Trainieren mit dem eigenen Körpergewicht

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Zum Trainieren der Muskelkraft kann auch der eigene Körper als „Sportgerät“ eingesetzt werden. Hierbei wird das eigene Körpergewicht bzw. die daraus resultierende Erdanziehungskraft als Übungswiderstand genutzt. Auf Hilfsmittel wie Hanteln und Kraftgeräte wird dabei verzichtet.

Übungen mit dem eigenen Körpergewicht werden auch als Eigengewichtsübungen bezeichnet. Oftmals wird auch der englische Begriff verwendet: bodyweight exercise oder abgekürzt BWE.

 

Eigengewichtsübungen

Typische Übungen für ein Trainieren mit dem eigenen Körpergewicht sind z. B. Liegestütz, Kniebeugen ohne Zusatzlast, Dips, Klappmesser oder Beinheben im Hang. Beim Ausführen dieser Übungen fehlen Abstützungen und Führungshilfen. Der ganze Körper muss muskulär stabilisiert werden. Neben Muskelkraft sind dabei besonders auch koordinative Fähigkeiten gefordert.

 

Vorteile

Bei Eigengewichtsübungen werden meist viele Muskelgruppen gleichzeitig beansprucht und ganze Bewegungsabläufe trainiert. Diese Form des Trainings unterstützt die Effizienz von sportartspezifischen und alltäglichen Bewegungen. Eigengewichtsübungen sind daher funktionell und leistungswirksam, besonders gegenüber einem Trainieren an Kraftgeräten, bei dem Muskeln meist nur isoliert aktiviert werden (Wagner et al., 2010). Ein großer Vorteil in der Praxis zeigt sich mit Blick auf das benötigte Trainingsequipment: Eigengewichtsübungen brauchen nur den eigenen Körper. Damit sind sie nahezu überall und kostenlos durchzuführen und eignen sich besonders für Personen, die kein Fitnessstudio besuchen können oder wollen.

 

Übungspool effektiv erweitern

Das Repertoire an Eigengewichtsübungen lässt sich mit wenig Ausrüstung erheblich und effektiv erweitern, ohne dass dafür ein Fitness– oder Kraftraum besucht werden muss. Möglichkeiten zum Klimmziehen bieten z. B. robuste Wäschestangen, Türrahmen oder Klettergerüste auf Spielplätzen (Achtung: beim Einsatz solcher „Reckstangen“ unbedingt auf die Stabilität und Tragkraft achten!).

Eine effektive Erweiterung für das Krafttraining mit dem eigenen Körpergewicht sind auch Ringe, wie sie von Turnern schon seit sehr langer Zeit genutzt werden. Mit Hilfe zweier verstellbarer Gurte lassen sie sich an jede Art von „Reckstange“ montieren und fast beliebig in der Höhe einstellen. Hierdurch werden vielfältige Übungsausführungen ermöglicht, z. B. Barren- oder Liegestütz in den Ringen sowie Klimmzüge mit Bodenkontakt im Schräghang. Der Einsatz von Ringen ist gleichermaßen einfach wie komplex. Die freischwingenden Ringe schaffen eine instabile Übungssituation, diese stellt erhöhte Anforderungen an Muskeln und Koordination und schafft dadurch die Voraussetzung, um zusätzliche Trainingsreize setzen zu können. Turnringe sind ein effektives Trainingsgerät, das vielerorts einsetzbar ist und sogar ins Reisegepäck passt.

 

Nicht immer adäquat: Übungswiderstand

Probleme zeigen sich bei Eigengewichtsübungen besonders bei einem Blick auf das Steuern der Belastung. Je nach Körpergewicht und Leistungszustand können einzelne Übungen nicht ausgeführt werden. Der Widerstand ist zu groß, besonders für Trainingsanfänger. Ein typisches Beispiel stellt das Klimmziehen dar: Trainingsanfänger schaffen meist nur sehr wenige oder überhaupt keinen Klimmzug. Ein Erleichtern der Übung ist hierbei durch den zuvor angesprochenen Einsatz von Ringen und dem Ausführen von Klimmzügen im Schräghang möglich.

Für Leistungsstärkere hingegen bietet das eigene Körpergewicht zu wenig Widerstand. Ein Erschweren der Übungen ist zwar möglich durch ein Abwandeln der Bewegungsausführung – z. B. einarmiger Klimmzug oder einbeinige Kniebeuge –, der Widerstand bzw. der Schwierigkeitsgrad steigt hierbei allerdings sprunghaft. Ein etwas feineres Dosieren des Widerstandes ermöglicht das Einsetzen von Gewichtswesten und Manschettengewichten. Je nach Übung ist es auch möglich, Zusatzlasten an der Taille zu befestigen – z. B. mithilfe eines Dipgürtels. Hierdurch kann z. B. die Intensität beim Klimmziehen oder beim Ausführen von Dips (Barrenstütz) gesteigert werden. Für gut trainierte Athleten kann ausreichend Widerstand jedoch nur mit dem Einsatz von schweren Zusatzgewichten – besonders in Form der Langhantel mit Scheibengewichten – realisiert werden. Denken wir hierbei nur mal an die leistungsfähige Muskulatur der unteren Extremitäten und Athletinnen wie Heike Henkel, die Hochsprung-Olympiasiegerin von 1992. Die Athletin bewältigte bei einem Körpergewicht von rund 60 kg über 200 kg Hantellast bei der Parallelkniebeuge (Killing, 2003). Hierbei wird schnell deutlich, dass mit dem eigenen Körpergewicht für leistungsfähigere Sportler nicht ausreichend Widerstand realisiert werden kann. Selbst einbeinige Kniebeugen sprechen in diesen Fällen die Zielmuskulatur nicht intensiv genug an. Der Widerstand ist zu gering und es wird kein Trainingsreiz produziert. Folglich bleiben physiologische Anpassungen im Sinne eines Krafttrainings aus (vgl. Wagner et al., 2010).

 

Fazit

Eigengewichtsübungen sind funktionell und brauchen nur den eigenen Körper, womit sie nahezu überall und kostenlos durchzuführen sind. Mit einer Reckstange und Turnringen lässt sich der Übungspool besonders effektiv erweitern. Was bei Fitness-Übungen mit dem eigenen Körpergewicht jedoch grundlegend fehlt, ist die Möglichkeit, die Belastungen fortschreitend steigern zu können. Ein Anpassen des Widerstands an den jeweiligen Trainingszustand ist daher nur unzureichend möglich.

 

Andreas Wagner

 

Quellen:

– Killing, W. (2003): Kniebeugen in allen Variationen. Leichtathletiktraining, Bd. 14 (9/10), S. 49-55.

– Wagner, A., Mühlenhoff, S. & Sandig, D. (2010): Krafttraining im Radsport. Methoden und Übungen zur Leistungssteigerung und Prävention. München: Urban & Fischer bei Elsevier. www.krafttraining-im-radsport.de

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Über den Autor

Andreas Wagner

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