Sportverletzung: Achillessehnenruptur

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Die Achillessehne ist die dickste und stärkste Sehne des Menschen. Sie ist Belastungen von bis zu 60–100 N/mm² gewachsen, das entspricht bei 80 mm² Fläche einer Tragfähigkeit von bis zu 800 kg. Vor allem durch Vorschädigungen kommt es dennoch oft zum Achillessehnenriss, v.a. als Sportverletzung.

Anatomie/Funktion

Die Achillessehne überträgt die Kraft des Musculus triceps surae, der aus dem Musculus gastrocnemius (zwei Köpfe, entspringt beidseitig am Oberschenkelknochen in der Kniekehle) und dem Musculus soleus (ein Kopf, Ursprung an der Hinterseite des Schienbeins sowie hinten an Hals und Köpfchen des Wadenbeins) besteht, sowie dem (bei 70 % aller Menschen vorhandenen) Musculus plantaris auf dem Tuber calcanei (Fersenbein). Damit ermöglicht die Sehne vor allem die kraftvolle Plantarflexion (Beugung des Fußes in Richtung der Fußsohle), aber auch die Inversion (Fußinnenrand Hochziehen).

 

Ursachen

Vorschädigungen durch Über- und Fehlbelastungen führen zu Mikrotraumata, die die Blutversorgung des Gewebes stören und so zur Degeneration der Festigkeit führen (meist 2–6 cm oberhalb des Ansatzes, Sehne am schlechtesten versorgt). Bei seitlichen Kippungen des Rückfußes im unteren Sprunggelenk kommt es bei der flächigen Achillessehne zu Kantenbelastungen, die schnell die Belastungsfähigkeit der Sehne überschreiten und somit zum Primärriss führen können, der sich dann über die gesamte Sehnenbreite fortsetzt. So geschieht es, dass insbesondere bei schrägen Fußpositionen, wie sie bei verschiedenen Spielsportartenvorkommen, vermehrt Achillessehnenrisse als Sportverletzungen auftreten. Seltener geschehen offene Durchtrennungen durch scharfkantige Gegenstände, was eine Indikation zur sofortigen OP ist. (z. B. Sportverletzung: Achillessehnenruptur in der Leichtathletik)

 

Die Stabilität der Achillessehne kann vermindert werden durch:

– mechanische Überlastungen

– chronische Entzündungen

– bestimmte allgemeine Erkrankungen wie z. B. Diabetes mellitus („Zuckerkrankheit“) oder Rheuma

– chronische Verkürzung der Wadenmuskulatur

– seltener durch Kortikosteroide (z. B. Kortison)

– noch seltener durch Einnahme eines Antibiotikums aus der Gruppe der Gyrasehemmer

 

Differentialdiagnose

– Sprunggelenksdistorsion

– Sprunggelenksverletzung Typ Weber A, B, C

– Übergangsfrakturen des Sprunggelenks

 

Untersuchung

Der Vorteil der Sonographie (Ultraschall) ist die Untersuchungsmöglichkeit unter funktioneller Beanspruchung. Anhand der Distanz zwischen den beiden Sehnenenden kann eine Entscheidung zum Therapieverfahren getroffen werden: Bei geringer Distanz ist die Erfolgswahrscheinlichkeit einer konservativen Behandlung größer. Bei großer Distanz ist eine OP zu bevorzugen.

Bei allen unsicheren Befunden wird heute eine Kernspinuntersuchung (MRT) durchgeführt.

 

Klinisch

– eine tastbare Lücke wenige cm oberhalb des Ansatzes

– blutunterlaufenes und geschwollenes Rupturgebiet

– Gehen auf den Zehenspitzen ist nicht mehr möglich

– keine Beugung des Fußes bei Kompression der Wade (Thompson-Test) (mögliche Restfunktion durch Musculus tib.post., Zehenbeuger oder Musculusplantaris longus)

Achillessehnenreflex erloschen und schmerzhaft

 

Spontanverlauf (bei Nicht-Behandlung)

Innerhalb von zwei bis vier Monaten kann sich ein Sehnenregenerat (Neosehne) bilden, das nur eine kraftlose Funktion im Sprunggelenk ermöglicht. Aufgrund der Verlängerung der Sehne durch das Narbenregenerat kann der Wadenmuskel nicht im optimalen Kraftbereich arbeiten, ist aber eingeschränkt funktionstüchtig.

 

Die Therapie der Achillessehnenruptur umfasst

1. Sofortmaßnahmen:

– Kompression

– Eis

– Ruhe

– Hochlagern

 

2. Weiterführende Therapie:

konservativ:

– Immobilisation durch Gips in Spitzfußstellung (Sono-Kontrolle!)

– Spezialschuh (an der Ferse erhöht) für 8 Wochen

– KG

– Bei älteren Menschen oder Hautproblemen (Krampfadern, „Kortisonhaut“) Kontrolle mittels Ultraschall, ob sich die beiden Rissenden der Sehne bei Plantarflexion im Sprunggelenk annähern.

 

operativ:

– Minimal-invasive oder offene OP

– Durchflechtungsnaht

– Bei „Entenschnabelfraktur“: Zugschraube + Cerclage

– 6-8 Wochen Tragen einer Orthese zur Entlastung, Steigerung von Sohlenkontakt, über Teil- bis Vollbelastung

– Bei jungen, sportlichen Menschen ist eine sichere Annäherung der beiden Sehnenstümpfe gewährleistet und es gibt eine recht hohe Primärstabilität

 

Folgende Komplikationen einer Achillessehnenruptur sind möglich

– Rezidiv

– Thrombose

– Verkalkung der Sehne

 

Björn Reindl

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Björn Reindl

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