Myofasziales Pilates für die oberflächliche Rückenlinie

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Faszientraining ist seit geraumer Zeit eine der viel diskutierten und am meisten weiterentwickelten Methoden. Neben vielen neuen Ansätzen ist die Arbeit an den faszialen Strukturen auch in klassischen Sportarten vorhanden. Pilates Trainerin Michaela Bimbi-Dresp beschreibt Wirkungsweise und Übungen.

Große Pilates-Ausbildungsschulen wie Stott Pilates integrieren die Myofasziale Hypothese von Tom Myers in die Entwicklung von neuen Bewegungsprogrammen. Beispielhaft sei hier das Zenga-Programm von Merrithew erwähnt, in dem Elemente aus Pilates, Yoga und Tanz kombiniert werden und das Training der myofaszialen, anatomischen Zuglinien (oder auch myofasziale Meridiane genannt) fokussieren. Tom Myers erklärt umfassend in seinem Buch „Anatomy Trains“, dass ein Muskel unabhängig von seiner isolierten Wirkungsweise auch funktionell integrierte, den Körper umspannende Verbindungen innerhalb des Fasziennetzes beeinflusst. Faszien ziehen sich dabei als bindegewebige Hüllen, Fasern oder sogar flüssige kristalline Verbindungen durch den gesamten Körper. Tom Myers betrachtet hier aber vor allem die muskelrelevanten Fasern, woraus sich auch die Definition „Myo“ (Muskelgewebe) und „Faszie“ (bindegewebiges umgebendes Netzwerk) ergibt. Insgesamt definiert Myers 12 myofasziale Verbindungen, aus denen in diesem die sogenannte oberflächliche Rückenlinie vorgestellt werden soll.

Lokale Probleme nicht nur lokal behandeln

Die klinische Relevanz für jede Manual- und Bewegungstherapie besteht darin, daß ein lokales Problem nicht nur lokal behandelt oder trainiert wird, sondern „holistisch“ die gesamte Zuglinie, in derer sich das Problem befindet. Damit ähnelt Myers ganzheitliche Betrachtungsweise den Muskelschlingen-Systemen von Andry Vleeming und Diane Lee, wenn auch diese Muskelschlingen und Faszienmeridiane zum Teil unterschiedlich definiert sind.

Ein Einwirken auf einen Punkt innerhalb einer Faszienlinie wird über deren Gesamtheit verbreitet, so wie sich eine Laufmasche in einem Pullover weiterzieht. Ein Schmerz an einer bestimmten Stelle kann seine Ursache ganz woanders auf der faszialen Linie haben.

Plantar-Faszie wirkt auf die gesamt Rückenlinie

Die oberflächliche Rückenlinie zieht sich wie folgt durch den Körper: Beginnend an der Unterseite der Zehen, über die Fascia Plantaris (die große Faszie der Fußsohle), die Ferse (Kalkaneus), Musculus Gastrocnemius, Achilles-Sehne, Femurkondylen, Musculi Biceps Femoris, Semitendinosus, Semimembranosus, die Sitzbeinhöcker, Ligamentum Sacrotuberale, Kreuzbein, Fascia sacrolumbale, Musculus Erector Spinae, Linea Nuchalis, Galea Aponeurotica/Aponeurosis Epicraniales bis hin zum Stirnbein und damit beendend über den Augenbrauen. Im Prinzip zieht sich die Linie damit von der Fußunterseite über die gesamte Körperrückseite, über den Hinterkopf bis zur Stirn und hat damit primär die ganztägige Haltungsfunktion zu leisten. Diese Haltearbeit erfordert einen hohen Anteil an tonischen Muskelfasern (langsam zuckenden Muskelfasern/Slow Twitch). Die Bewegungsfunktion besteht in der Extension und Hyperextension (Ausnahme Knieflexion).

Ein guter Test im Erspüren dieser oberflächlichen Rückenlinie kann einfach mit einem Tennisball gemacht werden. Zunächst stellt man sich auf beide Füße und rollt zum Boden ab. Wie weit kommt man mit den Fingerspitzen? Kurz innehalten, merken und dann wieder aufrollen. Der Tennisball wird nun unter den rechten Vorder-Fuß gelegt und das Körpergewicht darauf abgelassen. Hier verbleibt man ein bis zwei Minuten und befördert den Ball etwas weiter nach hinten, Richtung Ferse. Auch hier verbleibt man für ein bis zwei Minuten. Im mittleren Bereichs des Quer- und Längsgewölbes wird es zumeist etwas unangenehmer – hier vor allem verbleiben…atmen….das Gewicht sacken lassen.So macht man weiter, bis der ganze Fuß „massiert“ wurde. Jetzt wird wieder zum Boden abgerollt. Wie weit kommt man jetzt? In fast allen Fällen kommt man etwas weiter, vor allem mit den rechten Fingerspitzen. Dieses einfache Experiment zeigt die Einflußnahme auf die Faszia Plantaris und vor allem aber auch die Auswirkung auf die gesamte Rückenlinie. Bitte mit dem linken Fuß durchführen…

Passende Pilates- und Yoga Übungen

Als bewegungstherapeutische Interventionen führt Tom Myers verschiedene Yoga- und Pilates-Übungen an:

Pilates: Spine Stretch Forward, Roll Up, Roll Over und Push Up (beim Push Up in der Position des nach unten schauenden Hundes verbleiben und dort immer abwechselnd eine Ferse anheben und die andere in den Boden drücken).

Yoga: Dandasana, der nach unten schauende Hund, der Pflug

Bei näheren Infos empfehlen wir die neuen Zenga-Pilates-Programme von STOTT PILATES ® unter www.merrithew.com und die Lektüre von Tom Myers (Anatomy Trains)

Viel Spaß!

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Über den Autor

Michaela Bimbi-Dresp

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