Fußball Coaching: Taktikanalyse des FC Barcelona – Teil 1

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Ausgangssituation

Ausgangssituation

Der FC Barcelona ist im Moment die wohl beste Vereinsmannschaft der Welt. Dadurch ergibt sich auch die Ausgangssituation für das Team von Pep Guardiola automatisch. Sie gehen in jedes Spiel als klarer Favorit, gestalten das Spiel und agieren, während so gut wie jeder Gegner ein sehr defensives Konzept verfolgt und wenn überhaupt, dann nur Nadelstiche in der Offensive setzt. Diese Taktik verfolgen sogar Spitzenteams wie Real Madrid im direkten Duell gegen das Starensemble. Die Ballbesitzquoten von über 70% ergeben sich einerseits aus der Spielweise und –philosophie der Katalanen (das mittlerweile weltberühmte Tiqui Taca), zum anderen aber auch aus der destruktiven und reagierenden Ausrichtung der meisten Kontrahenten. Wie zeichnet sich nun das Spiel in der Offensive und in der Defensive aus, welche Muster wiederholen sich mit dem Ball und gegen den Ball, kann man eine strikte Grundausrichtung erkennen und benennen und was sind die prägenden taktischen Elemente, die der FC Barcelona nahezu perfektioniert hat? Diese Fragen sollen im Folgenden erörtert werden.

 

Die Grundformation

Eine klassische Grundformation wie bei anderen Teams gibt es kaum, zu variabel tritt der FC Barcelona in seinen Spielen auf. Hieraus ergibt sich auch die größte Stärke des Spiels der Mannen um Lionel Messi und zwar die Unberechenbarkeit.

Will man das Spielsystem aber doch irgendwie eingrenzen, es wie vor jedem Spiel in einer Live-Übertragung dem Zuschauer als taktische Ausrichtung präsentieren, so findet sich meist das 4-3-3. Jedoch ließ Guardiola diese Saison auch schon häufiger mit Dreierabwehrkette spielen. Abhängig macht der Startrainer dies vom eingesetzten Personal, verfolgt er doch eine Rotation, wie man sie beispielsweise von Ottmar Hitzfeld beim FC Bayern München kannte.

Das 4-3-3 geht auf die Grundphilosophie bzw. auf die Basis der katalanischen Fußballphilosophie zurück, den niederländischen Voetbal Total, wie er unter Cruyff entstand und wie er bei Ajax Amsterdam noch immer verfolgt wird. Diese Idee des totalen Fußballs liegt dem Tiqui Taca zugrunde. Man könnte behaupten, die Katalanen entwickelten diese Idee weiter und formten daraus die nächste Evolutionsstufe mit dem Ziel, dem perfekten Spiel noch ein Stück näher zu kommen.

 

Die offensive Raumaufteilung bei tiefstehenden Gegnern

Drückend überlegen, stets in der gegnerischen Hälfte, so gut wie immer am Ball, das ist das Spiel von Barca. Diese Überlegenheit spielen sie clever, geduldig und ohne unnötige Hast aus. Teilweise

Offensive Raumaufteilung bei tiefstehenden Gegnern ist eine Taktik des FC Barcelona

Offensive Raumaufteilung bei tiefstehenden Gegnern

erinnert das Offensivspiel an Handball, gerade gegen sehr destruktive und unterlegene Gegner. Sie legen sich ihren Gegner sprichwörtlich zurecht, um dann im richtigen Moment zuzuschlagen. In diesem Fall kann man erkennen, wie der FCB den Gegner einschließt. Ihre Raumaufteilung ähnelt der einer Handballmannschaft um den gegnerischen Kreis. Statt eines Kreisläufers haben sie drei Spieler im Zentrum der Offensive, die ständig rochieren und Räume schaffen. Die Flügel bleiben bis beinahe Sechzehnerhöhe besetzt, die Außenverteidiger rücken auf, der „Sechser“ ist mit der Mitteposition im Handballsport zu vergleichen. Als Absicherung und Anspielstationen nach hinten dienen die beiden Innenverteidiger. Die folgende Grafik verdeutlicht die taktische Ausrichtung im beschriebenen Fall.

 

Die Defensive

Bei Ballverlusten kommt es umgehend zu aggressivem Gegenpressing mit dem Ziel, den Ball sofort nach Verlust zurückzuerobern. Meist gelingt das sehr gut. Schlägt dies fehl, arbeiten mit Ausnahme von Messi (er bleibt meist in der Offensive) alle nach hinten.

Die Defensive des FC Barcelona passt in die ausgeklügelte Taktik

Die Defensive des FC Barcelona

Bei gegnerischen Abschlägen ist eine Ausrichtung zu beobachten, die man am besten mit einem 4-1-4-1 oder einem 5-4-1 beschreiben kann. Der „Sechser“ rückt hier sehr oft mit in die Viererkette, positioniert sich zwischen den Innenverteidigern, um dann jedoch wieder nach vorne zu verteidigen, vor allem, wenn der Ball ins Zentrum geschlagen wird. Landet der Ball auf dem Flügel, schiebt der jeweilige Außenverteidiger vor, der Sechser bleibt bei Bedarf in der Kette. Grafik 2 soll einen Eindruck davon vermitteln.

 

Ausblick

Teil 2 wird das Passspiel, das Pressingverhalten und das Positionsspiel der Katalanen in den Mittelpunkt stellen. Zudem wird der schnelle, überfallartige Gegenangriff skizziert, der dem Team um Iniesta als probates Mittel zur Verfügung steht, sollte der Gegner offensiver agieren.

Um alle Feinheiten des höchst imposanten Spiels des FC Barcelona zu erfassen, kann man nur raten, so viele Spiele wie möglich live zu sehen. So kann man die Struktur und den Aufbau hinter dem Zauber mit dem Ball erkennen.

 

Benjamin Götz

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