Verbessern Sie Ihr Gleichgewicht und halten Sie Balance!

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Heutzutage nutzen viele Sportler das Gleichgewichtstraining als integralen Bestandteil ihres allgemeinen Trainingsprogramms, sowohl zur Verletzungsprävention als auch zur Leistungssteigerung.

Die Fähigkeit, die Balance zu halten, brauchen Läufer, wenn sie ein Waldgebiet durchqueren, Tennisspieler, wenn sie einen Stoppball erlaufen und Fußballer, wenn sie den Ball in leichter Rückwärtslage Volley nehmen. Jede dieser Situationen erfordert die Einübung von genau dem richtigen Maß an Beweglichkeit und Gewandtheit der entsprechenden Körperstellen zur rechten Zeit. So können wir die angestrebte Aufgabe bewältigen, das Gleichgewicht wiedergewinnen und sind dann in der Lage , die gleiche, oder eine ähnliche Aufgabe ohne Verletzung zu wiederholen. Beim Gleichgewichtstraining ist es so wie bei den meisten anderen Trainingsarten auch; wir wollen in einer kontrollierten Umgebung das simulieren und beeinflussen, was wir in einer Wettkampf- oder Spielsituation machen.

Das Gleichgewicht zu halten bedeutet, dass Ihr Körperschwerpunkt in der Stützbasis liegt, d. h. Ihr Rumpf ist in einer Linie mit den Füßen. In der Vergangenheit sind wir für gewöhnlich davon ausgegangen, optimales Gleichgewicht sei am besten dadurch veranschaulicht, dass man auf einem Bein steht und so lange wie möglich so bewegungslos wie möglich bleibt. Wenn wir jedoch jemanden im Zeitraffer aufnehmen würden, wie er dies macht, gelänge es selbst dem geschicktesten Pantomime-Künstler nicht, das über längere Zeit hinzubekommen. Das liegt daran, dass, auch wenn wir versuchen, absolut bewegungslos zu bleiben, unser Körper ständig in Bewegung ist, Energie überträgt und be- und entlastet wird. Die Körpersysteme sind nämlich darauf eingestellt, auf Feedback zu reagieren, und wenn wir absolut bewegungslos blieben, könnte kein Feedback erfolgen.

Neben der Bedeutung des Körperschwerpunkts müssen wir uns auch der des Druckzentrums für den Gleichgewichtsausgleich bewusst sein. Wissenschaftler der Universität Waterloo in Kanada haben versucht, uns diese Konzepte mit Hilfe einer anschaulichen Analogie aus der Schafhaltung begreiflich zu machen. Sie beschreiben den Körperschwerpunkt als ein Schaf, das wir innerhalb eines bestimmten Gebiets eingegrenzt halten müssen. Das Druckzentrum ist der Hütehund. Wenn Letzterer sieht, dass Ersteres zu weit sich von dem Ort entfernt, wo es sein sollte, muss er es einfangen und zurückdrängen.

Was sagt uns diese Analogie? Das Gleichgewicht ist ein dynamischer Prozess, der bei allem zum Tragen kommt, was wir tun. Darunter beispielsweise Spazieren gehen oder Laufen, wobei wir fortwährend die Balance verlieren und sie wiedergewinnen. Oder Tennis, wobei wir das Gewicht auf die Vorhand verlagern, jene Kräfte verlangsamen, sprich abbremsen und gleichzeitig mit Wucht den Schlag ausführen. Auch im Fußball, wo es sein kann, dass wir uns drehen, um in eine Richtung zu laufen und dann plötzlich die Richtung ändern müssen. Die Fragen, die wir uns als Sportler stellen müssen, sind: Bis zu welchem Punkt kann ich den Körperschwerpunkt verlagern? Wie weit und wie schnell kann ich das System in Gang bringen, jene Kräfte entschleunigen und wieder zum Ausgangspunkt zurückkehren. Und bin ich in der Lage, mit jenen Kräften und jenen Drehmomenten auf allen 3 Bewegungsebenen zurechtzukommen?

Um die dynamische Gleichgewichtsfähigkeit des Körpers zu verstehen, muss man zuerst das „propriozeptive System“ begreifen, welches Informationen über Lage, Bewegung und Gleichgewicht von den anderen Systemen des Körpers, darunter zentrales und peripheres Nervensystem, zurückleitet. Eine kürzlich veröffentlichte Studie aus den USA veranschaulicht die Synergie des propriozeptiven Systems, woraus sich weitreichende Folgen für das Gleichgewichtstraining ableiten lassen. 18 Universitätsstudenten wurden gebeten, auf einem Bein zu stehen (das Bein, welches das Gewicht trägt, über Kreuz gehalten, um als Gegengewicht zu fungieren) und die Augen 12 Sekunden lang geöffnet zu halten. Sie standen auf 3 verschiedenen Oberflächen – auf einer festen, einer glitschigen und einer unebenen. Dann wiederholten sie den Test mit geschlossenen Augen auf einem festen Belag. Die Forscher fanden heraus, dass das Sprunggelenk, unabhängig davon, wie die Bedingungen waren, am meisten zur Stabilisierung beitrug. Unter erschwerten Bedingungen jedoch (wie mit der glitschigen Oberfläche oder bei geschlossenen Augen), wirkten Hüfte und/oder Knie stabilisierender. Diese Studie zeigt, dass, wenn wir das Gleichgewicht trainieren, wir unterschiedliche Feineinstellungen vornehmen können (wie bspw. dieselbe Übung mit geschlossenen Augen zu wiederholen oder dabei mit dem Kopf zu wackeln), um die Wirkung des Trainings zu verstärken. Die Oberfläche Ihrer Gleichgewichts-Trainingseinheit zu verändern ist eine andere gute Modifikation: Trainieren Sie gelegentlich auf einer klumpigen, unebenen Grasfläche oder wiederholen Sie bei Trainingseinheiten im Fitnessstudio einfach jede Gleichgewichtsübung auf einer Trainingsmatte, um ein anderes „Gefühl“ zu bekommen.

An dieser Stelle lohnt es sich Ihnen davon abzuraten, es auf die Spitze zu treiben und in ein Wackelbrett oder ein ähnliches Gerät zu investieren. Es gibt nämlich sehr wenige Sportarten, die dieses Maß an Gleichgewichtsvermögen erfordern und, wie die oben erwähnte Studie darlegt: Je weniger stabil die Oberfläche ist, desto mehr Ausgleich brauchen Sie weiter oben im Knie, der Hüfte und im Rumpf. Sogar was die Rehabilitation nach einer Verletzung des Sprunggelenks angeht, ist die Effektivität von Wackelbrettern – verglichen mit dem, was Sie machen können, um mithilfe des eigenen Körpers Stabilität zu trainieren – begrenzt.. Diese Sportgeräte sind künstlich. Mit ihnen können Sie keine funktionellen Aufgaben simulieren, und sie lassen auf einen Mangel an Kreativität in Bezug auf Funktionstraining und Rehabilitation schließen. Zu einem sportspezifischen Gleichgewichtstraining sollte gehören, dass Sie Funktionskomponenten dieses Sports simulieren. Deshalb werden in diesem Artikel sowohl allgemeine, als auch sportspezifische Übungen (Tennis und Fußball) skizziert. Sie umfassen Vorschläge für verschiedene feine Modifikationen zwecks Progression. Für alle Läufer gilt: Die allgemeinen Übungen sind am besten auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten.  

Übung 1: Diagonal geschlagene Fausthiebe

Faustschläge auf einem Bein

Stellen Sie sich auf ein Bein und bringen das andere Bein angewinkelt direkt neben das Stützbein, ohne es zu berühren. Schlagen Sie mit 1-kg-Hanteln abwechselnd mit links und rechts in die Luft über Kopfhöhe (10-mal mit jedem Arm) und lassen das stützende Knie locker, vielleicht mit einem kleinen Sprung bei jeder Wiederholung. Wiederholen Sie den Ablauf und schlagen seitlich über Schulterhöhe. Nun (Sie halten die Balance noch auf demselben Bein) schlagen Sie abwechselnd diagonal nach links und rechts über den Kopf, weiterhin 10-mal mit jedem Arm. Dann wiederholen Sie den ganzen Vorgang, während Sie auf dem anderen Bein stehen. Sie wiederholen dann die gesamte Übung noch einmal und beginnen diesmal damit, abwechselnd mit dem linken und dem rechten Arm direkt nach vorne in Schulterhöhe (Übung 2, unten) zu schlagen. Dann gehen Sie zu seitlichen Schlägen auf Schulterhöhe über und schließlich zu diagonal geschlagenen Faustschlägen unter Kopfhöhe.    

1. Führen Sie Progression ein, indem Sie etwas schwerere Gewichte nehmen oder die Übung mit geschlossenen Augen oder auf einer Grasfläche bzw. einer Trainingsmatte wiederholen.

2. Die Fußball-Modifikation: Stellen Sie sich auf das linke Bein und köpfen Sie 10 Bälle, die Sie von einem 1,5 Meter entfernt Zuspieler bekommen, sofort zurück. Drehen Sie dann Ihren Kopf nach links und bleiben Sie weiterhin auf dem linken Bein stehen. Währenddessen wirft Ihnen der Zuspieler von links 10 Bälle zu und Sie köpfen sie nach unten, ihm vor die Füße. Der Zuspieler füttert Sie dann mit 10 Bällen von seiner ursprünglichen Position aus vor Ihnen, und dieses Mal köpfen Sie die Bälle zu einem Ziel auf 10 Uhr auf dem linken Bein oder 2 Uhr auf dem rechten. Wiederholen Sie die Übungen mit dem anderen Fuß, immer mit der Absicht das freie Bein direkt neben dem Stützbein in der Luft zu halten, ohne es zu berühren.

3. Die Tennis-Modifikation: Stellen Sie sich ans Netz auf das rechte Bein und schlagen Sie 5 Vorhandvolleys (über Schulterhöhe) gerade die Linie herunter und weitere 5 quer über den Platz. Wiederholen Sie das auf dem linken Bein stehend, diesmal aber mit der Rückhand (wenn Sie Linkshänder sind, machen Sie es umgekehrt). Dann machen Sie, nacheinander auf dem einen, dann auf dem anderen Bein stehend, 5 Schmetterbälle über den Kopf. Wiederholen Sie dann die gesamte Übung mit Volleys, abgefeuert auf Schulterhöhe oder darunter.  

Übung 2: Sprungschritte

Bei der 2. Übungsreihe stehen Sie in der Ausgangssituation auf einem Bein und machen einen Sprungschritt nach vorne. Halten Sie diese Position 2 Sekunden lang, bevor Sie auf die gleiche Art zur Ausgangssituation zurückkehren. (Wie weit Sie springen, hängt von Ihrer Stabilitätsgrenze ab.) Wiederholen Sie es auf der anderen Seite. Diese Vorwärts-Rückwärts-Bewegung ist das, was man Arbeiten auf der Sagittalebene nennt. Als Nächstes müssen wir auf der Frontalebene arbeiten (von Seite zu Seite). Springen Sie also mit dem linken Fuß aus der Ausgangsposition nach links, halten Sie die Stellung 2 Sekunden lang und machen Sie dann einen Sprungschritt zurück in die Ausgangssituation. Wiederholen Sie dies zur anderen Seite hin. Die 3. Bewegungsebene (vielleicht die wichtigste) ist die Transversalebene, die einen späteren seitlichen Sprungschritt einschließt. Stellen Sie sich vor, Sie stehen in der Mitte eines großen Ziffernblatts, dem 12-Uhr-Zeiger zugewandt. Machen Sie zuerst einen Sprungschritt zurück auf die 8-Uhr-Position links und stellen Sie sicher, dass Ihr Fuß Richtung 8 Uhr zeigt; verharren Sie in dieser Position 2 Sekunden, dann machen Sie einen Sprungschritt zurück auf die Ausgangsposition. Nun wiederholen Sie das Ganze bei 4 Uhr rechts.

Variationen wie folgt:

1. Zwecks Progression wiederholen Sie die Übung mit einer oder mehreren der folgenden Abwandlungen bei den Sprungschritten:

2. Die Tennis-Modifikation: Machen Sie mit dem rechten Fuß einen Sprungschritt vorwärts, während Sie einen Vorhandvolley spielen (Übung 3, unten), dann machen Sie einen Sprungschritt zurück. Wiederholen Sie das mit dem linken Fuß mit einem Rückhandvolley. Nun wiederholen Sie den Vorgang auf der Frontalebene, indem Sie mit Ihrem rechten Fuß einen Sprungschritt nach rechts machen, um den Vorhandvolley zu spielen, und nach links für eine Rückhand. Dann wiederholen Sie ihn (erneut), indem Sie sich der Ziffernblatt-Analogie bedienen und einen Sprungschritt zurück nach 4 Uhr machen, um den Vorhandvolley aus leichter Rückwärtslage zu spielen. Dann wiederholen Sie das Ganze nach links auf 8 Uhr für die Rückhand. Wenn Sie Linkshänder sind, machen Sie es umgekehrt.  

3. Die Fußball-Modifikation: Wenden Sie dasselbe Prinzip an wie bei der Tennis-Modifikation. Machen Sie einen Sprungschritt mit einem Fuß, während ein Zuspieler Sie mit Bällen versorgt, die Sie mit dem anderen Fuß Volley nehmen (Übung 4, unten).   Diese Übungen können leicht in Ihr laufendes Konditionsprogramm eingebaut und durchgeführt werden, unabhängig davon, ob Sie munter oder müde sind. Es empfiehlt sich die Tageszeit zu variieren, wenn Sie diese Übungen machen. Das gilt auch für die Oberfläche, die Sie verwenden. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Gleichgewichtstraining weiterhin aufgabenorientiert bleibt und versuchen Sie nicht, sich zu sehr auf das Ausbalancieren zu konzentrieren, da dies die Sache nur kompliziert. Wir müssen den Körper nicht erst auf Betriebstemperatur bringen, um für Gleichgewicht und Stabilität zu sorgen; die Beschaffenheit des Körpers ist so, dass, wenn er nicht auf Betriebstemperatur ist, es dafür eine biologische Erklärung gibt. Und wenn Ihr Gleichgewicht auf einem Bein schlechter ist als auf dem anderen, könnte es schlicht und einfach sein, dass Ihre Wade zwickt oder Sie eine Verhärtung in der Ferse haben. Gleichgewicht ist etwas, was wir ein Leben lang brauchen. Wenn wir älter werden, müssen wir in allen Bereichen viel geschickter trainieren, und das Gleichgewicht ist da keine Ausnahme.

Sean Corvin

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