Maximieren Sie Ihre Beweglichkeit!

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Muhammad Ali war der Größte – Punkt aus. Er hatte einen superathletischen Körperbau, eine furchteinflößende Schlagkraft und die schnellsten Füße und Hände, die jemals ein Sportler gehabt hat, ganz zu schweigen von einem Boxer. Er war so schnell, dass er den Lichtschalter ausmachen konnte und im Bett war, bevor das Licht ausging, pflegte er zu prahlen! Vielleicht hat er hier ein wenig übertrieben, was seine Fähigkeiten anging, doch er war unglaublich beweglich.

Und was können Sie tun, um eine ebenso tolle Beweglichkeit zu erreichen?

Im Sport zeichnet sich Beweglichkeit durch schnelle Füße, Körperkoordination während einer Richtungsänderung und sportlichen Geschicklichkeitsübung sowie durch Reaktionszeit bzw. Reaktionsvermögen aus. Es geht um eine Kombination aus Gleichgewicht, Schnelligkeit, Kraft, Flexibilität und Koordination. Obwohl die Beweglichkeit eines Sportlers stark von dem Erwerb einer optimalen Sporttechnik abhängt, kann sie durch eine spezielle Konditionierung gesteigert werden.

Den heutigen Sportlern und ihren Trainern stehen eine Vielzahl von leistungsfördernden Beweglichkeitsübungen, Systemen und Sportgeräten zur Verfügung. Die „Wissenschaft“ des Beweglichkeitstrainings (sowie des Schnelligkeits- und Krafttrainings) hat in der letzten Zeit beträchtliche Fortschritte gemacht, vor allem was seine Zugänglichkeit für die etablierte Sportwelt angeht.

 

Analyse einer sportlichen Fertigkeit

Prinzipiell wird beim Beweglichkeitstraining eine sportliche Fertigkeit analysiert: Eine Fertigkeit wie das für einen Rugbyspieler wichtige schnelle Gehen wird in ihre Bestandteile zergliedert, um diese dann gezielt zu trainieren. Es geht darum, eine gesteigerte physische, neurale (neuronale?) und sportspezifische Reaktion zu prägen und zu programmieren.

Sehen wir uns den Prozess etwas genauer an, der zu der Entwicklung schneller Füße/Beine dazugehört. Eins der wichtigsten Hilfsmittel für diesen Zweck ist die auf dem Boden liegende Strickleiter. Dieses Arbeitsgerät ist ein Schlüsselelement des Sport-, Beweglichkeits- und Schnelligkeitsystems („Speed, Agility and Quickness“ (SAQ) – SAQ International ist die weltweit führende Gesellschaft für Präsentation und Marketing von sportspezifischen Trainings; Englands Gewinnerteam der Rugby Weltmeisterschaft bediente sich des SAQ).

Eine große Anzahl von Lauf-, Hüpf- und Springübungen in alle Richtungen kann mit Hilfe der Sprossen dieser Leiter, die flach auf den Boden gelegt wird, ausgeführt werden. Solche Übungen steigern durch progressive Überlastung die Fußschnelligkeit und die Beweglichkeit des Oberkörpers sowie alle anderen Aspekte der sportlichen Leistung. Englands Außenstürmer Ben Cohen wurde eigens als ein Spieler erwähnt, dessen Beine durch den häufigen Einsatz der Strickleiter und anderer Beweglichkeitstrainingsmethoden besonders schnell geworden sind.

Die Geschwindigkeit im Trainingsmodell Strickleiter sagt viel über die Schnelligkeit eines Spielers aus.(1) Eine Zeit von weniger als 2,8 Sekunden (bei Männern) bzw. 3,4 Sekunden (bei Frauen) für das Abtrainieren einer 20-sprossigen Leiter mit jeweils 1 Fuß zwischen 1 Sprosse wird für Collegesportler als ausgezeichnet angesehen.

Das Beweglichkeitstraining bedient sich auch zahlreicher anderer Übungen und Geräte; hierzu gehören Gleichgewichtsübungen, Slalomlaufen um Kegel und Steigen über bzw. Gehen um kleine Hindernisse. Um die Übertragbarkeit der Beweglichkeit noch sportartspezifischer zu gestalten, kann eine Fertigkeit aus dem jeweiligen Sport hinzugenommen werden. Dabei könnte es sich um das Dribbeln eines Fußballs um Kegel herum handeln oder um die Abgabe eines Balls während des Gehens über eine Strickleiter. Mehr dazu unten.

 

SAQ bei Fußballspielerinnen

Selbstverständlich behaupten Gesellschaften wie SAQ International, dass ihre Systeme Erfolge erzielen und die Beweglichkeit der Spieler/innen erhöhen. Doch ist dieses Selbstvertrauen gerechtfertigt? Polmann et al. haben über eine Periode von 12 Wochen die Auswirkungen von SAQ-Techniken bei Fußballspielerinnen getestet.(2) Die Spielerinnen wurden in 3 Gruppen unterteilt. 2 Gruppen nahmen an einem SAQ-Training teil, während die 3. Gruppe weiter ihrem normalen Konditionsprogramm nachging. Sie kamen zu folgenden Ergebnissen:

  • Durch alle 3 Programme wurden der Body-Mass-Index der Teilnehmerinnen (-3,7 %) und der Fettprozentsatz (-1,7 %) reduziert sowie die Flexibilität (+ 14,7 %) und der VO2max (+ 18,4 %) erhöht.
  • Die SAQ-Gruppen zeigten jedoch einen beträchtlich höheren Trainingserfolg bei einem Sprinttest bis zur Erschöpfungsgrenze, einem 25 m Sprint und links- bzw. rechtsseitigen Beweglichkeitstests als die Kontrollgruppe.

Der Einsatz von SAQ und anderen Techniken zur Steigerung der Beweglichkeit von Sportlern, die einen dynamischen Sport betreiben, scheint äußerst angebracht, wichtig und wertvoll. Doch gilt das Gleiche auch für Ausdauersportler? Schließlich gehört eine extrem schnelle Beweglichkeit nicht zu den Voraussetzungen für einen Triathlon oder einen Marathonlauf.

Alricsson et al. wollten anhand einer Untersuchung junger Skiläufer herausfinden, ob ein Tanztraining Auswirkungen auf die Beweglichkeit der Gelenke, die Muskelflexibilität von Wirbelsäule, Hüfte und Knöchel sowie auf die Schnelligkeit und Beweglichkeit der genannten Probanden hat.(3) Skilanglauf gilt nicht als ein Sport, der für seine schnellen, dynamischen Bewegungen bekannt ist. Doch schon eine Verbesserung um Sekunden bei jeder Wende und jedem Sprung kann zu beträchtlichen Zeiteinsparungen führen. Man entschied sich für ein Tanztraining aufgrund seiner potentiellen Förderung von Beweglichkeit und Flexibilität.

An der Untersuchung nahmen 20 Eliteskilangläufer/innen im Alter von 12-15 Jahren teil, von denen die Hälfte (5 Mädchen und 5 Jungen) an einem wöchentlichen Tanztraining teilnahm, während der Rest für einen Zeitraum von 8 Monaten als nicht tanzende Kontrollgruppe fungierte. Gelenkbeweglichkeit und Muskelflexibilität von Wirbelsäule, Hüfte und Knöcheln wurden vor der Untersuchungsperiode sowie 3 bzw. 8 Monate danach gemessen. 2 sportverwandte funktionelle Tests – ein Slalomtest und ein Hindernistest – wurden zeitgleich durchgeführt.

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Tanzgruppe ihre Geschwindigkeit nach 8 Monaten um insgesamt 0,3 Sekunden bei dem Slalomtest gesteigert hatte. Und sie hatte nach 3 Monaten ihre Geschwindigkeit und ihre Beweglichkeit bei dem Hindernistest um 0,8 Sekunden und nach 8 Monaten um weitere 0,6 Sekunden gesteigert. Darüber hinaus hatte die Flexion-Extension der (oberen) Brustwirbelsäule nach 3 Monaten um 7,5 Grad und nach 8 Monaten um weitere 1,5 Grad zugenommen, während die laterale Flexion sich im selben Zeitraum um 0,04 mm bzw. um weitere 0,03 mm verbessert hatte. Die nicht tanzende Kontrollgruppe zeigte dagegen keinerlei Verbesserungen bei auch nur einer der untersuchten Variablen.

 

Die Auswirkungen des Tanztrainings

Alricsson folgerte: „Ein Tanztraining hat bei jungen Skilangläufern einen positiven Effekt auf Schnelligkeit und Beweglichkeit sowie auf Gelenkbeweglichkeit und Muskelflexibilität bei Flexion-Extension und lateraler Flexion der Wirbelsäule.“ Hätten die Teilnehmer an seiner Untersuchung das sportspezifische Beweglichkeitstraining noch intensiver betrieben, wären die Auswirkungen möglicherweise noch positiver gewesen.

Marathonläufer müssen während eines 41,6 km-Marathons nicht blitzschnell zur Seite, nach hinten oder nach vorne losstürzen. Hat ein Beweglichkeitstraining für sie irgendeinen Nutzen? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns die Interaktion von Beweglichkeits- und Krafttraining näher ansehen.

Aus Untersuchungen geht hervor, dass die Beinmuskeln der Läufer trotz ihres langen Lauftrainings möglicherweise nicht so effizient sind, was die Rückgabe der Energie an die Laufoberfläche angeht. Diese Muskeln arbeiten tatsächlich bei manchen Geschwindigkeiten nur mit einer 50 %igen Effizienz aufgrund der „natürlichen“ Effektivität des Energiereturns des Fußgewölbes und der Achillessehne.(4)

Das gleicht ein wenig einem Turboblader, der entgegengesetzt arbeitet. Ihre Achillessehne und Ihr Fußgewölbe sind der Turbo: sie springen automatisch an, wenn Ihr Fuß den Boden berührt, erzeugen einen Energieausstoß, führen jedoch dazu, dass die Laufmuskeln (Quadrizeps, ischiokrurale Muskeln und Wadenmuskeln – der Motor) nicht mit ihrem vollen Potential arbeiten. Wenn Sie diese Laufmuskeln nicht mit spezifischen Kraftkonditionsübungen trainieren, kann Ihre Fähigkeit, an Laufgeschwindigkeit zuzulegen, darunter leiden.

Übungen wie das Springen auf einen Kasten bzw. von einem Kasten sowie Spring-Jogging (Beinbewegungen, bei denen der Trainierende sich in erster Linie mit Hilfe von Füßen und Knöcheln antreibt) verhelfen durch ihren plyometrischen Effekt nicht nur zu kräftigeren und somit effizienteren Laufmuskeln, sondern verbessern auch die Beweglichkeit.

Plyometrische Übungen animieren die Muskeln dazu, in wenigen Sekunden große Mengen an Kraft zu entwickeln, wenn eine konzentrische (verkürzende) muskuläre Kontraktion sofort auf eine exzentrische (verlängernde) Kontraktion desselben Muskels erfolgt. Diese Beweglichkeits- und Kraftbewegungen können den Fuß-Boden Kontakt „schärfen“ und zu einem ökonomischeren und wirkungsvolleren Laufstil führen, unabhängig von der zurückzulegenden Entfernung.

Rückwärts und seitwärts Laufen kann auch Verletzungen vorbeugen und liefert somit einen weiteren Grund, dass Langstreckenläufer (und Menschen, die einen Sport ausüben, bei dem Laufen ein Hauptbestandteil ist) ein Beweglichkeitstraining absolvieren sollten.

Wie bereits erwähnt, tragen Konditionsübungen wie z.B. plyometrische Übungen sowohl zur Steigerung der Beweglichkeit als auch der Kraft bei. Doch entsprechen diese Übungen möglicherweise nicht exakt den Anforderungen in einer Spielsituation. Um sicherzustellen, dass sie das tun, muss Ihr Trainer die in Ihrem Sport erforderliche Beweglichkeit sowie die erforderlichen Bewegungsmuster analysieren und diese Informationen zur Erstellung eines perfekt auf Sie zugeschnittenen Konditionierungsprogramms nutzen. Dabei kann die Fußstellung entscheidend sein.

Kovacs et al. haben die Wichtigkeit der Fußstellung (vor allem die Stellung beim Aufsetzen des Fußes) bei Sportlern während der Ausführung plyometrischer Tiefsprungübungen untersucht, zu denen das Springen von einem Kasten mit einem unmittelbar darauf folgenden Sprung nach oben, zur Seite und vorwärts gehörte.(5) Die Wissenschaftler waren vor allem daran interessiert, die Kraft zu vergleichen, die durch ganzfüßigen und vorderfüßigen Bodenkontakt entsteht.

10 Studenten führten 2 verschiedene Arten von Sprüngen von einem 0,4 m hohen Kasten aus, der in 1 m Entfernung von der Mitte einer Druckplatte platziert war. Sie hatten die Anweisung, entweder auf den Ballen zu landen, ohne dass die Fersen den Boden berührten, oder auf den Fersen. Die Wissenschaftler stellten fest, dass die beiden unterschiedlichen Sprungstile zu äußert unterschiedlichen Arten der Kraftgewinnung führten. Durch den Gebrauch spezifischer Messinstrumente demonstrierte Kovacs Team, dass ein Tiefsprung, bei dem der Springer auf dem Vorderfuß aufkam, erheblich mehr Kraft beim Aufprall und bei dem Übergang in den Sprung produzierte als ein Tiefsprung, bei dem der Springer auf dem ganzen Fuß landete.

 

Tiefsprünge und Kraft

Kovacs Ergebnisse haben entscheidende Konsequenzen für die Entwicklung der optimalen Beweglichkeit und für das Powertraining. Obwohl sogar ein Tiefsprung mit einer ganzfüßigen Landung Kraft entwickelt, kann diese möglicherweise nicht optimal für die Steigerung der Beweglichkeit und Kraft eines Spielers bei einem spezifischen Sport genutzt werden. So hätte z. B. ein Sprinter wahrscheinlich mehr Nutzen von Sprüngen, bei denen er mit dem Vorderfuß aufkommt, da das Sprinten aus einer ähnlichen Fußstellung heraus erfolgt, während ein Basketball- oder Volleyballspieler wahrscheinlich größere senkrechte Sprünge – ein Schlüsselerfordernis für diese Ballspiele – ausführt, indem er die Landung auf dem ganzen Fuß nutzt. Die Muskelkontraktionsmechanismen sind sehr spezifisch, und für optimale Resultate müssen die Konditionsübungen die sportlichen Fertigkeiten widerspiegeln.

Zum Schluss möchten wir ein Beispiel für eine noch spezifischere Beweglichkeits-/Powerkonditionsübung anführen, die für einen Tennisspieler entwickelt wurde. Der Spieler sollte einen Tiefsprung mit einer (blockfreien) Landung auf dem Vorderfuß ausführen, die es ihm ermöglichte, in 3-5 Schritten zu einem vorgegebenen Ziel zur Rechten oder zur Linken zu sprinten oder abzudrehen.

Diese Übung imitiert und konditioniert die typische Beweglichkeit (Kraft und Geschwindigkeit), die in einer bestimmten Spielsituation erforderlich ist – d.h. also um bspw. einen Stoppball zu kriegen. Und sie kann noch spezifischer gestaltet werden, indem der Spieler einen Schläger hält und einen imaginären Schlag ausführt, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass es ratsam erscheint, spezifische Übungen in das reguläre Training zu integrieren, wenn Sie oder die von Ihnen zu Trainierenden in den Bewegungen schneller, schwerer einschätzbar, effizienter und dynamischer werden wollen.

John Shepherd

 

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