Notfalltraining

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Die meisten Athleten durchlaufen eine Grundlagen bildende Phase innerhalb ihres Trainingsjahres, währenddessen die Trainingsintensität eher moderat gehalten, wohingegen der Umfang (die Anzahl der Minuten oder Meilen pro Trainingswoche ansteigt) allmählich gesteigert wird. Das Ziel dieser Grundlagen bildenden Trainingsphase wird gewöhnlich immer als Zunahme der gesamten aeroben Kapazität und einem zunehmenden Anstieg der Muskelkraft und des Bindegewebes angesehen.

Während die meisten Sportler eine solche Grundlagenphase durchlaufen, sind sich nur wenige klar darüber, was nach dieser Phase ansteht. Außerdem steht vielen Athleten aufgrund von Wettkämpfen bevor, schnell fit zu werden, da sie sich plötzlich dazu entschließen, an wichtigen Wettkämpfen teilzunehmen. Was wäre für solche Athleten ein guter Weg aus der Grundlagenphase schnell herauszukommen und die Fitness zu steigern, ohne dabei ein signifikantes Risiko des Übertrainings eingehen zu müssen?

 

Das 4-Wochen-Programm

Südafrikanische Forscher haben darauf eine Antwort. An der Universität in Kapstadt folgten Forscher 8 Leistungsradfahrern, die aus einem Grundlagentraining kamen, währenddessen sie bei ungefähr 80 % ihrer maximalen Herzrate moderat trainierten (ungefähr 70 % der VO2max). Die Radfahrer waren im Schnitt 25 Jahren alt, wogen 174 Pfund, fuhren seit 3 oder 4 Jahren im Durchschnitt ungefähr 43 Kilometer Rad pro Tag (300 Kilometer pro Woche).

 

Zu Beginn der Studie, die ungefähr 28 Tage andauerte, reduzierten die Radfahrer ihr wöchentliches Trainingspensum um ca. 15 Prozent und begannen mit einem Intervalltraining 2-mal pro Woche. Die Intervallbelastungen waren einfach und bestanden aus 6 bis 8 mal 5-minütigen Wiederholungen pro Trainingseinheit, mit kurzen Pausen von einer Minute zwischen den Wiederholungen. Die Intensität bei jedem Belastungsintervall wurde bei 80 Prozent der Höchstleistung angesetzt, d. h. 90 Prozent der VO2max (die Herzfrequenz würde bei 93 Prozent der maximalen Herzfrequenz am Ende jedes 5-minütigen Intervalls liegen).

 

Allerdings wurde dieses Grundlagennotfalltraining sehr einfach gehalten. Die durchschnittliche Meilenanzahl wurde um 15 Prozent reduziert und zwei Intervallbelastungen wurden jede Woche hinzuaddiert. Ansonsten lief das Training wie zuvor ab.

 

Mehr Geschwindigkeit, Kraft und Ausdauer

Hat das Notfalltraining die Leistung der Radfahrer schnell verbessert? Sie sagen es! Nach dem 4-wöchigen Notfall-Intervalltraining verbesserte sich die Zeit der Athleten auf einem 40 km-Kurs von 57.1 Minuten auf 55.9 Minuten, eine nette Steigerung um 2.9 Prozent.

 

Aber das war nicht alles! Obwohl das Intervalltraining keine hochintensive Belastung darstellte, stieg die Höchstleistung der Radfahrer (die maximale Leistung, welche die Muskeln während des Radfahrens erbringen konnten) um 3 Prozent in 28 Tagen an und deren Fähigkeit bei einer extrem hohen Intensität weiter zu treten, erhöhte sich um 22 Prozent (von 59 auf 72.5 Sekunden).

 

Darüber hinaus schoss die maximale aerobe Kapazität (VO2max) um 4 Prozent nach oben und die Pufferkapazität der Muskeln (die Fähigkeit der Muskeln rapide Laktatanstiege zu tolerieren) schritt um knackige 16 Prozent voran. Obwohl es nicht wirklich von den Forschern untersucht wurde, nahm das Blutvolumen wohl auch bei den Radfahrern aus Kapstadt zu (das Blutvolumen steigt gewöhnlich in Reaktion auf eine höhere Trainingsintensität an). Eine Steigerung des Blutvolumens ist für Ausdauersportler ein großes Plus, weil es dem kardiovaskulären System erleichtert, ausreichend Blut zu den Muskeln und der Haut zu transportieren. Natürlich benötigen die Muskeln das Blut aufgrund des darin enthaltenen Sauerstoffes; die Haut benötigt warmes Blut zum Abkühlen des Körpers.

Ein besonders ermutigender Punkt der Kapstadtstudie war die Tatsache, dass die Radfahrer nicht nur ihre Leistung nach der Durchführung eines einfachen Intervallprogramms steigerten, sondern auch den Prozentsatz ihrer maximalen Leistung steigerten, die sie während einer harten, einstündigen Belastung wie der 40 km langen Tour. Vor dem Notfallintervallprogramm konnten sich die Radfahrer tatsächlich nur bei einer durchschnittlichen Leistung von 72 Prozent der Höchstleistung belasten; nach dem Intervallprogramm waren sie in der Lage, ihre Leistung auf 75 Prozent zu steigern, obwohl deren Höchstleistung sogar ein wenig höher als vorher war!

 

Wie Läufer es ähnlich machen könnten

Obwohl sich die Kapstadtstudie mit Radfahrern beschäftigte, könnten Läufer ein ähnliches Programm anwenden, um sich nach einem Grundlagentraining schnell zu verbessern. Die Forscher aus Kapstadt wendeten eine Intensität von 90 % der VO2max bei den Intervallen an. Dies ist ideal, weil Läufer ihr Notfallintervallprogramm locker bei einer 10 km-Renngeschwindigkeit durchführen könnten (die 10 km-Renngeschwindigkeit ist gewöhnlich sehr nah an den 90 % VO2max).

Nach einem Grundlagenprogramm wird das 10 km-Training die Fähigkeit der Läufer steigern, so dass sie eine größere Aktivität der schnell zuckenden Muskelfasern in ihren Beinen tolerieren können und ähnliche Nutzen wie die Radfahrer der Kapstadtstudie daraus ziehen können. Dennoch mögen einige Läufer Schwierigkeiten damit haben, zwei relativ anstrengende Intervallprogramme pro Woche nach einer Grundlagentrainingsphase zu verkraften. In diesem Fall, gibt es einige mögliche Alternativen.

 

  • Absolvieren Sie eine dieser Einheiten auf dem Land und eine im Wasser (ein Aquajogging-Gürtel kann hilfreich sein);
  • Führen Sie das Intervalltraining nicht zu oft durch – z. B. einmal innerhalb von 5 Tagen statt 2-mal pro Woche. In diesem Fall werden Sie deutlich länger brauchen, um von dem Training profitieren zu können;
  • Führen Sie das Intervallnotfalltrainingsprogramm einmal pro Woche aus und laufen Sie im Jack-Daniels Stil einmal pro Woche. Bei der Daniels Belastung wärmen Sie sich auf und laufen dann 20 kontinuierliche Minuten bei einem Tempo, das 12–15 Sekunden pro Meile langsamer ist als ihre aktuelle 10 km-Bestzeit;
  • (vielleicht die unangenehmste aller vier Alternativen) Führen Sie ein Intervallprogramm pro Woche als regelmäßiges Laufprogramm durch und ein anderes Intervallprogramm einmal pro Woche auf dem Rad.
  • Läufer brauchen diese Einheiten nicht auf der Bahn zu absolvieren, obwohl diese Einheiten für diese Rundbahn wie geschaffen wären. Dennoch können Sie auf ihrem Lieblingsuntergrund laufen, so lange Sie ein ungefähres Gefühl für Ihre 10 km-Zeit haben, sich dort warm machen und dann 5-minütige Intervalle bei einer 10 km-Geschwindigkeit mit 60 Sekunden Erholungspause laufen. Versuchen Sie nicht, dass die gesamte Menge an Läufen in der 10 km.Geschwindigkeit pro Einheit nicht die 10 % Ihrer wöchentlichen Kilometerzahl übersteigen. Behalten Sie im Hinterkopf, dass diese Einheit nicht nur Ihre Leistung, VO2max, Ausdauer, und Pufferkapazität in den Muskeln steigert; es ist außerdem ein ausgezeichnetes und sehr spezifisches 10km-Wettkampftraining. Außerdem schulen Sie die exakte neuromuskuläre Koordination, die sie zum Bestreiten eines 10 km-Wettkampfes benötigen.

     

    Nach dem Notfalltraining

    Was sollten Sie tun, nachdem Ihr 4-wöchiges Grundlagennotfalltraining vorbei ist? Dies hängt von Ihren Zielen ab, die Sie sich für die kommende Wettkampfsaison gesetzt haben. Aber wenn die Rennen 40–45 Minuten oder weniger andauern, wäre es ein guter Augenblick für die Durchführung eines Schnelligkeitstrainings (die Belastungen in Kapstadt, die oben beschrieben sind, kann man nicht wirklich als Schnelligkeitstraining ansehen, weil sie nur bei einer Belastung von VO2max auftreten). Einige mögliche Schnelligkeitseinheiten könnten Hügelläufe mit einem Abstieg von 20–30 Sekunden sein, der voll gelaufen sein muss. Oder einige schnelle 2-minütige Intervalle auf flachem Untergrund bei einer Intensität, die Sie nicht länger als 6 oder 8 Minuten aushalten würden.

    Wenn Sie an Rennen interessiert sind, die eine Stunde oder länger andauern, dann könnten Sie einen geringen Wert auf die Schnelligkeit legen, die Notfallintervalltrainingsprogramm auch nur minimal einsetzen und dafür die Konzentration auf volle Tempobelastungen (20–25 kontinuierliche Minuten bei einer Intensität, die Sie länger als 50–55 Minuten aushalten könnten) und sehr spezifische, lange Belastungen (die über 40 Minuten oder länger bei der Intensität, die Sie in Ihrem 10 km-Rennen laufen möchten)

    Was auch immer Sie zum Ziel haben, es ist klar, dass die südafrikanische Studie für einen schnellen, kraftvollen Weg sorgt, der vom Grundlagentraining auf ein neues und höheres Leistungsniveau führt.

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    Trainingsworld

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