Koordinationstraining im Tennis

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Das Koordinationstraining spielt im Tennis eine bedeutende Rolle, die vor allem bei der Ausbildung junger Tennisspieler oft vernachlässigt wird. Durch die Vielseitigkeit des Tennissports muss der Spieler viele komplexe Bewegungsformen beherrschen.

Man stelle sich nur einmal die Aufschlagbewegung vor. Der Spieler muss Ballwurf, Schlägerführung, Körperbewegung und den Treffpunkt so aufeinander abstimmen, dass der Ball im gegnerischen Aufschlagfeld landet. Zusätzlich muss er teilweise noch Wind und Wetter berücksichtigen.

Kurzum: Die Schulung von koordinativen Fähigkeiten ist unverzichtbar. Genau wie die konditionellen Fähigkeiten sind die koordinativen Fähigkeiten ein leistungslimitierender Faktor im Tennis. Daher gilt es, vor allem im Kindes- und Jugendalter der koordinativen Ausbildung besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Je eher ein Tennisspieler diese Fähigkeiten übt, desto leichter prägen sich die tennisspezifischen Bewegungsformen ein. Zudem können die koordinativen Fähigkeiten sehr vielseitig trainiert werden, sodass der Spaßfaktor nicht zu kurz kommt. Beginnt man bei Kindern mit der koordinativen Ausbildung, sollte beachtet werden, zuerst mit einer allgemeinen koordinativen Ausbildung zu starten und darauf aufbauend tennisspezifisch zu schulen.

Dieser Artikel beschränkt sich auf das tennisspezifische Koordinationstraining. Im Folgenden werden Trainingsbeispiele zu den im Tennis wichtigsten koordinativen Fähigkeiten vorgestellt.

 

Kopplungsfähigkeit

Kopplungsfähigkeit ist die Fähigkeit, Teilbewegungen aufeinander abzustimmen. Wie bereits erwähnt ist dies beispielsweise beim Aufschlag von entscheidender Bedeutung, spielt aber auch bei vielen anderen Elementen eine große Rolle. Vorhand und Rückhand sind ebenfalls zusammengesetzte Teilbewegungen.

 

Übung 1

Der Spieler startet von der Grundlinienmitte. Auf der linken Seite der Grundlinie stehen zwei Hütchenteller im Abstand von zwei Metern. Auf einem der Teller liegt ein Tennisball. Der Trainer spielt einen Ball auf die Vorhand, also die rechte Seite der Grundlinie. Nach dem Schlag hat der Spieler die Aufgabe, so schnell wie möglich auf die linke Seite zu laufen und den Ball von einem Hütchenteller auf den anderen zu legen. Danach spielt er wieder eine Vorhand, usw. Pro Durchgang sollen sechs Grundschläge gespielt werden. Eine Serie beinhaltet drei bis vier Durchgänge. Danach wird gewechselt und Rückhand gespielt.

 

Übung 2: Sampras smash

Diese Trainingsform ist sehr anspruchsvoll und nur für Fortgeschrittene geeignet. Startpunkt ist die Grundlinie, von der aus der Spieler losläuft. Der Trainer spielt einen hohen Lob auf die T-Linie. Der Spieler soll nun keinen gewöhnlichen Schmetterball spielen, sondern beidbeinig vom Boden abspringen, ähnlich einem Sprungaufschlag beim Volleyball, und den Ball ins gegnerische Feld schmettern. Anschießend spielt der Trainer einen Volley an und der Punkt wird ausgespielt.

 

Differenzierungsfähigkeit

Die Differenzierungsfähigkeit stellt mit die wichtigste koordinative Komponente im Tennis dar. Hier geht es um das Erreichen einer hohen Feinabstimmung einzelner Bewegungsformen. Ein Spieler muss bei fast jedem Schlag unterschiedlich schnell beschleunigen, Kraft einsetzen und das Tempo des Gegners berücksichtigen, damit der Ball ohne Fehler im gegnerischen Feld landet.

 

Übung

Es werden 6 Bälle vom Trainer angespielt. Diese sollen alle unterschiedliches Tempo und Drall haben, beispielsweise mit Slice, mit viel Topspin, ohne Spin, viel Tempo, wenig Tempo, etc. Der Spieler hat die Aufgabe alle Bälle in ein vorgegebenes Zielfeld zu spielen.

 

Orientierungsfähigkeit

Diese Fähigkeit verlangt vom Tennisspieler die Lage des eigenen Körpers im Raum zu bestimmen und zielgenau zu verändern. Dazu gehört vor allem die Beobachtung von Ball und Gegner und die daraus resultierende Reaktion des Spielers.

 

Übung

Eine hervorragende Übung, die sehr viel Spaß bringt, ist das Tischtennis-Doppel mit einem Schläger. Gespielt wird in 2er-Teams im Einzelfeld nach Tischtennisregeln, d. h. die Spieler schlagen abwechselnd den Ball. Erschwerend kommt hinzu, dass jedes Team nur einen Schläger besitzt, sodass zusätzlich zum gegnerischen Team auch noch der eigene Partner beobachtet werden muss, damit der Schläger rechtzeitig übergeben werden kann.

 

Rhythmisierungsfähigkeit

Hier geht es darum einen von außen vorgegebenen Rhythmus zu erfassen und motorisch reproduzieren zu können. Im Tennis ist dies besonders wichtig, um ein sicheres und solides Spiel von der Grundlinie aufziehen zu können und so einen Rhythmus zu finden, den der Gegner nur schwer unterbrechen kann.

 

Übung

Diese Übung ist besonders geeignet, wenn man am Anfang oder Ende der Saison von der Halle nach draußen bzw. von draußen in die Halle geht.

Es sollen im mittleren Tempo Grundlinienschläge gespielt werden. Jedes Mal wenn der Ball aufkommt, sollen die Spieler laut „Tip“ sagen. Wenn sie den Ball schlagen, soll im Treffpunkt „Top“ gesagt werden. Variieren kann man diese Übung, indem man vorgibt den Ball im höchsten Punkt, im Fallen oder sogar im Steigen zu nehmen.

 

Reaktionsfähigkeit

Die Reaktionsfähigkeit ist die Fähigkeit zur Einleitung und Ausführung zweckmäßiger, kurzzeitiger, motorischer Aktionen. Im Tennis ist sie daher besonders wichtig, um auf die Vielzahl von verschiedenen Schlägen rechtzeitig die entsprechende Lösung zu finden und diese korrekt einzuleiten.

 

Übung 1

Die beste Möglichkeit, die Reaktionsfähigkeit zu trainieren, bietet sich am Netz. Beim Volley hat man wesentlich weniger Zeit sich auf den gegnerischen Ball einzustellen. Bei der folgenden Übung steht ein Spieler am Netz, alle anderen postieren sich mit drei Bällen in der Hand an der Grundlinie. Die Bälle sollen nun so schnell auf den Spieler geschlagen werden, dass dieser nicht alle erwischen kann. Hier geht es schlicht und einfach darum, so viele Bälle wie möglich zu erreichen.

 

Übung 2

Auch diese Übung findet am Netz statt. Zwei Spieler stehen sich gegenüber, ca. einen Meter hinter der T-Feld-Linie. Es sind nur Volleys erlaubt. Der Ball wird angespielt und anschließend rücken die Spieler auf, sodass der Abstand immer kürzer wird. Diese Übung kann auch zu viert als Doppelübung praktiziert werden.

 

Fazit

Die Schulung koordinativer Fähigkeiten ist unerlässlich für die Ausbildung im Tennis. Je eher man damit anfängt, desto schneller stellen sich Erfolge ein, da automatisierte Bewegungsabläufe das zentrale Nervensystem entlasten. Bei Kindern von 8-12 Jahren erreicht man die schnellsten Fortschritte, bei Erwachsenen dauert es wesentlich länger bis erkennbare Veränderungen zu verzeichnen sind.

Ein großer Vorteil ist, dass der Trainer bei der Gestaltung der Übungen so viel Spielraum hat, dass Koordination sehr abwechslungsreich und mit viel Spaß vermittelt werden kann. So steigert man die Anpassungsfähigkeit und die Motivation der Lernenden. Zu beachten ist jedoch, dass tennisspezifisches Koordinationstraining lediglich eine Ergänzung zum allgemeinen Koordinationstraining darstellt. Gerade im Kindesalter sollte darauf geachtet werden, die Koordination ordentlich zu schulen.

Zusätzlich sind die Übungen so zu gestalten, dass sie immer eine Herausforderung für den Übenden darstellen. Nur anspruchsvolle Trainingsformen verbessern die Koordinationsfähigkeit. Diese sollten dann häufig wiederholt werden, damit die Bewegungen automatisiert und jederzeit abrufbar sind. Übungen einmalig durchzuführen wird kaum oder gar keinen erkennbaren Effekt erzeugen.

 

Philipp Osburg

 

Quellenangaben

1. Deutscher Tennis Bund (1996). Tennislehrplan Band 2: Unterricht und Training. München: BLV Verlagsgesellschaften.

2. Friedrich, W. (2004). Grundlagen Sportwissen. Balingen: Spitta-Verlag.

3. Schneider, Hubert (1994): Sportwissenschaft und Sportpraxis Lehren und Lernen im Tennis.

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Philipp Osburg

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