Die Athletik sinnvoll steigern

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Wenn es um das moderne Training geht, fallen immer wieder Begriffe, wie „Functional Training“ und „Athletiktraining“. Es wird immer wieder betont, dass das Athletiktraining eine wichtige Ergänzung für Ihr Training ist. Aber was genau beinhaltet dieses? Welche Wirkungen verbindet man damit?

Mittlerweile soll das Athletiktraining einen großen Stellenwert einnehmen. Unklar bleibt, was genau die Athletik beinhaltet. Einfach gefragt: Was unterscheidet ein Athletiktraining von einem Krafttraining?

 

Krafttraining ist Athletiktraining!

Dass Kraft- und Athletiktraining eng miteinander verknüpft sind, lässt sich geschichtlich nachweisen. Kraftsportler wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Athleten bezeichnet, wie sich auch in Victor Silberers Werk „Handbuch der Athletik – nebst einer Anleitung zum Boxen“ aus dem Jahr 1898 nachlesen lässt. Im modernen Verständnis verschwimmt die direkte Zuordnung von Athletik und Kraft jedoch durch das Vermischen mit anderen konditionellen Fähigkeiten. Im Athletiktraining findet man heute auch Zirkeltraining, Functional Training, Ausdauertraining, Cross-Fit, TRX-Training und vieles mehr. Allerdings fällt es oftmals schwer, aus den verschiedenen Methoden die jeweiligen Anpassungsstrukturen klar herauszuarbeiten.

 

Zirkeltraining ist oftmals kein Krafttraining

Anpassungen im Krafttraining erfordern das Ableiten der dimensionsanalytischen Struktur der Kraft. Erst wenn klar abgegrenzt werden kann, welche Einflussgrößen im Training welche Wirkung entfalten, kann auch ein Trainingseffekt zugeordnet werden. Es muss klar sein, in welche Komponenten die einzelnen konditionellen Fähigkeiten unterteilt werden können. Auch wenn es zunächst einmal naheliegend erscheinen mag: Das Unterteilen der Komponenten nach dem äußeren Erscheinungsbild macht eine Differenzierung zwischen den verschiedenen konditionellen und koordinativen Anpassungen unmöglich.(1) Gerade das Trennen der Dimensionen mit unterschiedlichen physiologischen Einflussgrößen ist jedoch von großer Bedeutung für Ihren Trainingserfolg. Wenn es darum geht die Leistung optimal zu entwickeln, muss klar sein, welche Einflussgrößen im Training mit welcher Methode am besten angesprochen werden und wie sie sich gegenseitig beeinflussen. Daraus leiten sich dann Informationen zur Pausengestaltung, zur Dichte, zu den Umfängen und anderen quantitativen und qualitativen Parametern für Ihr Training ab.

 

Mischen vermeiden

Trainingsmethoden wie dem Pyramidentraining wird in der Außensicht zugeschrieben, dass sowohl die Maximalkraft entwickelt werden kann, als auch ein Hypertrophiereiz gesetzt wird, mit dem Ziel Muskulatur aufzubauen. Denn hierbei werden im Krafttraining Übungsdurchgänge mit sehr hoher Intensität und niedriger Wiederholungszahl mit Durchgängen höherer Wiederholungszahl und geringerer Intensität kombiniert. Aus Sicht des Sportlers ist ein solches Training sehr anstrengend, so dass subjektiv der Eindruck entsteht, „gut gearbeitet“ zu haben. Auf neurophysiologischer Ebene ist dies jedoch problematisch. Das Vermischen der Trainingsmethoden führt zu einer Ermüdung des neuromuskulären Systems. Anpassungen, die aus den Anteilen aus hoher Intensität und geringer Wiederholungszahl resultieren, fallen nahezu komplett weg, so dass allein der Hypertrophiereiz als Effekt dieser Trainingsform bleibt.(1) Ähnliches passiert bei einem Zirkeltraining. Auch hier werden methodische Aspekte des Ausdauertrainings wie die Pausengestaltung oder die zeitliche Gestaltung der Belastung mit erhöhtem Widerstand kombiniert. Die Wirkung auf das muskuloskelettale System, die Komponenten der Energiebereitstellung und der neuromuskulären Anpassungen können nicht mehr klar voneinander abgegrenzt werden, so dass die Effekte eines solchen Trainings nicht klar festzulegen sind.

 

Schwächen erkennen

Dem Athletiktrainer werden also verschiedene Aufgaben angetragen. Neben der Kraft sollen ebenso Koordination, Stabilisierungsfähigkeit und Ausdauer geschult werden. Demnach sind analytische Fähigkeiten eine Grundvoraussetzung für das erfolgreiche Arbeiten in diesem Bereich. Schwächen müssen für jeden Sportler individuell erkannt und dann in einem langfristig angelegten Trainingskonzept erarbeitet werden, ohne die anderen Bereiche zu vernachlässigen. Im modernen Sport gilt diese Aufgabe nicht mehr allein für im Leistungssport tätige Trainer. Das Konzept der Athletik ist vielmehr umfassend auch gültig für den gesamten Fitness– und Freizeitsport, sofern der Sportler das Ziel hat, seine Leistung optimal zu entwickeln. Anderweitige Zielstellungen, wie Spaß in der Gruppe oder Freude am Trainieren, lassen sich selbstverständlich mit den genannten Methoden umsetzen.

 

Ihr Körpergewicht als Last im Training?

Im Athletiktraining wird oftmals propagiert, dass Übungen auch ohne Hanteln effektiv durchgeführt werden können.(2) Stattdessen kann vielmehr mit dem eigenen Körpergewicht gesteuert werden. Von Vorteil ist, dass ein solches Training jederzeit und überall durchgeführt werden kann. Der große Nachteil ist jedoch, dass die Intensität der Übungen nur begrenzt steigerbar ist. Auch ist es unmöglich, die Lasten fein zu dosieren und an Ihr jeweiliges Leistungsvermögen anzupassen.(3) Grundsätzlich sind Übungen mit dem Körpergewicht aber insbesondere geeignet, um koordinativ zu arbeiten und die Stabilisierungsfähigkeit zu verbessern.

 

Stabilisation als Basis der Athletik

Neben den Komponenten Kraft und Ausdauer ist – wie bereits erwähnt – die Stabilisierungsfähigkeit ein wichtiger Baustein für Ihre Leistung. Auch wenn der Core-Bereich als Körperkern nur schwer definiert werden kann, stellt sich die Frage, wie das Stabilisieren der in Frage kommenden Muskulatur gewährleistet werden kann. Grundsätzlich kann erst einmal jede Kraftübung als Stabilisationsübung verstanden werden, da das Ziel, Ihre Gelenke in einer gewollten Stellung halten zu können, trainiert wird. Selbst bei einem isolierten Training an einer Maschine müssen Sie stabilisieren, auch wenn aufgrund der Sitzpolster reduzierte Anforderungen bestehen. Bei mehrgelenkigen Übungen und bei den aus dem „Functional Training“ bekannten Übungen mit Gummiband und Seilzug wird die Stabilisierungsaufgabe gesteigert. Bei Übungen mit der freien Hantel sind die Stabilisierungsaufgaben jedoch am größten. Mit ansteigendem Widerstand erhöht sich grundsätzlich auch die Anforderung an die Stabilisationsfähigkeit. Der Grad der Stabilisierung hängt jedoch wesentlich vom Freiheitsgrad der Bewegung und weniger vom benutzten Trainingsgerät ab.

 

Klassisches Training

Das Gewichten einer Übung fällt aufgrund der vielfältigen Einflussgrößen schwer. Dennoch kann die Reißkniebeuge als eine der bedeutendsten Grundübungen im Athletiktraining gesehen werden, wenn es um das Entwickeln der Stabilisierungsfähigkeit geht. Bei der Reißkniebeuge kommen gleichermaßen Balanceaufgaben durch das Hochhalten der Arme, Stabilisierungsaufgaben in den Beinen, der Hüfte und der Schulter und deren Beweglichkeit zusammen. Das Fallen der Hantel nach Vorne oder nach Hinten muss über die Rumpfmuskulatur verhindert werden. Die Intensität der Reißkniebeuge kann über veränderte Lasten angepasst werden, so dass in der Rehabilitation mit einem Besenstil gearbeitet werden kann, während Anfänger vielleicht schon eine leichte Hantelstange um 10 kg oder 20 kg halten können.

 

Ausdauertraining anpassen

Neben den Kraft- und Stabilisierungsfähigkeiten fällt auch die Ausdauer in das Feld der Athletik, wenn dem Athletiktrainer beispielsweise das Konditionstraining im Mannschaftsport zugewiesen wird. Es muss auch hier anhand der Zielstellung abgewogen werden, welche Trainingsmethoden angewendet werden können, um bestmögliche Erfolge auch in der Fitness zu garantieren. Das Abstimmen der Komponenten der Ausdauer hinsichtlich der möglichen Inhalte ist komplex. Auch hier ist das Abgrenzen von Trainingsmethode, Trainingsbereich und den Wechselwirkungen in den Trainingsanpassungen eine wichtige Grundlage der Trainingsplanung.

 

Fazit

Athletiktraining subsumiert unterschiedliche konditionelle und koordinative Komponenten der Leistungsfähigkeit. Der Athletiktrainer muss die Funktion eines „Managers der Kondition“ ausfüllen, in dem er Schwächen erkennt, Stärken ausbaut und den Inhalten des Trainings eine Orientierung gibt. Hierbei gibt es keine inhaltliche Festlegung, da die Übungen und Methoden sich letztendlich an der zu bearbeitenden Fragestellung orientieren müssen. Festzuhalten ist, dass die Ausdauer in allen Sportarten einem Optimal- trend folgt – es also auch ein „Zuviel“ geben kann, während die Kraftfähigkeiten einem Maximaltrend unterliegen.

Der Athletiktrainer muss an diesem Punkt die Beanspruchungen, die sich in der Kernsportart ergeben, analysieren und anhand diagnostischer Parameter für jeden Sportler ein Trainingskonzept entwerfen. Letztendlich geht es dabei darum die verschiedenen konditionellen und koordinativen Parameter abzuwägen und zu priorisieren. In den jeweiligen Trainingseinheiten können dann individuell die Schwerpunkte festgelegt werden.

Im Athletiktraining gilt es dabei die angestrebten Anpassungen jeweils festzulegen und zu definieren, welche Einflussgrößen berücksichtigt werden müssen. Da sich Kraft und Ausdauer gegenseitig beeinflussen, sollte im Athletiktraining jeweils ein Schwerpunkt gebildet werden.

 

(Lesen Sie auch: Das funktionelle Training für Läufer: Geheimwaffe „Athletik“)

  

Dennis Sandig

 

Literaturangaben:

1. Schmidtbleicher, D. , 2003, Motorische Eigenschaft Kraft: Struktur, Komponenten, Anpassungserscheinungen, Trainingsmethoden und Periodisierung. In W. Fritsch (Ed.), Rudern – erfahren, erkunden, erforschen. Gießen: Sport Media Verlag. S. 15–40.

2. Birkel, J. und Schneider, B., 2012, Athletiktraining für Triathleten. Hamburg: Spomedis.

3. https://www.trainingsworld.com/training/krafttraining/trainieren-eigenen-koerpergewicht-1440467.html.

4. Silberer, V.: Handbuch der Athletik. Nebst einer Anleitung zum Boxen. Wien 1898.

Neben den Kraft- und Stabilisierungsfähigkeiten fällt auch die Ausdauer in das Feld der Athletik, wenn dem Athletiktrainer beispielsweise das Konditionstraining im Mannschaftsport zugewiesen wird. Es muss auch hier anhand der Zielstellung abgewogen werden, welche Trainingsmethoden angewendet werden können, um bestmögliche Erfolge zu garantieren. Das Abstimmen der Komponenten der Ausdauer hinsichtlich der möglichen Inhalte ist komplex. Auch hier ist das Abgrenzen von Trainingsmethode, Trainingsbereich und den Wechselwirkungen in den Trainingsanpassungen eine wichtige Grundlage der Trainingsplanung.

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Über den Autor

Dennis Sandig

Dennis Sandig arbeitete als Sportwissenschaftler am Institut für Sportwissenschaften der Julius-Maximilians Universität in Würzburg. Aktuell ist er bei der Deutschen Triathlon Union als Wissenschaftskoordinator und Referent für Bildung zuständig, sowie für das umfassende Aus- und Fortbildungsprogramm für Coaches im Triathlon.

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