Trainingssysteme: German Volume Training

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Diese Woche stellen wir Ihnen ein in Deutschland entwickeltes Trainingskonzept für den Muskelaufbau vor, das auf dem guten alten Leitsatz „Viel hilft viel!“ beruht.

Bevor Sie jetzt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und zurecht anmerken, dass “mehr” in der Regel nicht gleichbedeutend mit “besser” für Ihre Fitness ist, versuchen wir den Satz “Viel hilft viel” auf unterschiedliche Weise zu deuten.

Das Trainingsvolumen beschreibt den Umfang der gesamten Trainingseinheit bezogen auf Übungen, Satzzahlen und Wiederholungen. Während Systeme mit niedrigem Volumen im Extremfall nur einen Belastungssatz pro Muskelgruppe aufweisen, arbeiten die hochvolumigen entsprechend mit deutlich mehr Arbeitssätzen. Proportional mit dem steigenden Volumen verringert sich jedoch automatisch die Intensität. Daher haben auch hochvolumige Trainingssysteme in der Regel ein oberes Limit von 10-15 Arbeitssätzen pro Muskel. Verteilt auf 4 Übungen sind wir somit schnell in einem Bereich, den viele Sportler als „normal“ betrachten würden.

10 verschiedene Übungen mit je 8 Sätzen und 20 Wiederholungen durchzuführen ist hingegen natürlich eine Fehlinterpretation, da die Leistungskurve rapide absinkt, das verwendete Gewicht zu gering ist und der Trainingsreiz mehr die Ausdauer als das Muskelwachstum beeinflusst.

 

Das German Volume Training

Wenn aber ein Volumen-Training in den meisten Fitnessstudios Standard ist, wo finden sich die Besonderheiten im „German Volume Training“?

Es wurde zuerst von deutschen Gewichthebern in der Nebensaison zum Muskelaufbau verwendet und später in den Vereinigten Staaten von der Trainerlegende Vince Gironda Mitte der 70er Jahre sowie in der heutigen Zeit von dem renommierten Kraftcoach Charles Poliquin wiederentdeckt und weiterverwendet. Aufgrund der deutschen Wurzeln nannten sie es „German Volume Training“ (GVT).

 

Grundprinzipien des German Volume Trainings

Das Grundprinzip beruht auf der Verwendung weniger Übungen mit vielen Sätzen und stetiger Progression. Gleichzeitig ist die Trainingsfrequenz mit 1 Belastungsintervall von ca. 1 Woche pro Muskel eher gering.

In Zahlen bedeutet dies, dass man eine Übung mit 10 Sätzen und 10 Wiederholungen ausführt, ohne das Gewicht zu verändern. Pro Muskel werden maximal 2 Übungen verwendet – eine Haupt- und eine Nebenübung. Aufgrund der hohen Satzzahl wird dieses Trainingssystem gerne im Supersatz mit dem Antagonisten oder anderen nicht-beteiligter Muskelgruppe benutzt.

Das Volumen ist also bezogen auf die Satzzahl sehr hoch, aber den Umfang der Übungen betreffend gering.

Weiterhin wird ein Gewicht gewählt, das man in einem normalen Training 20-mal sauber bewegen könnte. Sollten die ersten Sätze sich entsprechend noch leicht anfühlen, ändert sich dies spätestens wenn man in den ungewohnten Bereich des 5. Satzes kommt.

Auch wenn die letzten Sätze sehr intensiv sind, können die ersten der Reihe als verhältnismäßig leicht beschrieben werden. Somit haben wir zwar eine hohe Satz- und Wiederholungsanzahl, aber auch hier de facto kaum mehr tatsächliche Arbeitssätze als sonst.

Zu guter Letzt die wichtige Progression: Immer wenn Sie mit einem Gewicht das 10×10-System geschafft haben, erhöhen Sie es in der nächsten Trainingseinheit. Achten Sie dabei auf kleine Schritte. Charles Poliquin empfiehlt eine Steigerung von 4 %.

Als Pausenzeit für das GVT wird eine Minute zwischen einem Supersatz angesetzt. Sie absolvieren also 10 Wiederholungen für Muskel A, pausieren 1 Minute und beginnen mit den 10 Wiederholungen für Muskel B. Ein Trainingstag mit 4 Übungen und 40 Sätzen würde also auch nicht viel länger als 1 Stunde dauern (40 x 1 Minute Pause + 40 x ~30 Sekunden für 10 Wiederholungen). In Hinblick auf den anabolen Stoffwechsel sehen die meisten Trainer diesen Zeitrahmen als ideal an. Somit ist ein hochvolumiges Training also nicht zwingend ein sehr zeitaufwendiges Projekt.

 

Das bedeutet für Sie…

Wenn Sie sich nach einer Anfangsphase auf ein höheres Gewicht hochgekämpft haben, pausieren Sie für eine Woche und starten mit Phase 2 des Trainingssystems. Jetzt verringert sich jede Woche die Wiederholungszahl bei gleich bleibenden 10 Sätzen und das Gewicht sollte erneut leicht ansteigen.

Meistens startet man mit 10 Sätzen und 6 Wiederholungen, wobei das gewählte Gewicht dem Maximum für 12 Wiederholungen im normalen Training entsprechen sollte. In der darauf folgenden Woche wird das Gewicht wieder um 4 % erhöht und die Wiederholungszahl um 1 reduziert. Nach 3 Wochen und nur noch 4 ausgeführten Wiederholungen pro Satz wird wieder eine Woche pausiert und nur ein lockeres Kraftausdauertraining ausgeführt. Anschließend wiederholt sich Phase 2, jedoch mit einem wiederum höheren Gewicht. Sie können versuchen mit dem zuletzt verwendeten Gewicht zu starten, nur dass Sie diesmal 6 statt 4 Wiederholungen ausführen.

Die Aufteilung des Trainings kann bekannten Mustern folgen. Starten Sie etwa mit einem Tag für Brust und Rücken, als zweites trainieren Sie Beine und Bauch und abschließend die Arme zusammen mit etwas Schulter. Auch ein 4er-Split ist denkbar. Da dieses Trainingssystem auf schnellen Muskelzuwachs ausgelegt ist, sollten Sie sich entsprechend ernähren und lange Ausdauerläufe für diese Zeit meiden und beim Krafttraining bleiben.

 

Fazit

Das German Volume Training besticht durch seine Einfachheit. Erfolg verspricht es alleine durch seine Andersartigkeit, was die nötige Abwechslung und eine Schocktherapie für den Körper darstellt. Es ist jedoch auch aufgrund der immer gleich bleibenden Übungen und der vielen Sätze recht eintönig. Gerade in den letzten Wochen wird es sehr intensiv und verlangt dem Trainierenden eine hohe Disziplin ab.

Als ganzjähriges Trainingssystem ist es nicht geeignet – dafür wurde es allerdings auch nicht entwickelt. Für Leistungssportler, die in der Offseason Kraft und Muskulatur aufbauen wollen, oder für ambitionierte Hobbysportler in längeren Urlaubsphasen ist es sicherlich ein Blick wert. Vom Konzept her ist es für Athleten mit eingeschränkten Bewegungsabläufen, die daher ihren Fokus auf spezielle Übungen sowie Kraftzuwächse in diesem Bereich legen, sehr interessant – etwa Ruderer, Bodybuilder oder Gewichtheber.

  

Marcel Kremer

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