Lässt sich die VO2max anhand der Herzfrequenzvariabilität berechnen? Die Ergebnisse 

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In einer Studie sollte untersucht werden, ob sich die maximale Sauerstoffaufnahme vorhersagen lässt. Die Ergebnisse verblüffen, aber nach ersten Erkenntnissen ist dies derzeit noch nicht valide möglich. 

Die Ergebnisse verblüffen 

Die maximale Sauerstoffaufnahme lag bei den männlichen Athleten im Mittel bei 52,47 ml/min/kg (SD 6,0 ml/min/kg) und bei den weiblichen Athleten bei 48,0 ml/ min/kg. Die Prädiktion der maximalen Sauerstoffaufnahme lag bei herzfrequenzvariabilitätsbasierter Bestimmung bei 65,2 ml/ min/kg für die männlichen und 49,8 ml/ min/kg für die weiblichen Athleten. Laktat- basiert ergab sich eine Prädiktion von 59,0 ml/min/kg für die männlichen und 49,8 ml/ min/kg für die weiblichen Athleten. 

Im Ergebnis zeigte sich, dass die gemessene maximale Sauerstoffaufnahme im Mittel unter den Voraussagen des Herzfrequenzmessgerätes und auch der Ergonizer Laktatsoftware lagen. Zwischen den gemessenen Werten der maximalen Sauerstoffaufnahme und der Prädiktion durch die Herzfrequenzvariabilitätsbasierten konnte kein statistisch relevanter Zusammenhang festgestellt werden. 

Tendenziell besser lag die laktatbasierte Prädiktion von Ergonizer, bei der immerhin ein schwacher Zusammenhang erkennbar war. 

Wie wichtig ist die Sauerstoffaufnahme? 

Zusammenfassend zeigte sich, dass die Prädiktion der maximalen Sauerstoffaufnahme anhand der Herzfrequenzvariabillität unter Berücksichtigung personenbezogener Daten derzeit nicht valide ist. Allerdings zeigten sich im Rahmen der Arbeit interessante Einzelfallbeobachtungen. Bei 2 männlichen Athleten, die professionell Triathlon auf der Langdistanz betreiben und Podiumsplatzierungen auf der Langdistanz aufweisen können, wurden erhebliche Unterschiede in der maximalen Sauerstoffaufnahme gemessen. Während Athlet 1 bei 74 ml/ min/kg lag, erreichte Athlet 2 „nur“ 52 ml/ min/kg. Es zeigt sich somit erneut, dass die maximal gemessene Sauerstoffaufnahme nicht grundlegend als erfolgsbestimmender Faktor gelten kann. Vielmehr scheint die Ausnutzung der metabolischen Systeme ein erfolgsbestimmender Faktor zu sein. 

In der leistungsdiagnostischen Praxis sind somit Informationen zu den Atemäquivalenten für Sauerstoff (V’E/VO2). Auch die Ventilatorische Schwelle 1 (VT1) bzw. die Sauerstoffaufnahme im Bereich der VT 1 sind wichtige Kenngrößen zur Beurteilung der aeroben Leistungsfähigkeit. Möglicher- weise wird die maximale Sauerstoffaufnahme in der Relevanz gerade bei Ausdauersportarten, bei denen Wettkampfleistungen nicht im Bereich der VO2max stattfinden, in der Literatur überschätzt. Hinweise dazu finden sich auch in aktuellen Studien, die darauf hindeuten, dass die maximale Sauerstoffaufnahme bei leistungsdiagnostischen Testverfahren mit ansteigender Belastungskonfiguration im Rampen- oder Stufendesign nicht valide erfasst werden können5. Auch in der sportwissenschaftlichen und sportmedizinischen Beratung im Rahmen leistungsdiagnostischer Untersuchungen ist das Beurteilen der Entwicklung von metabolischen, kardialen und pulmonalen Faktoren im Belastungsverlauf wichtig. Erreichte Maximalwerte hingegen sind hingegen bezogen auf trainingsrelevante Fragen nicht von Interesse. 

Lesen Sie auch Teil 1 Lässt sich die VO2max anhand der Herzfrequenzvariabilität berechnen?.

Weitere Artikel:

Die maximale Sauerstoffaufnahme wird oft ungenau bestimmt

Literatur: 

1 Meyer, T. & Kindermann, W. (1999). Die maximale Sauerstoffaufname. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 50 (9), S. 285-286. 

2 Neumann, G. Pfützner, A. & Berbalk, A. (2005). Optimiertes Ausdauertraining. Meyer & Meyer: Aachen. 

3 Väinämö, Nissilä, Mäkikallio, Tulppo, Röning. Artificial neural networks for aerobic fitness approximation. Proceedings of International Conference on Neural Networks(ICNN), Washington DC, June 3-6, 1996, pp 1939-1949. 

4 Väinämö, Mäkikallio, Tulppo, Röning. A neuro- fuzzy approach to aerobic fitness classification: a multistucture solution to the context-sensitive feature selection problem. Proceedings of IEEE World Congress on Computational Intelligence, Anchorage, May 4-9,1998. 

5 Noakes, T. (2012). The Central Governor Model in 2012: eight new papers deepen our understanding oft he regulation of human exercise performance. British Journal of Sports Medicine, 46 (1), S. 1–3. 

6 Beltrami FG, Froyd C, Mauger A, (2013) Conven- tional testing methods produce sub-maximal values of maximum oxygen consumption. British Journal of Sports Medicine, 46 (1), S. 23–29.

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Über den Autor

Dennis Sandig

Dennis Sandig arbeitete als Sportwissenschaftler am Institut für Sportwissenschaften der Julius-Maximilians Universität in Würzburg. Aktuell ist er bei der Deutschen Triathlon Union als Wissenschaftskoordinator und Referent für Bildung zuständig, sowie für das umfassende Aus- und Fortbildungsprogramm für Coaches im Triathlon.

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