Wie gut sind Fitness-Tests im Fitnessstudio?

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Eine typische Situation im Fitnessstudio: Zum ersten Termin „testet“ der Fitnesstrainer Ihre Leistungsfähigkeit und versucht so den Ausgangspunkt festzustellen. So wichtig diese grundlegende Idee ist, so falsch wird sie im Fitnessstudio häufi g in die Praxis umgesetzt.

Jedem Trainer, der einen Trainingsplan erstellen möchte, stellt sich die Frage nach dem Ausgangspunkt: Wie fit ist der Sportler oder die Sportlerin? Um dies feststellen zu können, existieren viele verschiedene Testverfahren.

 

Ausdauer testen – aber warum?

Wenn Sie sich in einem Fitnessstudio anmelden, müssen Sie oftmals einen Ausdauertest über sich ergehen lassen. Qualitativ hochwertige Tests lassen seriöse Aussagen zu Ihrem aktuellen Trainingszustand zu und ermöglichen es, die Entwicklung auch langfristig zu verfolgen. So kann Ihr Training stets angepasst werden und Phasen der Stagnation von Ihrem Trainer analysiert werden. Leider sind nicht alle angewendeten Tests seriös, sondern dienen eher dazu, den Anschein zu wecken, etwas mit dem Sportler zu machen.

 

Wie weit kommen Sie?

Bei einfachen Tests wird oft einfach die Strecke gemessen, die Sie in einer bestimmten Zeit zurücklegen. Jahrelang wurde beispielsweise in einer der größten deutschen Fitness-Ketten die Distanz, die Sportler auf einem Stepper, dem Laufband und einem Radergometer in 10 Minuten bewältigen, erfasst. Anhand einer Tabelle wurde dann aus den zurückgelegten Kilometern die Fitness kategorisiert. Diese Testform ist vergleichbar mit dem Cooper-Test, dessen Aussagekraft eher zu hinterfragen ist. Wenn es darum geht, eine bestimmte Strecke in einer festen Zeit zu messen, spielen viele Faktoren eine Rolle beim Zustandekommen des Ergebnisses. Je nachdem, wie Sie sich die Strecke einteilen, sind Sie eher in intensiven und damit anaeroben Belastungsbereichen unterwegs. Dabei greift Ihr Körper zunehmend auf die Energie aus Kohlenhydraten zurück, die ohne Sauerstoff – also anaerob – verstoffwechselt werden. Andere Sportler sind vielleicht eher in aeroben Stoffwechselbereichen belastet, so dass Rückschlüsse auf die Beanspruchung nicht möglich sind. Faktisch lässt ein Ergebnis eines solchen Testverfahrens keine Aussage zur Fitness allgemein oder zur Ausdauerleistungsfähigkeit im Speziellen zu! Genau das ist jedoch die Intention mit der ein solcher Test durchgeführt werden soll. Tests, bei denen allein die Strecke bzw. die Distanz über eine bestimmte Zeit erfasst wird, sind ungeeignet, um eine Aussage zu den physiologischen Abläufen des Körpers zu machen und daher überflüssig.

 

Die Physical Workout Capacity

Der Test zur „Physical Workout Capacity“, kurz PWC, stammt aus dem Jahr 1948 und soll der einfachen Ermittlung der Leistungsfähigkeit dienen. Dieses Testverfahren ist gerade in Fitnessstudios noch sehr weit verbreitet, obwohl die Aussagekraft gegen null geht. Bei einem PWC Test wird die Leistung erfasst, die bei einer bestimmten Herzfrequenz erreicht

Tabelle 1: Normwerte im PWC Test

wird. Üblicherweise werden dabei die Pulswerte 170 und 150 oder der individuell maximal erreichbare Wert genommen. Als Vorteil wurde bei diesem Test angesehen, dass er im Gegensatz zum Cooper-Test unabhängig von der Motivation oder der Einteilung der Strecke ist. Ein solcher Test wird auf einem Radergometer durchgeführt. Bei einer Startbelastung zwischen 25 und 50 Watt wird die Belastung alle 2 Minuten um 25 Watt gesteigert, so lange bis der Zielpuls erreicht wird. Bei der Auswertung werden dann die erreichte Leistung und die Herzfrequenz in Relation zum Körpergewicht in Bezug zueinander betrachtet. Die Bewertung erfolgt, indem Normwerte in Verbindung mit der erbrachten Leistungen gesetzt werden und damit ein Vergleich erfolgt (Tab.1).

 

Die Aussagekraft ist jedoch auch bei diesem Test sehr schlecht. Aufgrund der vielfältigen Zusammenhänge in der Herz-Kreislauf- Regulation kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass bei einer bestimmten Leistung eine bestimmte Herzfrequenz Gültigkeit hat. Die eigentliche Frage ist die der physiologischen Rückmeldung in Ihrem Körper während einer bestimmten Belastung. Eine Aussage zur Fitness und zur Ausdauer lässt sich anhand dieses Tests nicht liefern. Personen mit einem kleinen Herzvolumen und einem entsprechend kleinen Schlagvolumen haben bei vergleichbaren Belastungen weitaus höhere Herzfrequenzen als Personen mit einem großen Schlagvolumen.

 

Gibt es eine OwnZone?

In den letzten Jahren rückte die Herzfrequenzvariabilität in den Fokus der Sportindustrie. Hersteller von Pulsmessgeräten entwickelten Fitnesstests, die auf dem Messen und Beurteilen der Herzfrequenzvariabilität basieren sollen. Dabei wird der Abstand zwischen den einzelnen Herzschlägen gemessen. Ein tendenziell unrhythmisches Schlagen des Herzens wird dabei mit einer gesteigerten Fitness in Zusammenhang gebracht. Zum Einen wird hierüber versucht, Trainingsbereiche zu ermitteln, indem fi xe Abschläge von + oder – 20 Schlägen an bestimmten Stellen als fixe Grenzen gesehen werden. Zum Anderen soll über die Herzfrequenzvariabilität auch die Fitness gemessen werden, indem die maximale Sauerstoffaufnahme prognostiziert wird. Aufgrund der sehr vielen verschiedenen Einflussgrößen wie Stress, Geschlecht, Alter, Gewicht, Trainingszustand, berufl iche Beanspruchung erinnern derlei Aussagen jedoch an ein Ratespiel. Hinzu kommt, dass auch die Tageszeit und der Schlafstatus eine Einflussgröße darstellen. Interessant ist, dass die Herzfrequenzvariabilität als diagnostisches Instrument in der Psychologie, der Kardiologie, der Stress- und Angstforschung sowie der Pränataldiagnostik eingesetzt werden soll. In allen Bereichen zeigen Studien, wie sehr die HRV von vielen verschiedenen Faktoren abhängig ist. Die HRV eignet sich anhand dieser vielfältigen Einfl ussgrößen eher als sehr grobe Orientierung und weniger als valides Testverfahren zu Ihrem aktuellen Fitnessstand.

 

Ihr Körper auf dem Prüfstand

Wenn es darum geht, in einem kurzen Testverfahren zu belasten und dabei die körperliche Leistungsfähigkeit zu messen, bietet sich die Spiroergometrie als spezielles Verfahren an!(2) (Lesen Sie dazu auch: Was leistet die Spiroergometrie?) Leider sind die Messgeräte relativ teuer, so dass das Messen der Atemgase im Fitnessbereich sich noch nicht weit verbreiten konnte. Hersteller wie die Leipziger Firma Cortex bieten neben einer sehr exakten Messtechnik auch eine sehr gute Software. Erst die Auswertung der Testergebnisse macht den Einsatz bei Sporteinsteigern und Freizeitsportlern zu einem sinnvollen Diagnostikinstrument. Ein Belastungstest auf dem Laufband oder auf dem Fahrrad liefert dabei ohne Blutentnahme Informationen zu den physiologischen Änderungen im Körper des Sportlers vom Start bis zum Belastungsabbruch. Genau hier liegt der Unterschied zu den vorab beschriebenen Tests. Das Testverfahren ist dabei ein Rampentest über ca. 8-12 Minuten. Während einer kontinuierlich ansteigenden Belastung werden über eine Maske die Sauerstoffaufnahme und die CO2 Abatmung gemessen. Über die Veränderungen im Belastungsbereich lassen sich 2 ventilatorische Schwellen bestimmen. Diese Schwellen dienen dem Festlegen der Trainingsbereiche. Gleichzeitig liefert die VO2peak wertvolle Informationen zum Fitnesszustand. Diese Testform kann schnell und exakt die Trainingsbereiche eines Sportlers ermitteln. So können auch im Fitnessstudio die wichtigen Grundlagen für ein gesundes und individuelles Training gelegt werden.

 

Fazit

Ausdauertests können im Fitnessstudio nur dann sinnvoll eingesetzt werden, wenn das Ergebnis eines solchen Tests auch verwertbare und handfeste Ergebnisse liefert. Dies ist allein bei einem komplexen Verfahren wie der Spiroergometrie möglich! Der Nachteil liegt allerdings darin, dass speziell geschultes Personal nötig ist und dass der Anschaffungspreis relativ hoch ist. Das Frankfurter Trainingszentrum LigamentaMove setzt dieses Testverfahren seit kurzem erfolgreich ein. Die Trainer setzen dabei auf die erhobenen Daten, um Informationen zum aktuellen Fitnesszustand zu ermitteln und die Trainingszonen vorgeben zu können. Die Trainingsleitung ist sich sicher, dass der sichtbare Trainingserfolg Ihnen recht gibt: Statt Show-Business im Fitnesstraining soll dem einzelnen Sportler eine individuelle Auswertung helfen, gesund zu trainieren und optimale Ergebnisse zu erzielen. 

 

Dennis Sandig

 

Literaturangaben:

1. Schulz, H., A. Horn, A. Geiger, P. Arning, S. Fröhlich, H. Heck: Evaluation der Intensitätssteuerung mit der Polar OwnZone™ bei Laufbelastungen; Abstracts: dvs-Symposium, Sektion Trainingswissenschaft, 19.-21.6.2003, München

2. Deutsche Zeitschrift Für Sportmedizin, 2011, Bd. 62 (1), S. 10–15.

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Über den Autor

Dennis Sandig

Dennis Sandig arbeitete als Sportwissenschaftler am Institut für Sportwissenschaften der Julius-Maximilians Universität in Würzburg. Aktuell ist er bei der Deutschen Triathlon Union als Wissenschaftskoordinator und Referent für Bildung zuständig, sowie für das umfassende Aus- und Fortbildungsprogramm für Coaches im Triathlon.

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