Prioritätsprinzip und Negativwiederholungen im Krafttraining

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Mit dem Prioritätsprinzip, der Vor- und Nacherschöpfung und den Negativwiederholungen stellt Denis Tengler Möglichkeiten des Weakpoint-Trainings im Bodybuilding vor.

Weak-Point-Training zählt ausdrücklich nicht auf die Verbesserung der Beweglichkeit ab, denn dies würde den gerade trainierten Muskel überfordern und somit die Regeneration negativ beeinflussen. Vielmehr geht es darum, den Muskel sanft in die Bewegung hineinzuführen und bewusst die Dehnung für einen kurzen Moment von wenigen Sekunden Dauer zu spüren und dann wieder locker zu lassen, bzw. dies dann noch einmal zu wiederholen. Eine verbesserte Dehnbarkeit, die intensives Dehntraining erfordert, ist im Übrigen nur dann sinnvoll, wenn Verkürzungen vorliegen oder die ausgewählte Sportart dies erforderlich macht. In allen übrigen Fällen führt ein Zugewinn an Dehnfähigkeit zu einer Abnahme der Stabilität des betroffenen Gelenks. Da echtes Bodybuilding den ganzen Körper einbezieht und die trainierte Muskulatur sich gleichmäßig entwickeln kann, liegt bei Anwendung der korrekten Technik keine Notwendigkeit zur Erweiterung der Beweglichkeit von Gelenken vor. Ausschließlich, wenn beim Erlernen der Technik Verkürzungen festgestellt werden, die den korrekten Bewegungsradius verhindern, bietet es sich an, ergänzendes Dehnen mit der entsprechenden Zielsetzung durchzuführen. In allen anderen Fällen ist die Beschränkung auf die Beseitigung des Kontraktionsrückstandes ausreichend. Soll ein Training zur Verbesserung der Beweglichkeit durchgeführt werden, sollte dies an einem anderen Tag durchgeführt werden, als das Hypertrophietraining. Folglich wird den Grundübungen zusätzlich zur Weak-Point-Übung noch Stretching zur Beseitigung des Kontraktionsrückstands angefügt.

 

Verschiedene Möglichkeiten zum Weak-Point-Training

Prioritätsprinzip

Der schwache Muskel wird hier am Anfang des Krafttrainings trainiert. Dies ist sehr gut für Athleten geeignet, deren Konzentrationsfähigkeit zum Ende des Trainings stark abnimmt, denn auf einen zurückliegenden Muskel muss man sich signifikant stärker mental einstellen, als auf Übungen für Muskelgruppen, bei denen bereits alles rund läuft. Für Athleten hingegen, die Ihre schweren Übungen aus Konzentrationsgründen an den Beginn des Trainings legen, ist diese Trainingsform evtl. ungeeignet, da die mentale Kraft für die schweren Übungen bereits vorher abnimmt. In diesem Fall bieten sich zusätzliche Trainingseinheiten an, in denen nur Schwachpunkttraining durchgeführt wird. Wer das Prioritätsprinzip anwendet, sollte darauf achten, dass die Spezialübungen für zurückliegende Muskeln ihm nicht die Kraft für die Grundübungen rauben, falls diese danach durchgeführt werden. Bei wem z. B. die untere Rückenmuskulatur zu schwach ist (hier haben wir also noch einen 3. Anwendungsbereich für Isolationsübungen, nämlich den nicht zurückliegenden, aber zu kleinen und daher die große Muskulatur in ihrer Entwicklung der Fitness begrenzenden Muskel, mit dem wir uns in einem späteren Artikel befassen) und deshalb Hyperextensions ausführt, um auch bei weiterer Gewichtssteigerung bei Kniebeugen die Technik korrekt zu halten, hat natürlich nichts gewonnen, wenn er im Anschluss an Hyperextensions Kniebeugen anschließen möchte.

 

Vorerschöpfung vs. Nacherschöpfung

Kann man einen Muskel zwar anspannen, aber mit der Grundübung nicht erschöpfen, wird ggf. die vor der Grundübung ausgeführte Isolationsübung dazu führen, dass die Grundübung einen stärker erschöpfenden und damit muskelwachstumsfördernden Effekt bewirkt. Wer aber einen Muskel gar nicht anspannen kann, dem bringt auch die Anwendung der Vorerschöpfung nichts, denn dann übernimmt wieder die umliegende Muskulatur die zu bewältigende Last. In diesem Fall kann eine Nacherschöpfung dazu führen, dass der relativ zurückliegende Muskel verstärkt arbeitet, da die sonst zu starke synergistische Muskulatur bereits durch die Grundübung vorgeschwächt wurde. Bei absoluter Schwäche des Zielmuskels wird aber auch das nicht funktionieren, da die Bewegung ja zuvor ausschließlich durch die übrige Muskulatur durchgeführt wurde und der zurückliegende Muskel an der Arbeit nicht mehr beteiligt ist. In diesem Fall bleibt nichts als üben, üben und nochmals üben und zwar unter Verwendung eines Minimalgewichts, nachdem man sich von seinem Ego verabschiedet hat.

 

Negativwiederholungen

Der Athlet nutzt unter Hilfestellung eines Trainingspartners ein Gewicht, mit dem er nur die Abwärtsbewegung einer Wiederholung alleine durchführt, bei der Aufwärtsbewegung lässt er sich von seinem Partner unterstützen. Hierbei kontrahieren weniger Muskelfasern, als bei vollständigen Wiederholungen. Der stärkere Muskelkater resultiert aus der erhöhten Belastung der Gelenke, Sehnen und Bänder. Aus diesem Grunde bringt die stärkere Belastung einzelner Muskelfasern dem Athleten, der einen zurückliegenden Muskel reizen möchte, leider überhaupt nichts außer eine erhöhte Verletzungsanfälligkeit und (schon erraten?) weiteren Muskelschwund der Zielmuskulatur, die nicht ausreichend kontrahiert werden kann. Zielgruppe sind Athleten, die einen Trainingsstand um das genetische Maximum vorweisen. Aber selbst in diesem Bereich findet das Training von Negativwiederholungen nur sehr selten oder gar nicht statt, da die erhöhte Gefahr von Verletzungen meist den Aufbaueffekt überwiegt.

 

Denis Tengler

 

Quellenangabe:

1. Weak-Point-Training: Pusher für zurückliegende Muskeln

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Denis Tengler

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