Trainingssysteme – HST: Muskelaufbau nach Brian Haycock

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Diese Woche stelle wir Ihnen im Rahmen unserer Trainingssystem-Reihe HST von dem Amerikaner Brian Haycock vor. Riskieren Sie einen Blick und finden Sie heraus, warum HST eine Alternative sein kann…

Geschichte

Der Amerikaner Brian Haycock wuchs in einer Zeit auf, in der Dorian Yates und die Mentzer-Brüder mit ihren Trainingssystemen Heavy Duty und HIT nicht nur beeindruckende Körper produzierten, sondern auch ein Volumen-Training, wie es wenige Jahre zuvor noch Arnold Schwarzenegger betrieben hatte, als überholt brandmarkten.(Trainingssysteme: German Volume Training) Kurze, sehr intensive Trainingseinheiten mit langen Pausenzeiten zwischen den Trainingstagen waren der Trend dieser Zeit. Intensitätstechniken und Muskelversagen waren ein Muss und häufiges Training galt als Erholungs- und damit Wachstumskiller.

Nun kam es aber, dass Brian Haycock mit diesem System für sich keine idealen Ergebnisse produzieren konnte. Er begann ältere Trainingspläne und -prinzipien zu studieren und kombinierte sie mit neueren sportwissenschaftlichen Erkenntnissen. Heraus kam ein einfaches und doch einmal mehr revolutionäres Trainingssystem: HST.

 

Prinzipien

Bei seinen Nachforschungen stieß Haycock auf die folgenden 4 Erkenntnisse:

 

1. Mechanische Belastung (mechnical load)

Die Grundlage für Muskelwachstum stellt eine Belastung durch einen Widerstand dar.

=> Daraus folgert Haycock für das Training, dass das Gewicht stetig gesteigert oder zumindest gleichbleibend sein muss.

 

2. Häufige Belastung (frequent load)

Um Muskelwachstum anzuregen, muss die mechanische Belastung des Weiteren ausreichend oft erzeugt werden. Herkömmliche Trainingssysteme arbeiten mit einer Muskelbelastung pro Woche, Hit sogar teilweise mit noch weniger. Viele hormonelle Faktoren wie zum Beispiel die Proteinsynthese oder die IFG-1 Ausschüttung kehren nach 36-48 Stunden auf ihr Ausgangsniveau zurück, nachdem sie durch das Training erhöht wurden. Um diese Wirkung ideal zu nutzen…

=> …sollte jeder Muskel mindestens 3-mal pro Woche trainiert werden – etwa alle 48 Stunden. Daher zieht Haycock Ganzkörper-Programme dem allerorts verwendeten Split-Training vor. Um dies zu realisieren, beschränkt er die Satzzahl pro Übung auf 2.

  

3. Progressive Gewichtssteigerung (progressive load)

Mit der Zeit – teilweise schon innerhalb von 48 Stunden – passt sich der Muskel der Anforderung an, die durch die mechanische Belastung erzeugt wurde. Zwar können in der Folge weitere Anpassungen auf neuronaler oder Stoffwechselebene stattfinden, das Dickenwachstum des Muskels kann aber bereits zum Stillstand kommen. Deshalb ist es zwingend notwendig, das Prinzip der Progression einzuhalten und das Gewicht regelmäßig zu steigern. Wie bereits in mehreren Trainingssystemen kritisch angemerkt, muss auch hier diese Steigerung jedoch nicht jedes Mal aus einem erhöhten Trainingsgewicht bestehen, sondern kann auch auf die Gesamtbelastung – also das Ergebnis von Gewicht x Wiederholungen – zu beziehen sein.

=> als weitere Trainingsgrundlage leitet Haycock hieraus ab, dass ein Gewicht nicht reduziert werden sollte, wenn dies nach einer erneuten Steigerung als zu schwer empfunden wird. Stattdessen sollte die Wiederholungszahl angepasst werden.

 

4. Strategische Dekonditionierung (strategic deconditioning)

Als letzte Grundlage hält Haycock fest, dass an einem Punkt, an dem keine weitere Steigerung mehr möglich ist, der Grad der Anpassung (Konditionierung) verringert werden sollte. Wenn Ihr Training keine Ergebnisse mehr produziert, sondern einzig und allein dazu dient Ihren Status Quo zu erhalten, legen Sie eine Pause ein. So schaffen Sie Raum für neue Wachstumsreize und gönnen gleichzeitig Ihrem Körper eine Pause. Übertraining oder Verletzungen wird so gleichzeitig vorgebeugt.

=> somit ergibt sich unter anderem die konsequente Einhaltung von Pausentagen und aktiven Erholungsformen, ebenso wie das Vermeiden von Muskelversagen, da dies das Zentrale Nervensystem zu stark schädigt und Trainingsfrequenz wie Pausenlänge negativ beeinflusst.

 

Trainingsplanung

Bei der Trainingsplanung wird mit klassischen Mikro- und Makrozyklen gearbeitet, kombiniert mit Maximalgewichtstest und der Dekonditionierungsphase. Der empfohlenen Gewichtssteigerung von 5-10 Kilogramm für den Unterkörper pro Einheit und 2,5-5 Kilogramm für den Oberkörper wird durch eine abnehmende Wiederholungszahl Rechnung getragen.

Konkret sieht dies dann so aus:

 

Maximalkrafttest → 1-2 W. Dekonditionierung → 1-2 W. Mikrozyklus 1 (5 Whd.) → 1-2. W. Mikrozyklus 2 (10 Wdh.) → 1-2 W. Mikrozyklus 3 (5 Wdh.) → 1-2 W. Mikrozyklus 4 (5 Wdh. plus negative Wdh./Intensitätstechnik) → Maximalkrafttest

 

Varianten

Neben der normalen HST-Variante hat sich eine weitere, HST-Cluster genannt, etabliert. Beim Cluster verändert sich Volumen und Aufsplittung, ebenso wie die Wiederholungszahl. Besagt die Standard-Version etwa, dass in Woche 3 2 Sätze und je 10 Wiederholungen zu absolvieren sind, fokussiert das Cluster nur noch die Gesamtwiederholungszahl von 20. Wie diese erreicht werden (4 x 5, 10 x 2 oder 20 x 1 etc.) ist unwichtig. Somit erlaubt HST-Cluster mehr Zyklen mit insgesamt mehr Gewichtssteigerung. Es gelten weiterhin die gleichen Grundlagen wie beim normalen HST.

  

Fazit

Neben den kurzen und professionell klingenden Abkürzungen haben die meisten Trainingssysteme des Krafttrainings eins gemeinsam: Sie funktionieren irgendwo irgendwann bei Irgendwem. Daher wird der Kleinkrieg der unterschiedlichen System-Anhänger auch niemals enden. Denk Sie immer daran, es gibt nicht den einen richtigen Weg. Aber gerade dies macht Fitnesstraining und Bodybuilding so reizvoll: Es wird nie langweilig.

Ständig bietet sich ein neuer Weg und es ist an Ihnen zu entscheiden, ob Sie Ihren bisherigen verlassen. Vielleicht kehren Sie einige Kilometer später enttäuscht von der vermeintlichen Abkürzung auf Ihren alten Weg zurück oder aber Sie geben tatsächlich jetzt erst richtig Gas und sind auf der Überholspur. Niemand kann Ihnen das vorher sagen und niemand außer Sie selbst kann darüber ein Urteil fällen.

Frei nach dem Motto: „Never touch a running system“ bleiben Sie Ihrem System treu, wenn Sie gute Ergebnisse erzielen, aber scheuen Sie auch nicht davor zurück es zu wechseln, wenn Sie auf der Stelle treten. HST ist in diesem Moment auf jeden Fall eine lohnende Alternative.

 

Marcel Kremer

 

Quellenangaben:

1. Cecil, Craig: Bodybuilding: From Heavy Duty to SuperSlow, 2012.

2. www.bambamscorner.com

3. http://www.hypertrophy-specific.com

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Über den Autor

Marcel Kremer

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