungsphysiologischer Sicht sinnvoll sein. Grundlegend sind das optimale Training und eine optimale Basisernährung der Garant für sportliche Entwicklung und gute Leistungsfähigkeit. Das Einnehmen von Supplementen hingegen birgt eine Reihe von Gefahren wie unerwartete Nebenwirkungen oder das Einnehmen verunreinigter Substanzen und darauf folgend positive Dopingproben.
Tipps für Ihre Ernährung
– Setzen Sie nicht auf leistungssteigernde Substanzen.
– Optimieren Sie zunächst Ihr Training.
– Stimmen Sie Ihre Ernährung klug auf Ihr Training ab.
– Ergänzen Sie gegebenenfalls mit Eiweiß oder Kohlenhydratkonzentraten.
Literaturangaben:
1. Schweizerische Zeitschrift für Sportmedizin und Sporttraumatologie, 2003, Bd. 51 (1), S. 58–79.
2. British Journal of Sports and Medicine, 2011, Bd. 45, S. 530–532.
3. Journal of Applied Physiology, 2003, Bd. 94, S. 651–659.
4. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 2002, Bd. 53 (7), S. 8.
5. International Journal of Sports and Medicine, 1997, Bd. 18, S. 491–496.
6. Journal of Strength and Conditioning Research, 2009, Bd. 23 (1), S. 315–324.
Fachsprache
Kanzerogen – Krebs erzeugend oder Krebswachstum fördernd
Non-Responder – Proband, der im Rahmen einer Behandlung mit einer Substanz oder einer Therapie nicht anspricht oder reagiert.