Verschiedene Kampfsportarten, verschiedene Herkunftsländer! In den folgenden Artikeln reisen wir in die Geburtsländer der jeweiligen Kampfsportarten, um sie uns genauer anzuschauen und um ihren Sinn und Zweck zu verstehen. Heute geht es nach Japan, wo die Kampfkunst Jiu Jitsu ihren Ursprung hat.
Was ist Jiu Jitsu?
Jiu Jitsu ist die erfolgreiche, waffenlose Kampfkunst der Samuraikämpfer. Wortwörtlich übersetzt heißt Jiu Jitsu „die sanfte/nachgebende Kunst“ und kann in jedem Alter erlernt werden. Wichtig bei dieser Kampfkunst ist, nicht seine eigene Kraft mit der des Gegners zu messen, sondern diese gegen ihn zu richten.
Geschichte
Die wahren Ursprünge des Jiu Jitsu können wir heute nicht mehr zurückverfolgen, da sich die erhaltenen Manuskripte widersprechen. Zahlreiche Zeitzeugnisse wurden vernichtet oder von Mythen ersetzt. Eine Geschichte besagt, dass Akiyama Shirobei Yoshitokiein (ein im 16. Jahrhundert in Nagasaki lebender Arzt) eines Winters beobachtete, wie die dicken Äste einer Kiefer unter der Last herunterkommender Schneemassen brachen. Gleichzeitig beobachtete er, wie sich die dünnen Äste einer Weide unter der Last des Schnees so lange herunterbogen, bis der Schnee abglitt, um sich dann unversehrt wieder aufzurichten. Seine Beobachtung inspirierte ihn so sehr, dass er eine Schule namens „Kunst der Nachgiebigkeit“ gründete.
Ziel und Zweck der Anwendung
Diese waffenlose Kampfkunst ist eine effektive Selbstverteidigung (Selbstverteidigung ohne Hilfsmittel (Teil I)). Sie lehrt, wie man einen bewaffneten oder nicht bewaffneten Gegner kampfunfähig machen kann. Dabei werden der Charakter und das Selbstbewusstsein so trainiert, dass der Schüler durch bewusste Selbstbeherrschung gestärkt wird und sogar in einer Konfliktsituation für eine friedliche Lösung sorgen kann.
Besonders geeignet ist diese Art von Selbstverteidigung für Frauen, da die körperliche Masse, sowohl primär als auch sekundär, nicht entscheidend ist.
Jiu Jitsu kann man aus verschiedenen Positionen und veränderten Lagen und in jeder Situation anwenden. Das bedeutet, egal ob man sich in einer Nahkampfsituation oder Bodenkampfsituation befindet, gibt es laut der Philosophie dieser Kampfkunst immer eine Möglichkeit, aus der Gefahrenzone zu entkommen.
Aufbau einer Trainingseinheit und Techniken
Zunächst erlernt der Schüler die Grundtechniken sowie Schlag-, Stoß-, Tritt- und Beintechniken. Diese Grundtechniken werden solange trainiert, bis der Schüler sich selbst kontrollieren und berichtigen kann. Sind diese vom Meister akzeptiert, so kommen Würfe und Hebeltechniken zum Einsatz. Eine weitere Technik, die im Jiu Jitsu vorkommt, ist die aus Indien stammende Massagekunst. Dabei werden Schlagtechniken trainiert, die auf schmerzempfindliche Stellen des Körpers abzielen.
Das Jiu Jitsu Training besteht aus Katatraining, Partnerübungen, Bodenkampf und Wettkampftraining.
Katatraining
Bei diesem Training lernt der Schüler den Kampf gegen einen imaginären Gegner. Das sind auf einander abgestimmte Formen, die überall einheitlich sind.
Alle anwendbaren Techniken, die jemals trainiert werden, kommen in den Katas vor. Je nach Gradierung und Prüfungserfolg wird dem Schüler ein neues Kata beigebracht, welches er immer wieder trainieren und perfektionieren muss.
Partnerübung
Ein so genanntes Rollenspiel, welches aus einem Angreifer und einem Verteidiger besteht. Der Angreifer spielt die aktive Rolle, indem er einen beliebigen Schlag angekündigt ausführt. Unverzüglich danach muss der Verteidiger reagieren und die aktive Rolle übernehmen. Das heißt, die vom Verteidiger angewandte Technik soll so kurz und präzise sein, dass der Angreifer schnell außer Gefecht gesetzt ist. Diese Übungen werden mehrere Male abwechselnd ausgeführt.
Bodenkampf
Eine Partnerübung, die auf dem Boden stattfindet. Beim Bodenkampf trainieren beide Partner. Die erste Trainingsweise beantwortet die Frage, wie ich mich verteidigen/schützen kann, wenn ich am Boden liege. Die zweite Trainingsweise beantwortet die Frage, wie ich den Gegner am Boden umschließe.
Wettkampftraining
Bei diesem Training kämpfen 2 Schüler nach abgesprochenen Kampfregeln gegeneinander. Hierbei ist es Pflicht, Kopf- ,Hand-, Fuß-, und Tiefschutz zu tragen, um das Verletzungsrisiko zu vermindern. Ziel eines Wettkampftrainings ist es wie auch bei anderen Sportarten, wie z. B. Volleyball, zu punkten. Notwendig dafür sind eine gute Schnelligkeit und eine ausgezeichnete Reaktionsfähigkeit.
Gradierung
Wie in vielen anderen Sportarten gibt es auch im Jiu Jitsu eine Farbgradierung. Die Farbgradierung sagt aus, in welcher Rangklasse der Schüler sich befindet. Diese Gürtel werden nach einer erfolgreichen Prüfung vom Meister übergeben. Traditionell entscheidet der Meister, wann der Schüler für eine Prüfung bereit ist.
Die Farbgradierung sieht wie folgt aus:
Weiß, gelb, orange, grün, blau, braun, 1.-5. Dan schwarz, 6.-8. Dan weiß/rot, 9.-10. Dan rot.
Fazit
Zusammenfassend ist Jiu Jitsu für Menschen, die eine Selbstverteidigung erlernen möchten oder die ihr Selbstbewusstsein stärken möchten, geeignet. Jugendliche und Kinder können diese Kampfkunst wunderbar erlernen und vielseitig anwenden. Nicht zuletzt hilft es auch, die eigene Aggressivität zu kontrollieren und zu beherrschen. Erlernt man diesen Kampfsport korrekt, so wird man verstehen, dass die eigentliche Kunst darin besteht, den Kampf zu vermeiden.
Vahab Yektapour
Quellenangaben:
1. Das Jiu Jitsu Brevier- ein Buch v. P. Nehls. D. Rast
2. Jiu Jistu Effektives Training von Christian Braun