Motivationssteigernde Verfahren im Leistungssport

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Mentale Stärke, Angstgegner, Leistungsdruck, Respekt, Zielsetzung! Im Rahmen dieses Artikels werden Möglichkeiten der Motivationssteigerung im Leistungssport beleuchtet.

Nach Engel(1) kann jeder Mensch als ein bio-psycho-soziales Konstrukt verstanden werden. Aufgrund der Interaktion der 3 Kompartimente untereinander stellt die Psyche einen essentiellen Faktor für den Menschen und dessen Handeln dar. Bezogen auf den Sport und hier insbesondere den Leistungssport, dessen wesentliches Charakteristikum die Leistungssteigerung darstellt, ist somit der Einsatz adäquater Methoden der Psychologie unabdingbar. Denn motivationale Aspekte können z. B. Einfluss auf die Art, Intensität, Regelmäßigkeit und Langfristigkeit der Durchführung sportlicher Aktivitäten eines Individuums nehmen.(2)

Grundlage jedes Motivationsprogramms bilden die jeweiligen Motive des Sportlers, die zur Bezeichnung von thematisch abgrenzbaren Bewertungsdispositionen dienen.(3) Denn Motivation entsteht durch das Zusammenwirken von situativen Anreizen und den Motiven. Der motivierende Antrieb zu einer sportlichen Betätigung besteht im individuellen Anreiz, der mit der sportlichen Handlung selbst bzw. mit deren zu erwartenden Konsequenzen assoziiert wird. Für den Trainer oder Sportpsychologen gilt es zum einen, genau das zu finden, was der Sportler erreichen oder vermeiden will, um so dessen Verhalten zu lenken,(4) zum anderen im Prozess der Motivation die Kognitionen und Emotionen zu beachten.(5) Typische Beweggründe (Motive) für das Sporttreiben können sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene beispielsweise in den damit verbundenen sozialen Kontakten, in gesundheits- und fitnessbezogenen Aspekten, im Leistungsvergleich oder der individuellen Leistungssteigerung sowie in der Möglichkeit zum Stress- und Spannungsabbau bestehen.(6) Welche Programme und Methoden eines mentalen Trainings können nun konkret in der Praxis eingesetzt werden?

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1. Zielsetzung

Eine Zielsetzung mit Grob-, Fein- und Feinstzielen ist nicht nur Bestandteil der Trainingssteuerung (5-Stufen-Modell der Trainingssteuerung), sondern auch essentiell für die Motivation. Die Motivation ist hierbei besonders hoch (intrinsisch [= primäre] Motivation), wenn das Ziel, bezogen auf die Handlung, und das Motiv, in Bezug auf den Menschen, übereinstimmen, also handlungs- und nicht ergebnisorientiert ist.(7) Eine konkrete Zieldefinition besteht aus Inhalt, Ausmaß und Zeit, orientiert sich an der SMART-Formel und setzt das Bewusstwerden der eigenen Motive und Bedürfnisse voraus.

Im Folgenden 2 exemplarische Zielsetzungen:

– „Ich reduziere meinen Körperfettanteil bis 10.02.2012 um 3 %“.

– „Ich steigere meine maximale Kraftleistung im Bankdrücken bis zum 22.03.2012 um 5 kg.“

 

Ein Ziel ist SMART, wenn es folgende 5 Punkte berücksichtigt(8):

S

Spezifisch

Ziele müssen eindeutig definiert sein

M

Messbar

Ziele müssen messbar sein

A

Akzeptiert

Ziele müssen von den Empfängern akzeptiert werden/sein

R

Realisierbar

Ziele müssen erreichbar sein

T

Terminierbar

zu jedem Ziel gehört eine klare Terminvorgabe

2. Sprachliche Motivation

Abb. 1: Ziele der Gesprächsführung (Frester, 2000, S. 50)

Abb. 1: Ziele der Gesprächsführung (Frester, 2000, S. 50)   © trainingsworld.com

Der Trainer oder Psychologe kann mit Worten die Motivation des Athleten erhöhen, sollte hierbei allerdings auf das Vermeiden von Negationen in der Sprache achten.(7) Es ist wichtig den Athleten sehr gut zu kennen, denn mit Worten kann auch genau das Gegenteil erreicht werden. Auswirkungen von Gesprächen mit und Anweisungen an den Athleten sind in Abbildung 1 veranschaulicht. Doch nicht nur die externe Motivation durch den Trainer oder Psychologen hat große Auswirkungen auf die Leistung des Sportlers. Bei vielen Sportarten ist es sinnvoll, sich den „Bewegungsablauf per Selbstgespräch“ zu vergegenwärtigen.(9) Dabei vollzieht der Athlet verbal und zeitlich exakt die einzelnen Bewegungsschritte durch und findet bereits in der Ruhe in seinen Bewegungsrhythmus.

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Tipps für die Praxis

Sprachliche Motivation seitens des Trainers:

– „Trau Dich“

– „Halte durch“

– „Du schaffst es“

 

Sprachliche Motivation seitens des Athleten:

– „Ich gewinne“

– „Ich treffe das Tor“

– „Ich zeige jetzt meine Bestleistung“

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3. Selbstsuggestionen und Affirmationen

Diese beiden Methoden aus der kognitiven Verhaltenstherapie sind wichtig für die Veränderung des Selbstbilds und werden vom Autor seit Jahren erfolgreich in der Praxis mit Patienten angewandt. Selbstsuggestion bedeutet, eine „Aussage zur eigenen Person in Form einer Suggestionsformel“(10) zu tätigen, um so auf sich selbst einen unterbewussten Einfluss auszuüben. Als Affirmation wird die autosuggestive Selbstbejahung und Bekräftigung mithilfe verbaler Formeln bezeichnet. Die Bedeutung und Wirkstärke autosuggestiver Prozesse zeigen sich auch darin, dass negative Formulierungen wie beispielsweise „Das kann ich nicht schaffen!“ zu kaum überwindbaren Blockaden führen können.(10)

 

Tipp für Athleten

Eine korrekte Formulierung ist für beide Methoden sehr wichtig. Es hat sich als hilfreich erwiesen mit überzeugter und lauter Stimme zu sprechen. Ist die Person dabei entspannt (alpha-Zustand), können die Worte ins Unterbewusstsein dringen.(11)

 

Beispiele für Autosuggestionen:

– „Ich bin vollkommen entspannt“

– „Ich bin absolut siegessicher“

– „Ich konzentriere mich auf meinen Gegenspieler“

 

4. Das Selbstregulationsmodell der Leistungsmotivation

Dieses Modell bezieht sich auf die Selbstbekräftigung bzw. den Selbstbewertungscharakter von Affekten im Zusammenhang mit leistungsbezogenem Verhalten.(12) Werden die Selbstbekräftigung oder die Selbstbewertung vom Individuum eigens vorgenommen, resultiert ein gewisses Maß an Autonomie, das der Sportler gegenüber fremdvermittelten Folgen besitzt. Bei der Bewertung ist zu beachten, dass Erfolge den eigenen Fähigkeiten zuzuschreiben und Misserfolge auf mangelnde Anstrengung zurückzuführen sind (Erfolgsorientierung). So wird eine positivere Selbstbewertungsbilanz als bei misserfolgsorientierten Sportlern erreicht, welche ihre Niederlagen mit den eigenen Fähigkeiten begründen, und zwar bei gleicher Anzahl von Erfolgen und Misserfolgen. Damit Misserfolgsorientierte ihre negative Spirale verlassen können, bietet DeCharms(13) folgende Optionen an:

1. sich selbst realistische, aber anspruchsvolle Ziele setzen

2. eigene Stärken und Schwächen kennen

3. Selbstvertrauen in die Wirksamkeit eigenen Handelns aufbauen

4. konkrete Verhaltensweisen bestimmen, mit denen man jetzt seine Ziele erreichen kann

5. Rückmeldung über die Erreichung des Ziels einholen

6. Selbstverantwortung für eigenes Handeln und dessen Folgen übernehmen.

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Fazit

Als Quintessenz ist festzuhalten, dass jeder Mensch ein individuelles bio-psycho-soziales Konstrukt darstellt und dementsprechend ein individuelles, wie ein Fingerabdruck abgestimmtes, Motivationsprogramm benötigt. Aus dem Portfolio an Optionen der Motivationslenkung sind basierend auf den Motiven des Athleten jene zu wählen, welche die Motivation unterstützen. Es ist zudem wichtig, nicht zu versuchen, dem Athleten die Motivation aufzuzwängen, sondern ihn dabei zu unterstützen, eine möglichst hohe intrinsische Motivation aufzubauen.

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Tipps zur Motivation

– Wandeln Sie negative Faktoren in positive um.

– ABER: Lügen Sie sich nicht selbst in die eigene Tasche.

– Stellen Sie ein Lebenskonzept auf.

– Wie möchte ich leben?

– Welchen Stellenwert nimmt die Arbeit in meinem Leben ein?

– Wie können die Rahmenbedingungen in meinem Beruf beschrieben werden?

– In welche sozialen Netze bin ich eingebunden?

– Erkennen Sie den Sinn.

– Stellen Sie einen Zeitrahmen auf und vermeiden Sie Durststrecken.

– Formulieren Sie Ziele.

 

Gabriel Duttler, Matthias Engel & Maite Iriarte Rego

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Literaturangaben:

1. Engel, G. L., 1977, The need for a new medical model: a challenge for biomedicine. Science Bd. 196, S. 129–136.

2. Gabler, H., 2002, Motive im Sport. Motivationspsychologische Analysen und empirische Studien. Schorndorf: Hofmann.

3. Schmalt, H.-D. & Langens, T., 2009, Motivation (4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage.). Stuttgart: Kohlhammer.

4. Syer, J. & Connolly, C., 1987, Psychotraining für Sportler. Reinbek: Rowohlt.

5. Gabler, H., Nitsch, J.R. & Singer, R., 2004, Einführung in die Sportpsychologie. Schorndorf: Hofmann.

6. Alfermann, D., Saborowski, C. & Würth, S., 1997, Soziale Einflüsse auf die Karriereübergänge bei jugendlichen Athletinnen und Athleten in Großbritannien und den neuen Bundesländern. Unveröffentlichter Forschungsbericht, Universität Leipzig.

7. Baumann, S., 2009, Psychologie im Sport (5. überarb. Aufl.). Aachen: Meyer und Meyer.

8. Christiani, A., 2003, Weck den Sieger in dir! In 7 Schritten zu dauerhafter Selbstmotivation (4. Auflage). Wiesbaden: Gabler.

9. Mayer, J. & Hermann, H.-D., 2009, Mentales Training. [Grundlagen und Anwendung in Sport, Rehabilitation, Arbeit und Wirtschaft] ; mit 3 Tabellen. Heidelberg: Springer.

10. Porter, K. & Foster, J., 1988, Mentales Training. Der moderne Weg zur sportlichen Leistung (2. Aufl.). München: BLV Verl.-Ges.

11. Enkelmann, N. B., 2003, Glückstraining. Frankfurt a. M: mvg.

12. Heckhausen, H., 1989, Motivation und Handeln (2. Auflage). Berlin: Springer.

13. DeCharms, R., 1968, Personal causation: The internal affective determinants of behavior. New York: Academic Press.

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