„Jeder Sportler sollte sich zu Beginn fragen: Wo will ich hin?“

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Die Trainingsplanung ist sehr wichtig, um seine Ziele zu erreichen. Wir haben mit der ehemaligen Läuferin und heutigen Lauf-Coach Ingalena Heuck über die Trainingsplanung, Ausgleichstraining und die richtige Motivation gesprochen.

trainingsworld.com: Wie sollte man als ambitionierter Freizeitsportler seine Saison aufbauen? Wie viele Saisonhöhepunkte bzw. Marathons sind möglich?

Ingalena Heuck: Gestaltung des Laufjahres ist abhängig von der aktuellen Leistungsfähigkeit, der Erfahrung und natürlich der Zielstellung. Jeder Sportler sollte sich also zu Beginn fragen: Wo will ich hin? Wie komme ich dorthin? Und wie muss ich meinen Alltag und mein Umfeld anpassen, um dieses Ziel zu erreichen? Wer sich aufs Marathonlaufen konzentriert, sollte maximal zwei Läufe pro Jahr machen. Der Körper braucht seine Zeit zur Regeneration. Ich bin ein Freund von Qualität und nicht von Quantität. Lieber zwei richtige Marathons mit guter Vorbereitung und bester Gesundheit, als viele und alle nur durchschnittlich.

trainingsworld.com: Welche Periodisierung empfehlen Sie Ihren Läuferinnen und Läufern? Wie genau planen Sie die Vorbereitung?

Ingalena Heuck: Nehmen wir ein Beispiel: Das Hauptziel ist ein Herbstmarathon in einer Zeit von unter 3:30 h. Und im Frühjahr möchte der Sportler noch einen Marathon laufen. Dann sollte über den Winter hinweg gutes Grundlagentraining absolviert werden mit der Teilnahme an verschiedenen 10 und 21 Kilometerläufen. Der Frühjahrsmarathon sollte dann in etwa 3.40 bis 3.50 absolviert werden. Danach erst einmal drei Wochen ganz lockeres Alternativtraining mit wenigen kurzen Läufen. Bis drei Monate vor dem Marathon können weiterhin Läufe über 10 km und Halbmarathon absolviert werden, allerdings nach einem festen Trainingsplan. Der Halbmarathonplan sollte sich an einer Zielzeit von 1:40 bis 1:45 orientieren. Die Haupt-Marathonvorbereitung beginnt dann drei Monate vor dem Rennen. Drei Wochen vor dem Marathon empfehle ich einen Halbmarathonstart, um den Statusquo zu kennen und somit entsprechend in den Marathon zu gehen.

trainingsworld.com: Unsere Sportler interessiert natürlich besonders wie eine exemplarische Trainingswoche in der Vorbereitung aussieht. 

Ingalena Heuck: Hier eine beispielhafte Woche in der Vorbereitung auf einen Halbmarathon in unter 2 Stunden. Dies ist die Woche 6 von 12:

7 Fragen an Laufcoach Ingalena Heuck: 

Eine Trainingswoche für einen Halbmarathon.

trainingsworld.com: Worauf legen Sie in den letzten Wochen der Wettkampfvorbereitung besonderen Wert? Rücken bestimmte Aspekte noch einmal in den Mittelpunkt?

Ingalena Heuck: Dies ist abhängig von der Streckenlänge. Je länger das Rennen, desto länger die spezifische Vorbereitung, die über das Training hinausgeht. Vor 10 Kilometer- und Halbmarathonrennen reicht es in der Vorwoche des Rennens auf eine leichtere Kost mit einem höheren Kohlenhydratanteil und einer guten Mineralienversorgung zu achten. Das Training wird reduziert, die Erholung sollte im Vordergrund stehen. Beim Marathon wird schon zwei Wochen vor dem Rennen mit dem sogenannten „Tapering“ begonnen. Die Laufumfänge werden reduziert, die Kost ebenfalls auf mehr Kohlenhydrate umgestellt. Außerdem sollte auf eine bewusste Flüssigkeitszufuhr (am Vortag des Rennens bis zu 3 Liter) und ausreichend Mineralien geachtet werden.

trainingsworld.com: Führen Sie bestimmte regenerative Einheiten oder Ausgleichssport durch, um ggf. Verletzungsrisiken zu minimieren?

Ingalena Heuck: Auch als Läufer darf und sollte man ab und zu ins Wasser gehen oder aufs Rad steigen. Moderates Alternativtraining ergänzt das Laufen perfekt, belastet die Muskulatur anders und führt trotzdem zu Anpassungen im Herz-Kreislauf-System und im Stoffwechsel. Bestens geeignet sind Schwimmen, Radfahren, Inline-Skaten, Langlauf oder Skiroller.

trainingsworld.com: Worauf achten Sie generell bei der Ernährung während des Trainings und des Wettkampfes? Entwickeln Sie mit Blick auf den Wettkampf noch einen gesonderten Ernährungsplan?

Ingalena Heuck: Eine ausgewogene Kost aus komplexen Kohlenhydraten, guten Eiweißen und hochwertigen Fetten ist die wichtigste Grundlage. Wer auf regionale und ökologische Produkte achtet und sich so vielseitig wie möglich ernährt, bekommt damit in der Regel alle Nährstoffe, die er braucht. Der Eisenhaushalt sollte trotzdem ab und zu kontrolliert werden, das ist oftmals ein Problem bei Läufern. Im normalen Trainingsalltag achte ich auf eine moderate Kohlenhydratzufuhr und esse sogar vermehrt Eiweiße und Fette. Vor dem Wettkampf stelle ich meine Ernährung dann vermehrt auf Kohlenhydrate um, wobei ich auch hier auf den Verzicht von Weizen und weißen Zucker achte. Im unmittelbaren Zusammenhang mit Training oder Wettkampf greife ich auf Nahrungsergänzungsmittel zurück, wie auf isotonische Getränke, Riegel oder auch Gels. Diese Produkte sind für die Belastung konzipiert und geben mir im richtigen Moment die passende Energie.

trainingsworld.com: Wie entscheidend ist im Wettkampf und in der Wettkampfvorbereitung die Psyche bzw. das Wohlfühlen? Welche Techniken haben Sie, um Athleten bei einem „Motivationsloch“ zu motivieren?

Ingalena Heuck: Unsere Gedanken steuern wahnsinnig viel und entscheiden oftmals über Sieg oder Niederlage. Das gilt für alle Lebenslagen, weshalb es immer wichtig ist, sich wohlzufühlen bzw. an seinen Problemen zu arbeiten. Ein Motivationsloch kann verschiedenste Ursachen haben, auf die individuell reagiert werden muss. Gerade im Leistungsbereich entsteht ein Motivationsloch oftmals dann, wenn der Athlet übertrainiert ist oder die Balance zwischen Training und Alltag nicht mehr stimmt. Die Reduktion des Trainings oder auch das Hinterfragen anderer Hintergründe ist daher wichtig.

 

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Thomas Spoering

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