3. Yoga-Prinzip: Das energetische Gleichgewicht finden

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Wir sind jetzt und für alle Zeit den Kräften des Universums unterworfen. Im Samkhya, einem der sechs orthodoxen Systeme der indischen Philosophie, gliedert sich das Universum in purusha oder Bewusstsein und prakriti oder Natur/Materie.

Prakriti besteht aus drei Qualitäten oder gunas. Sie stehen für die natürlichen geistigen und emotionalen Neigungen, in denen die tieferen Qualitäten des Geistes und der Weisheit zum Ausdruck kommen. Die einzigartige Mischung der Gunas verleiht jedem Menschen sei- ne energetische Zusammensetzung und sein Selbst- empfinden. Dieses Modell hilft uns, die Muster unserer Gedanken und Gefühle zu analysieren und zu verstehen, und findet unmittelbare Anwendung in unserer Art, Yoga zu praktizieren und zu lehren. (Man kann diese Quelle philosophischer Erkenntnis nutzen, ohne gleich die gesamte Samkhya-Philosphie oder ihre dualistische Lehre vom Sein zu übernehmen.)

Die drei Gunas sind rajas, tamas und sattva

– Von Verlangen getrieben, kreist Rajas so stark um das Gefühl, es würde etwas brauchen oder könnte etwas verlieren, dass es zur Besessenheit wer- den kann. Wir fürchten den Verlust dessen, was wir zu brauchen glauben, wenn wir nichts dagegen unternehmen. Wenn es uns gelingt zu bekommen, was wir begehren, kehren wieder Ruhe und Ausgeglichenheit in unserem Denken ein (die Stimmung kann aber auch in Verlustangst umschlagen). Rajas bringt eine starke Dynamik mit sich, die uns anspornt, voller Begeisterung und Leidenschaft in der Welt zu handeln – das Denken stets von Angst oder Erwartung erfüllt, wie sich die Dinge am Ende entwickeln werden. Eine ausgeglichene rajasische Energie sorgt da- für, dass wir morgens gut aus dem Bett und energiegeladen durch den Tag kommen. Ist zu viel davon vorhanden, kann sie uns aber auch daran hindern, abends einzuschlafen oder Zufriedenheit in unserem Alltag zu finden.

Tamas spiegelt einen verwirrten Geist, was zu Unentschlossenheit, Trägheit und Passivität führt. Es ist das Gefühl, nicht zu wissen, was man fühlt, will oder braucht. Sind wir in diesem Trend gefangen, können wir uns oder anderen mit unserem Verhalten schaden. Tamas ermöglicht es uns aber auch, zur Ruhe zu kommen, zu entspannen und unsere Energiereserven mit Ruhe und Schlaf aufzufüllen.

Sattva beschreibt eine ruhige und klare Gemütsverfassung, ein Gefühl von Vollständigkeit und Erfüllung. Von dieser Leichtigkeit, Klarheit und Ruhe erfüllt, sind wir uns selbst und anderen gegenüber freundlicher und aufmerksamer. Der Yogaphilosophie zufolge ist dies unser natürlicher Geisteszustand, obwohl es oft den Anschein hat, als ginge er in den wechselnden Strömungen unseres Lebens unter. Mit sattvischer Energie können wir mühelos in der Welt handeln, da unser geistiges Gleichgewicht nicht von Äußerlichkeiten abhängig ist. So können wir unser Leben in größerer Harmonie mit uns und anderen leben.

Bei jedem Menschen sind alle Ginas vorhanden

Im Leben eines jeden Menschen sind stets alle drei Gunas zu einem gewissen Maß vorhanden. Sie prägen seine Einstellung, sein Wesen und sein Potenzial. Statt diese Neigungen als gut oder schlecht einzustufen, können wir durch sie zu der Einsicht gelangen, wie wir innerlich empfinden und wie wir mit den anderen Menschen in unserem Leben um- gehen. Im normalen Leben fühlen wir uns meist zu Menschen und weltlichen Dingen hingezogen. Daran ist nichts auszusetzen. Viel wichtiger ist die Qualität dieser Anziehung. Was uns anzieht, beschäftigt meist auch unseren Geist. Wenn wir nach mehr Klarheit streben, vermittelt uns das Gewahrsein dessen, worauf wir unsere Aufmerksamkeit und unsere Energie – auch bei den einfachsten Alltagstätigkeiten – richten, Einsicht in das, was ihr im Wege steht.

Gesundes Gleichgewicht der Ginas suchen

In der Samkhya-Karika wird die grundlegende Einheit der Gunas anhand der Analogie zu einer Öllampe beschrieben. Die schwere Schale mit dem Öl ruht fest auf ihrer Grundlage, scheinbar reglos in ihrer tamasischen Natur. Das Öl besitzt die Eigenschaften der Bewegung oder des Fließens und symbolisiert die rajasische Tendenz. Der Docht aus reiner weißer Baumwolle verkörpert Sattva. Das Wechselspiel dieser Elemente erzeugt die Flamme. Zu einem gesunden Gleichgewicht im Leben gehören alle drei Elemente, wobei zur rechten Zeit mal das eine, mal das andere dominiert. Ohne Tamas würden wir niemals schlafen. Ohne Rajas würden wir uns niemals bewegen. Ohne Sattva würden wir unser Licht niemals ruhig in die Welt hinausstrahlen lassen.

Möglichst einfach das Gefühl des energetischen Gleichgewichts erreichen

Hatha Yoga ist eine Praxis, um auch im immerwährenden Wandel unseres Lebens ein energetisches Gleichgewicht zu finden. Einfach gesagt, ist »ha« der stärker energetisierende, »tha« der eher entspannende Aspekt. Im Allgemeinen sollten Yogastunden ein nachhaltiges energetisches Gleichgewicht erzeugen, eine sattvische Wirkung haben, die den Schülern den Eindruck vermittelt, vollkommen wach und doch ruhig und klar zu sein. Hin und wieder werden Sie vielleicht den Wunsch verspüren, eine besonders anregende oder beruhigende Stunde zu halten. Wie wir später sehen werden, können die von Ihnen angebotenen Asanas und Pranayamas – und ihre Reihenfolge – eine Stunde mehr oder weniger anregend oder beruhigend gestalten. Alles in allem sollte im Idealfall jede Stunde so geplant und unterrichtet werden, dass sie es den Schülern gestattet, möglichst einfach das tiefe und umfassende Gefühl eines energetischen Gleichgewichts zu entwickeln, und sie mit dem Gefühl in die Welt hinausschicken, besser geerdet, wacher und klarer zu sein.

Lesen Sie auch:

Das 1. Yoga-Prinzip: Vom Einfachen zum Komplexen

Das 2. Yoga-Prinzip: In die Stille kommen

Quelle: 

Stephens, Mark: Yoga Workouts gestalten, 1. Auflage, Riva Verlag 2014, München

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