Königsdisziplin Intervalltraining: Ideal für Tempo und Grundlagenausdauer

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Grundlagenausdauer vs Intervalltraining! Die Grundlagenausdauer spielt im Gegensatz zum Intervalltraining in den Ausdauersportarten eine wichtige Rolle. Deshalb empfehlen Trainer und Sportverbände in ihren Rahmenrichtlinien oft phasenweise ausschließlich ein Grundlagenausdauertraining in geringer Intensität. Aber ist das sinnvoll?

Intervalltraining und Grundlagenausdauer

Das Intervalltraining wird vor allem in der Vorbereitungsperiode eher kritisch betrachtet, da negative Auswirkungen befürchtet werden. Dennis Sandig erklärt Ihnen einige Zusammenhänge im Intervalltraining und führt aus, warum das Intervalltraining ganzjährig eingesetzt werden kann.

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Das Training in den verschiedenen Sportarten orientiert sich immer an der Beanspruchung, die in einem Wettkampf gefordert wird. So lassen sich die einzelnen Komponenten gezielt trainieren und verbessern. Das ist deshalb so wichtig, weil das Training einzelner Komponenten von anderen beeinflusst werden kann.

Um gezielte Verbesserungen in reaktiven Kraftfähigkeiten anzustreben, muss das Training in ausgeruhtem Zustand und deshalb zeitlich getrennt vom Ausdauertraining erfolgen. Schaut man sich nun die Belastungsstruktur der klassischen Ausdauersportarten an, wird deutlich, dass gerade im Triathlon und im Langstreckenlauf gleichmäßige Belastungen das Wettkampfgeschehen dominieren.

Im Radsport sind die Belastungen schon wesentlich breiter gestreut. Aufgrund der Annahme, dass im Mittel die Belastung gleichmäßig bleibt und somit intensive Belastungen kaum eine Rolle spielen, setzten sich Trainingsempfehlungen durch, die hauptsächlich auf die Entwicklung von Grundlagenausdauer abzielen.

Intensives Training negativ für die Grundlagenausdauer?

Intervalle werden in diesem Zusammenhang eher selten empfohlen. Teilweise finden sich sogar Vermutungen in der Trainingsliteratur, dass sich ein intensives Training negativ auf die Grundlagenausdauer auswirken könnte. Im Bereich der Trainingslehre wird das Zusammenwirken solcher Effekte jedoch weitaus differenzierter betrachtet. Gerade ein negativer Einfluss auf die Grundlagenausdauer kann in der Forschung nicht bestätigt werden.

Vielmehr zeigen sich in Abhängigkeit von den Erholungsphasen unterschiedliche Wirkungen, denen eher positive Entwicklungen zuzuschreiben sind. Dazu kommt, dass je nach Intervallkonfiguration auch die Wirkungen variieren können.

Beachten Sie, dass intensive Trainingsformen immer durch eine ausreichende Regeneration kompensiert werden müssen.

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Intensiver Stoffwechsel

Die aerobe Energiebereitstellung arbeitet ökonomischer als die anaerobe. So können lockere Belastungen länger aufrechterhalten werden als die intensiven Leistungen oberhalb der anaeroben Schwelle. Aufgrund des geringeren Energiedurchsatzes kann das aber nur für geringe Intensitäten gewährleistet werden. Steigt die Beanspruchung, werden zunehmend anaerobe Stoffwechselwege mobilisiert, so dass mehr Energie bereitestellt wird.

Nur so kann die muskuläre Bewegung weiter fortgeführt werden. Zunehmend anaerobe Belastungen sind also gekennzeichnet von einem höheren Energiedurchstz pro Zeit in einem Muskelabschnitt. Allerdings steigt so auch die Ermüdung sehr stark an, da vermehrt Laktat und andere Stoffwechselzwischenprodukte – wie z. B. Ammoniak – angehäuft werden.

Der pH-Wert des Blutes steigt. Da auch in Ruhe immer wieder kurzzeitig Bewegungen mit plötzlich ansteigendem Energiebedarf vorkommen, sind Laktatwerte von 0,8 – 1,5 mmol/l Blut normal.

Vorteile eines intensiven Intervalltrainings

Die Grundlagenausdauer wird vornehmlich in der Dauermethode trainiert. Dabei werden bei gleichmäßigem Tempo unterhalb der individuellen anaeroben Schwelle angesiedelte Ausdauerreize gesetzt. Trainieren Sie ausschließlich Ihre Grundlagenausdauer, können die anaeroben Kapazitäten deutlich an Leistungsfähigkeit verlieren.

Das liegt daran, dass die an der anaeroben Energiebereitstellung beteiligten Enzymsysteme erst dann massiv angesprochen werden, wenn eine anaerobe Energiegewinnung gefordert wird. Entgegen früheren Annahmen scheint man zudem auch über ein intensives Training wichtige Effekte für die Ausdauerleistungsfähigkeit grundlegend trainieren zu können.(1)

Die Wirkung von anaeroben Intervallen auf die aerobe Leistungsfähigkeit

So verbessern Sie mit gezielten anaeroben Intervallen auch Ihre aerobe Leistungsfähigkeit. Das zeigen verschiedene Studien, in denen unterschiedliche Intervallformen in Bezug auf die Trainingsanpassungen untersucht worden sind.(2) Interessanterweise sollen Intervalle neben der Wirkung auf die metabolischen Prozesse auch die Bewegungsökonomie verbessern.

Das könnte daran liegen, dass die motorischen Programme bei mehr Intensität auch deutlich höhere Innervationsraten aufweisen, und so auch in der Koordination Lerneffekte zu erwarten sind.

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Welche Formen von Intervalltraining gibt es?

Neben intensiven Intervallen in verschiedenen Belastungskonfigurationen gibt es auch extensive Intervalle. Während Letztere eher im Bereich der anaeroben Schwelle stattfinden, sind intensive Intervalle oberhalb davon angesiedelt. Auch die richtige Pausengestaltung ist ein wichtiger Aspekt bei der Trainingsplanung.

Grundsätzlich sind viele weitere Belastungsformen denkbar. Letztendlich sollte die Planung von Intervallen immer eng an Ihren Fähigkeiten ausgerichtet sein. Wird Ihre persönliche Kondition berücksichtigt, sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt!

Wer profitiert vom Intervalltraining?

Auch wenn das Intervalltraining in verschiedenen Vergleichsstudien einem kontinuierlichen Training überlegen ist, müssen Sie solche Studien mit Vorsicht interpretieren. In einem „Internet Triathlon Magazin“ wurde kürzlich eine Studie zum Intervalltraining vorgestellt. Darin war von Tabata–Intervallen die Rede.

Der Name des Studienverfassers wurde dabei einfach auf alle Trainierenden übertragen. Von dem propagierten Motto „Trainieren Sie weniger, und profitieren Sie von den Effekten der Intervalle“ sollten Sie aber erst einmal Abstand nehmen.

Denn ein intensives Intervalltraining kann zwar aerobe und anaerobe Kapazitäten beeinflussen, bedeutet aber nicht automatisch, dass Sie das Grundlagentraining allein durch Intervalle ersetzen können!

Der intelligente Einsatz von Trainingsintervallen

Je nach Sportart bleiben Ihnen Grundlagenkilometer nicht erspart. Auf der anderen Seite kann der intelligente Einsatz solcher Intervalle nicht oft genug gefordert werden. Gerade wenn Sie bereits ein hohes Trainingsalter haben, können Sie vom Intervalltraining profitieren. Das gilt auch, wenn Sie schon eine sehr gut ausgeprägte Grundlagenausdauer haben. Gerade dann sind intensive anaerobe Intervalle eine vielversprechende Möglichkeit, neue Trainingsanpassungen zu erreichen.(3)

Ein intensives Training benötigt aufgrund der größeren Ermüdung längere Regenerationszeiten. Sie sollten deshalb, wenn Sie Intervalle trainieren, während der Pausen immer Ihren Puls im Blick haben. Geht Ihre Herzfrequenz in der Pause nicht mehr deutlich zurück, sollten Sie die Intervallserien beenden!

Welche Arten von Intervallformen gibt es?

Tabelle 1: Die verschiedenen Intervallformen

Dauer Pause Intensität Methode
40 Sekunden 20 Sekunden maximal intensiv
30 Sekunden 30 Sekunden maximal intensiv
60 Sekunden 20-30 Sekunden maximal intensiv
2 Minuten 2 Minuten 95-104 % IAS* extensiv
4 Minuten 2 Minuten 95-104 % IAS* extensiv

* IAS – individuelle anaerobe Schwelle

Mehr zum Thema: Intervalltraining in der Triathlonvorbereitung

Wann soll ich mit Intervalltraining beginnen?

Immer wieder liest man, dass Intervalle vor allem in den Ausdauersportarten erst nach der Vorbereitungsperiode trainiert werden sollten. Allerdings verlieren Sie so wichtige Anpassungsmöglichkeiten. Um Ihre Form nicht zu riskieren, müssen Sie aber auf jeden Fall darauf achten, dass die Intervalle immer wieder von Phasen mit reinem aerobem Ausdauertraining unterbrochen werden.

Fazit

Ihr Training sollte immer ausgewogen bleiben, und lange Zeiträume mit Konzentration auf einzelne Stoffwechselbereiche sind nicht zu empfehlen. Das gilt für alle Sportarten.

Dennis Sandig M.A., Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Julius-Maximilians- Universität Würzburg und Doktorand an der Universität des Saarlandes; Mitbegründer der iQ athletik GmbH

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Quellenangaben

1. Medicine and Science in Sports and Exercise, 1996, Bd. 28 (10), S. 1327–1330.

2. Medicine and Science in Sports and Exercise, 1997, Bd. 29 (3), S. 390–395.

3. Sports Medicine, 2002, Bd. 32 (1), S. 53–73.

 

Fachsprache:

Intervalle – Abschnitte im Training, die mit besonderen Inhalten gefüllt werden

Grundlagenausdauertraining – Training in geringer Intensität, mit dem insbesondere der Fettstoffwechsel optimiert werden soll

Anaerobe Schwelle – Punkt in der Laktatkurve, an dem sich die Laktatproduktion und der Laktatabbau noch die Waage halten

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Über den Autor

Dennis Sandig

Dennis Sandig arbeitete als Sportwissenschaftler am Institut für Sportwissenschaften der Julius-Maximilians Universität in Würzburg. Aktuell ist er bei der Deutschen Triathlon Union als Wissenschaftskoordinator und Referent für Bildung zuständig, sowie für das umfassende Aus- und Fortbildungsprogramm für Coaches im Triathlon.

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