Wenn Sportler trainieren, kann man oft Pulsmesser an ihren Handgelenken sehen. Allerdings kennen nur die wenigsten auch die eigenen Trainingszonen. Um diese Bereiche zu ermitteln, haben sich verschiedene Verfahren etabliert. Nicht alle sind geeignet, um wirklich die je eigenen Trainingsbereiche zu finden und in der Praxis danach zu agieren. In diesem Beitrag stellt Ihnen Dennis Sandig die Hintergründe zu Ihren Trainingszonen und deren Bedeutung vor.
Was ist eigentlich ein Trainingsbereich?
Wer regelmäßig trainiert und sich sportlich betätigt, verfolgt ein bestimmtes Ziel. Es kann sein, dass Sie Ihre Leistungsfähigkeit gezielt verbessern wollen oder sich einfach die Gesundheit erhalten möchten. Je nach Zielsetzung möchten Sie also mit Ihren Trainingsbelastungen bestimmte Anpassungen in Ihrem Körper erreichen. Diese unterscheiden sich je nach der Intensität, mit der Sie sich gerade in Ihrer Trainingseinheit belasten. Ihr Körper muss ja unterschiedliche Wege beschreiten, um die Energie herstellen zu können. Je nach Trainingsbereich unterscheiden sich also die möglichen Körperreaktionen, die sich aber immer auf Anpassungen in der konditionellen Fähigkeit der Ausdauer beziehen. Die Wirkung eines Ausdauertrainings wird also über die Dauer des Aufenthalts in einem bestimmten Intensitätsbereich bestimmt. Wie der gefunden werden kann, ist das Thema dieses Beitrags.
Probleme mit den Namen der Trainingsbereiche
Schon beim Betrachten der Beschreibung von Trainingsbereichen in der deutschen Trainingsliteratur fällt auf, dass die Bezeichnungen sehr unterschiedlich sind, also keine Einigkeit darüber herrscht. Werden einmal die Ausdrücke „Grundlagenausdauerbereich 2“ (GA 2) und „Entwicklungsbereich“ (EB) synonym verwendet, wird ein anderes Mal vollkommen Unterschiedliches damit beschrieben. Hinzu kommt eine Vielzahl von Unterteilungen und Bereichen, deren Zuordnung zu bestimmten physiologischen Anpassungen nur schwer möglich ist und sich mit modernen Strukturierungen der motorischen Fähigkeiten nicht in Einklang bringen lässt. Dazu gehören in erster Linie die spezifischen Krafttrainingsbereiche, die in unserer Betrachtung deshalb auch außen vor bleiben sollen.
Um die genannten Trainingsbereiche bei einem Sportler festlegen zu können, benötigt man nun einen Referenzwert. Je nach Autor geschieht das auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Einmal wird die Trainingsintensität pauschal als prozentuale Verteilung der maximalen Herzfrequenz angegeben, ein andermal als die maximale Sauerstoffaufnahme. Beide Arten sind ungeeignet, um wirklich individuelle Trainingsbereiche zu bestimmen. Voraussetzung dafür wäre, dass bei unterschiedlichen Sportlern sowohl die Sauerstoffaufnahme als auch die Herzfrequenz dasselbe Anstiegsverhalten hätten und sich zudem linear entwickelten. Beides ist nicht gegeben, so dass das Festlegen der Trainingsbereiche weder an der maximalen Sauerstoffaufnahme noch an der maximalen Herzfrequenz geeignet ist. Es fehlen wichtige Informationen über die unterschiedlichen Stoffwechselwege, und die kann man auch nur durch das Messen unter Belastung gewinnen. Sie sind zur Bestimmung der Trainingsbereiche unerlässlich.
Allerdings kann auch beim Messen der Körperreaktion unter Belastung keine feste Verteilung der Trainingsbereiche vorgegeben werden, da sich die Belastungsstrukturen der verschiedenen Sportarten einfach zu sehr voneinander unterscheiden. Ein Bahnradfahrer und ein Straßenradfahrer können nicht dieselbe prozentuale Verteilung der Trainingsbereiche an einer Laktatschwelle oder einer spiroergometrisch ermittelten Schwelle haben. Deshalb sind beim Ermitteln individueller Trainingsbereiche Fingerspitzengefühl und Erfahrung unbedingt notwendig. Da empirische Empfehlungen fehlen, muss das Trainingsziel also einem Stoffwechselbereich zugeordnet werden. Die Größe und die Verteilung dieser Bereiche müssen für jeden einzelnen Sportler festgelegt werden. Pauschale Empfehlungen sind hier fehl am Platz und entsprechen nicht der physiologischen Wirklichkeit. Das Bestimmen der Trainingsbereiche muss in enger Anlehnung an die Zielbelastung erfolgen. Bei Triathleten zeigte sich in Studien, dass die Trainingsbereiche für die Laufdisziplin und die für das Radtraining jeweils in separaten Tests ermittelt werden sollten.(3)
Die Trainingsbereiche und ihre Grenzen
Je nach Autor, Sportart und geografischer Herkunft werden unterschiedliche Trainingsbereiche beschrieben. Wenn wir von einem bestimmten Trainingsbereich sprechen, kann es sein, dass ein befreundeter Sportler aus einem anderen Land überhaupt nicht versteht, was wir damit meinen. Dazu kommt, dass manche Begrifflichkeiten aus dem amerikanischen Sprachraum in der Übersetzung etwas anderes implizieren, als ursprünglich gemeint war. Ein Beispiel ist die Leistungsdiagnostik: Die aerobe Schwelle nach unserem deutschen Verständnis wird in Amerika lactate threshold genannt, was in der wörtlichen Übersetzung in Deutschland oft fälschlicherweise mit der anaeroben Schwelle gleichgesetzt wird. Um die Verwirrung zu perfektionieren, beschreibt man in der Spiroergometrie eine zusätzliche anaerobe Schwelle (AT) als eine solche, die zwischen der aeroben und der anaeroben Schwelle eines Stufentests zu verorten ist. Das Problem dabei ist, dass die Trainingsbereiche immer in Relation zu den Schwellen angelegt werden.
Was die genannte Verwirrung um die Begrifflichkeiten angeht, kommt es vor, dass 2 Trainer zwar vom selben Trainingsbereich sprechen, aber jeweils unterschiedliche Intensitäten zugrunde legen. Einheitliche Trainingsbereiche zu definieren ist also eine Utopie. Im folgenden Abschnitt möchte ich Ihnen dennoch einige Bereiche vorstellen.
Die Vielzahl der Trainingsbereiche
Je nach Sportart werden bis zu 7 Trainingsbereiche beschrieben. Nicht immer liegen dem wissenschaftlich belegte Erkenntnisse und Studien zugrunde. Bei einigen werden – ganz im Gegenteil – einfach Annahmen geäußert, deren Begründung allein auf Überlegungen und Ideen beruht. So wird im Radsport und im Triathlon immer wieder angenommen, dass ein Training knapp unterhalb der anaeroben Schwelle mit wenigen Umdrehungszahlen und in hohen Gängen die Kraft trainiere. Allerdings steht fest, dass Anpassungen hinsichtlich einer gesteigerten Kraftfähigkeit durch dieses Training nicht zu erreichen sind.(1) Deshalb wird auf die Trainingsbereiche zur „spezifischen“ Entwicklung der Kraftausdauer hier nicht weiter eingegangen. Den anderen Trainingsbereichen kann aber durch die Einteilung des Belastungsspektrums eine physiologische Trainingswirkung zugeschrieben werden. Auch unter diesem Gesichtspunkt schwankt jedoch die Anzahl der Trainingsbereiche zwischen 3 und 5. Man kann eben auf mehreren Wegen das Ziel der Leistungsverbesserung erreichen. Jedes der Trainingssysteme hat eigene Athleten an die Weltspitze gebracht. Trotzdem ist eine einheitliche Bezeichnung wünschenswert, um jedem Sportler die Inhalte und Ideen zum Training verständlich machen zu können. Doch allein im deutschsprachigen Raum finden sich unterschiedliche Bezeichnungen. Wenn Sie die anderen noch mit einbeziehen, ergibt sich eine große Ansammlung dessen, was „Trainingbereich“ genannt wird.
So ermitteln Sie Ihre Trainingsbereiche am besten
Je nach Sportart kann ein Trainingsbereich mit unterschiedlichen Methoden ermittelt werden. Die einfachste und am weitesten verbreitete ist die der Bestimmung anhand eines Belastungstests mit der Übertragung der Ergebnisse in Herzfrequenzvorgaben. Deren Einhalten lässt sich einfach mithilfe eines modernen Pulsmessers überprüfen. Vor allem in den Laufsportarten kann die Trainingsintensität aber auch über die Laufgeschwindigkeit vorgegeben werden. Dabei werden die im Test ermittelten Ergebnisse auf die Laufgeschwindigkeit in km/h oder in die Zeit pro 1000 m übertragen. Moderne Laufcomputer ermitteln die aktuelle Laufgeschwindigkeit über Beschleunigungssensoren oder über GPS-Systeme. Bei Letzteren wird – ähnlich wie bei einem Navigationssystem im Auto – eine Verbindung zu einem Satelliten hergestellt und die Geschwindigkeit über die Fortbewegungszeit von einem Messpunkt zum nächsten bestimmt.
Im Radsport und im Triathlon kann die Intensität des Trainings außerdem über moderne Leistungsmesssysteme erfasst werden. Dabei wird Ihre Leistung auf dem Fahrrad gemessen und auf einem Display angezeigt. Mit allen 3 Methoden lassen sich annähernd gute Ergebnisse erzielen. Im Radsport wird als allgemein gültig unterstellt, dass die Leistungsmessung der Herzfrequenzsteuerung überlegen sei, was sich in Untersuchungen allerdings nicht wiederspiegelt.(2) Egal, mit welcher Methode Ihre Trainingsbereiche bestimmt werden und wie Sie Ihr Training steuern, es bedarf großer Erfahrung, um die passenden Empfehlungen zusammenzustellen. Nur durch ausreichende Rücksprache mit einem Trainer kann festgestellt werden, ob sich diese Empfehlungen auch in Ihre Trainingspraxis umsetzen lassen.
Trainieren mit 3 Bereichen – ein neuer Versuch
Mit nur 3 Trainingsbereichen arbeiten derzeit noch recht wenige Trainer und Sportwissenschaftler. Diese Einteilung basiert auf den Ergebnissen einer Spiroergometrie, die in Form eines Rampen- oder Stufentests durchgeführt werden kann. Bei einem solchen Test erhält man 2 Punkte, die so genannte „anaerobe Schwelle“ (AT) und den „respiratorischen Kompensationspunkt“ (RCP). Bei diesem 3-Zonen-Modell werden die Trainingsbereiche einfach an die ermittelten spiroergometrischen Schwellen angelegt. Das bedeutet, dass Zone 1 mit dem Ziel, die Grundlagenausdauer zu verbessern, bis an die anaerobe Schwelle reicht. Zwischen der AT und dem RCP liegt der 2. Bereich, in dem als Schwellentraining im Wesentlichen der Mischstoffwechsel trainiert werden soll. Der 3. Trainingsbereich liegt oberhalb des RCP und ist der hochintensive, in dem Sie wirklich im roten Bereich trainieren.
Kritisch zu sehen ist, dass die Qualität des Mischstoffwechsels nicht weiter beachtet wird. Das könnte aber zumindest bei ambitionierten Sportlern ein wichtiger Trainingsbereich sein. In der menschlichen Physiologie ist es einfach ein Unterschied, ob der Anteil der anaerob arbeitenden Enzyme groß oder klein ist. Demnach sind auch unterschiedliche Anpassungseffekte denkbar, und das vorgeschlagene Zusammenlegen in einen einzigen Bereich wirft manche Fragen auf. Im Gesundheitssport könnte dieses Modell aber durchaus angewendet werden, wenn es in erster Linie darum geht, Überlastungen zu vermeiden bzw. intermittierend gezielt hochintensive Belastungsreize zu setzen. Diese Idee beruht allerdings allein auf Erfahrungswerten einiger weniger Trainer und Mediziner, die dieses Modell anwenden. Es sollte also mit der gebotenen Vorsicht diskutiert werden, ohne die Wirkungen überzubewerten.
Die Zonen Ihres Stoffwechsels
Ihr Körper verfolgt unterschiedliche Wege, um Energie herzustellen. Man kann grundsätzlich 3 Arten voneinander unterscheiden:
– die aerobe Energiebereitstellung
– den aerob – anaeroben Mischbereich
– den anaeroben Bereich
Wir wollen an dieser Stelle nicht detailliert auf die unterschiedlichen Arten der Energiebereitstellung eingehen. Trotzdem müssen Sie wissen, dass diese Prozesse nicht isoliert voneinander ablaufen, sondern sich gegenseitig bedingen und beeinflussen. Allein kurz vor Erreichen Ihrer Maximalleistung erfolgt die Energiebereitstellung fast ausschließlich anaerob. In den niedrigen Belastungsbereichen gibt es aber immer Teilbereiche, die obligat über anaerobe Wege Energie bereitstellen. Man kann nun diesen Stoffwechselbereichen verschiedene Zielwirkungen zuordnen und diese mit den Trainingsbereichen verknüpfen. Das regenerative Training und das Grundlagenausdauertraining bei geringer Intensität (GA 1) sind dabei dem rein aeroben Stoffwechsel zugeordnet. Der etwas intensivere Grundlagenausdauerbereich 2 (GA 2) und das wettkampfspezifische Ausdauertraining (WSA) bzw. der Entwicklungsbereich (EB) entsprechen dem aerob – anaeroben Mischstoffwechsel. Rein anaerob hingegen werden vor allem Intervalle und das Schnelligkeitstraining durchgeführt.
Ihre Trainingsbereiche
In einer Übersicht wollen wir Ihnen die Trainingsbereiche vorstellen und eine Ordnung präsentieren, die sich an einem physiologischen Trainingsmodell orientiert.
Trainingsbereich | Abkürzung | Synonyme | Beschreibung | Intensität |
Kompensationsbereich | KB |
Regeneratives Training (REKOM) |
Regeneratives Training zur aktiven Erholung, z. B. nach intensiven Trainingseinheiten oder Wettkämpfen |
Aerob, im Bereich des Basislaktats, maximal bis zur aeroben Schwelle |
Grundlagenausdauer- bereich 1 |
GA 1 |
Grundlagenausdauer (GA; G1) |
Trainingsziel ist die Ausbildung der aeroben Kapazitäten. Je nach Intensität und Ernährungsweise kann eher der Fettstoffwechsel oder der aerobe Kohlenhydratstoffwechsel angesprochen werden |
Aerob. Laktat im Bereich der aeroben Schwelle bis unter der anaeroben Schwelle. Genaues Festlegen erfolgt anhand der Laktatkinetik (Form des Kurvenverlaufs) |
Grundlagenausdauer- bereich 2 |
GA 2 |
Wird von manchen Autoren fälschlicherweise mit dem Entwicklungsbereich gleichgesetzt (Schmidt, 2007)! Sonst: Grundlagenausdauer 2 (G2) |
Trainingsbereich mit zunehmendem Mischstoffwechsel, der aber im Schwerpunkt trotzdem aerob und deshalb unter der individuellen anaeroben Schwelle (IAS) bleiben muss. |
Aerober Trainingsbereich, der aber zunehmend auch im anaeroben Mischstoffwechsel arbeitet, aber unter der IAS bleibt |
Entwicklungsbereich | EB |
Schwellentraining (ST) |
An und über der IAS wird der Anteil der anaeroben Energiebereitstellung zunehmend größer. Training der anaeroben Kapazitäten ist ein Ziel. |
Je nach Laktatkinetik beginnt der Bereich um ca. 5 % unterhalb der IAS und geht um bis zu 5 % über die Schwelle. |
Spitzenbereich | SP |
Wettkampfspezifische Ausdauer (WSA) |
Trainieren der anaeroben Kapazitäten |
Anaerober Übergang oberhalb der anaeroben Schwelle |
Tabelle 1: Die Trainingsbereiche
Wenn Sie sich an den Trainingsbereichen in dieser Tabelle orientieren, steht Ihre Trainingsanpassung im Einklang mit den Vorstellungen zur individuellen Physiologie. Trotzdem sollten Sie daran denken, dass auch die Trainingsbereiche nicht in festen Grenzen verlaufen und bei einem bestimmten Herzschlag enden!
Trainingstipps
– Orientieren Sie Ihr Training nicht an der pauschalen prozentualen Verteilung der maximalen Herzfrequenz oder der maximalen Sauerstoffaufnahme.
– Ihre Trainingsbereiche sollten individuell anhand Ihrer Stoffwechselleistung festgelegt werden.
– Erfassen Sie Ihr Training mit einem Pulsmesser oder einem Laufcomputer, und orientieren Sie sich an den eigenen Trainingsbereichen.
– Halten Sie sich nicht an den starren Grenzen der Trainingsbereiche fest. Längere Trainingseinheiten können statt im Grundlagenausdauerbereich auch mal im Übergang zum regenerativen Trainingsbereich stattfinden.
Dennis Sandig M.A.
Quellenangaben
1. Isokinetics and Exercise Science, 2008, Bd. 16 (3), S. 189
2. Journal of Strength and Conditioning Research, 2009, Bd. 23 (2), S. 619–625
3. Journal of Strength and Conditioning Research, 2009, Bd. 23 (1), S. 251–258
4. Schmidt, A., 2007, Das große Buch vom Radsport. Aachen: Meyer & Meyer
Fachsprache
Anaerobe Schwelle – beschreibt einen Punkt, der oberhalb der aeroben Laktatschwelle, aber unterhalb der individuellen anaeroben Laktatschwelle liegt
Respiratorischer Kompensationspunkt (RCP) – wird bei einer Spiroergometrie ermittelt und markiert einen Punkt im Stoffwechsel, ab dem der Körper rein anaerob agiert
Lactate Threshold – beschreibt die aerobe Schwelle, ermittelt über die Laktatkinetik (dabei wird das Anstiegsverhalten und das Verlassen der Laktatbasis herangezogen)