Training während der Schwangerschaft

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Es gibt zahlreiche Ansichten in Bezug ein Training/sportliche Betätigung während der Schwangerschaft. Trainingsenthusiasten behaupten, dass fitte/guttrainierte Frauen weniger Probleme und Mühen während der Schwangerschaft und Geburt haben. Die Vorsichtigen raten, dass Training für den Fötus Stress bedeuten und die Gesundheit der Mutter gefährden kann. Oftmals kommt es zu einem Untergewicht der Babys.

Es ist schwierig irgendwelche allgemeinen Empfehlungen geben zu können, obwohl es viele wissenschaftlich belegte Informationen zu diesem Thema gibt. Eine große Anzahl an Tests wurde an Tieren durchgeführt, aber nur relativ wenige an Menschen. Die Tierversuche geben einige Hinweise, jedoch kann man sie nicht eins zu eins übertragen. Denn was für eine schwangere Ratte gut ist, muss nicht unbedingt für eine schwangere Frau gut sein. Eine aktuelle “Meta-Studie” (in der die Ergebnisse von vielen Studien gesammelt und analysiert werden) hat nur 18 Studien an Menschen gefunden.

Inzwischen neigen Athletinnen dazu trotz eines schwangeren Bauches ihr Training fortzuführen. Es handelt sich dabei nicht nur um sanfte Schwangerschaftsübungen. (Sport in der Schwangerschaft) Schwangere Frauen haben sogar an olympischen Spielen teilgenommen und eine Vielzahl an Frauen hat mit schwangerem Bauch einen Marathon bestritten, z. B. ist eine Amerikanerin einen Marathon gelaufen ohne zu wissen dass sie zu diesem Zeitpunkt im 4. Schwangerschaftsmonat war.

Auf der anderen Seite kommen Frauen, die vor der Schwangerschaft nur wenig sportlich aktiv waren, durch die Schwangerschaftsgymnastik auf die Idee sich mehr zu bewegen, da sie auf einmal ein neues Körper- und Gesundheitsbewusstsein entwickelt haben.

Hinsichtlich der Beweise, die zurzeit zur Verfügung stehen, kann man nur schwer Aussagen zu dem optimalen Level und den Belastungsarten für Schwangere treffen. Man kann nur allgemeine Empfehlungen geben und zu Vorsichtsmaßnahmen raten. Dieser Beitrag wird sich mit den theoretischen Risiken und Vorteilen auseinandersetzen und die neuesten Ergebnisse der Forschung vorstellen.

Physiologische Veränderungen während der Schwangerschaft

Die Forschung zeigt uns welche Veränderungen eine Frau während der Schwangerschaft durchmacht, Je höher der Schwangerschaftsmonat, desto mehr neigt die Atmungsrate anzusteigen (dies kann man auch als Belastungsökonomie beschreiben). Zum Beispiel hat sich herausgestellt, dass die verbrauchte Sauerstoffmenge pro Minute um 10 % bei einer gegebenen Gehgeschwindigkeit ansteigt. Dies hängt wahrscheinlich mit dem erhöhten Körpergewicht zusammen. Bei Belastungen ohne Gewicht fallen die Ergebnisse sehr unregelmäßig aus, obwohl die Sauerstoffaufnahme allgemein eher bei gegebener Belastung ansteigt. Bis zur 21. Woche lassen sich keine signifikanten Anstiege erkennen.

In einigen Studien wurde ein Anstieg der Ruheherzfrequenz während fortschreitender Schwangerschaft ermittelt, obwohl das maximale Herzschlagvolumen in etwa gleich blieb. Die Stoffwechselrate in Ruhe ist ebenso angestiegen. Das Herzminutenvolumen beginnt in den ersten drei Monaten (Trimester) anzusteigen und erreicht bis zum zweiten Trimester eine Zunahme von 30 – 50 %, was überwiegend mit der Zunahme der Herzgröße und des Herzschlagvolumens zusammenhängt, aber auch durch einen Anstieg der Pulsrate von 70 bis 85 pro Minute ausgelöst wird. Allgemein gesehen besteht zwischen Athletinnen und untrainierten Frauen bis zum dritten Trimester (die letzten 3 Schwangerschaftsmonate) kaum ein Unterscheid hinsichtlich des Herzminutenvolumens.

Potenzielle Risiken für den Fötus

1. Blutflusssenkung zum Uterus

Es wurde ein verminderter Uterusblutfluss während der Belastung festgestellt. Mit diesem Argument konnte man schwangere Frauen davon abhalten während der Schwangerschaft zu trainieren. Es scheint jedoch so, dass die Sauerstoffversorgung des Fötus aufgrund von kompensatorischen Maßnahmen, wie einer erhöhten Sauerstoffgewinnung und einem umverteilten Blutfluss, relativ konstant bleibt.

2. Verminderte Versorgung des Fötus mit Glukose

Während der Schwangerschaft wird die Blutglukose der Mutter vom wachsenden Säugling als Hauptenergiequelle zum Heranwachsen genutzt. Man hat sich lange darüber Sorgen gemacht, dass der Glukosespiegel im Blut aufgrund von Training reduziert werden könnte. Es gibt dafür zwar einige Belege, jedoch hat sich ebenso gezeigt, dass die Mutter unter Belastung verstärkt in der Lage ist auf weitere Energiequellen zurückzugreifen. Obwohl der Glukosespiegel im Blut unter Belastung leicht sinken kann, stellt dies dennoch keine Gefahr dar, da dies nur von kurzzeitiger Dauer ist. Es gibt aber einige Beweise dafür, dass ein ausgedehntes und intensives Training das Wachstum des Säuglings beeinträchtigen kann.

 

3. Überhitzen

Man glaubt, dass eine erhöhte Körperkerntemperatur ein Risiko für das ungeborene Kind mit sich trägt. Beispielsweise fand man in einer Studie heraus, dass es zu einem vermehrten Vorkommen von neuronalen tube Effekten, z. B. spina bifida, kommt, wenn die Mutter in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft Hitze ausgesetzt ist (Badewanne, Sauna, Fieber). Das Überhitzen in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft wurde mit einem niedrigeren Geburtsgewicht bei Tieren in Zusammenhang gebracht. Laut aktuellsten Empfehlungen zufolge ist eine Körperkerntemperatur von 39 Grad Celsius oder drüber schädlich für den Säugling.

Deswegen ist die Besorgnis groß, dass Training zu einer erhöhten Körperkerntemperatur führen könnte, obwohl in der oben zitierten Studie Training nicht als potenzieller Risikofaktor aufgeführt wurde. Weitere Untersuchungen haben sich mit Frauen, die bei normaler Geschwindigkeit trainierten befasst. Es konnte in diesen Experimenten kein Temperaturanstieg bis in die Risikozone festgestellt werden. Beispielsweise wurde in einer Studie ein Temperaturanstieg von 5 Grad Celsius bis 37.3 Grad Celsius an Frauen festgestellt, die bei einer moderaten bis hohen Geschwindigkeit 20 Minuten lang trainierten. Einige Wissenschaftler weisen darauf hin, dass die physiologischen Anpassungen, wie die Tendenz zur erhöhten Blutpoolbildung unter der Haut und einem erhöhten Blutvolumen, einen effizienteren Hitzeverlust bewirkt. Es gibt kaum Beweise, dass die Körperkerntemperatur aufgrund von Training auf ein kritisches Niveau ansteigt.
Andere Arbeiten auf diesem Gebiet haben darauf hingewiesen, dass das Training im Wasser bei einer Standarttemperatur von Schwimmbädern dem Training auf dem Land vorzuziehen sei, dadurch dass die Körperkerntemperatur nicht so stark ansteigen kann. Generell hängt eine Veränderung der Körperkerntemperatur von der Intensität und der Dauer des Trainings ab. Natürlich besteht bei einer höheren Außentemperatur und Luftfeuchtigkeit eine größere Überhitzugsgefahr, so dass einer Dehydrierung vorgebeugt werden und leichtere Bekleidung getragen werden sollte.

Die Auswirkungen von Training auf Schwangerschaftssymptome

Es wurden Vermutungen angestellt, dass Frauen, die trainieren weniger an typischen schwangerschaftsbezogenen Symptomen leiden wie z. B. Übelkeit, Sodbrennen, Krämpfen usw. In den meisten Studien war es schwierig die Ursachen für diese Probleme herauszufinden. Leiden die Frauen weniger an diesen Problemen, weil sie sich nicht so elend fühlen oder werden die Symptome durch das Training reduziert? Eine aktuelle Studie hat versucht diese Zweideutigkeit näher zu beleuchten indem Informationen über das Trainingsniveau der Frauen vor und während der Schwangerschaft hinsichtlich der Symptome und des Trainingsniveaus festgehalten wurden.(1)

Ungefähr 400 Frauen wurden in dieser Studie befragt, die in San Francisco durchgeführt wurde. Vier verschiedene Trainingslevels wurden festgesetzt, Level 1 für die aktivsten Frauen, die an einem aeroben Training teilnahmen, d. h. die drei Mal pro Woche mindestens 20 Minuten über dem Level, das für ein aerobes Training erforderlich ist, trainierten.

Der Prozentsatz an Frauen, der bei einem Level 1 vor der Schwangerschaft trainierte, verminderte sich von 41 Prozent vor der Empfängnis auf 14 Prozent in den letzten drei Monaten vor der Geburt. Der mittlere Level 2 und 3 blieb jedoch relativ konstant. Die Trainingsform veränderte sich ebenso. Beispielsweise waren vor der Schwangerschaft beinahe ein Fünftel (57) Läufer, aber in den letzten drei Monaten lief nur noch eine. Das Schwimmen wurde dafür umso beliebter.

Die Schwangerschaftssymptome wurden für jedes Trimester (drei Schwangerschaftsmonate) neu berechnet. Dies erfolgte mit Hilfe eines Fragebogens, der Fragen über 22 physische Unannehmlichkeiten stellte, wie z. B. Übelkeit, Sodbrennen, Beinkrämpfe. Frauen, die bei einem Level 1 oder 2 während des ersten Trimesters trainierten, berichteten von weniger Symptomen in dieser Zeit als Frauen, die bei Level 3 oder 4 trainierten. Das gleiche Muster wurde im dritten Trimester ermittelt – diejenigen, die auf hohem Niveau trainierten zeigten weniger Symptome physischen Unbehagens.

Ebenso kam es durch ein erhöhtes Training in der frühen Schwangerschaft zu weniger Symptomen in der späten Schwangerschaft. Einer der interessantesten Befunde war, dass Frauen, die vor der Schwangerschaft auf dem Level 1 trainierten, im ersten Trimester eher von weniger Symptomen berichteten. Dies bekräftigt die guten Auswirkungen des Trainings auf die Symptome. Wenn man Frauen, die ihr Training auf einem hohen Niveau (Level 1) aufrechterhielten, mit denjenigen verglich, die immer weniger trainierten, so konnte man feststellen, dass der Abfall der Trainingshäufigkeit zu unterschiedlichen Symptomen führte. Die Forscher schlossen aus den Befunden, dass die Frauen nicht trainierten, weil sie sich besser fühlten, sondern sie fühlten sich besser weil sie trainierten. Ein möglicher Mechanismus für diese Auswirkung ist der, dass das Training zu einem höheren Endorphinausstoß führt (natürlicher Schmerzhemmer) und dadurch die Wahrnehmung von Schmerzen und Unbehagen reduziert wird. Bei einer Studie wurde ein erhöhter natürlicher Endorphinspiegel während der Wehen einer Frauengruppe gemessen, die stichprobenartig zu einem Trainingsprogramm während der Wehen veranlasst wurden.

 

Ein Grund, der Frauen dazu verleiten könnte, während der Schwangerschaft zu trainieren oder ihr Training aufrechtzuerhalten ist die Gewichtsreduktion. Die Fettspeicher nehmen bis zum dritten Trimester stetig zu. Dies kommt teilweise durch die Auswirkungen eines chronisch erhöhten Blutinsulinspiegels, der dem Körper signalisiert mehr Energie zu speichern. Zwei Hauptstudien weisen veranschaulichen, dass ein moderates Konditionstraining von Frauen, die vorher inaktiv waren, während des zweiten und dritten Trimesters den typischen schwangerschaftsbezogenen Anstieg der Fettspeicher HALT. Deswegen scheint es so, dass die hormonellen Veränderungen während der Schwangerschaft die gewöhnliche Reduktion des Körperfetts, die man normalerweise beim aeroben Konditionstraining vorfindet, OVERRIDE.

 

Auswirkungen von Training auf das Schwangerschaftsergebnis

Faktoren, die angeblich in engem Zusammenhang mit Training stehen/die durch Training beeinflusst werden können sind: Risiko einer Frühgeburt, Dauer der Wehen, Geburtsgewicht, und Apgar Punkte (die erste Beurteilung des Säuglings), und Komplikationen während der Wehen. Eine aktuelle Analyse kombinierte die Ergebnisse von 18 Studien mit insgesamt 2,214 schwangeren Frauen.(2)

Diese Analyse ergab, dass keine der untersuchten Variablen bei den trainierenden Frauen signifikant von der Kontrollgruppe abwich. Die Variablen beinhalteten die Gewichtszunahme der Mutter, Dauer der Schwangerschaft, Dauer der Wehen, Komplikationen in Bezug auf Wehen, Art der Geburt, das Geburtsgewicht des Säuglings, und Apgar Punkte. Alle Ergebnisse dieser Variablen lagen innerhalb des gesunden Normalbereichs bei beiden Gruppen. Obwohl unterschiedliche Studien ergaben, dass eine oder mehrere dieser spezifischen Resultate eher für die aktive als für die inaktiven Schwangeren zutrafen, merkten die Forscher an, dass es kein stetiges Muster innerhalb der Studien gab und dass die Stichprobengröße zu klein ausfiel. Diese Ergebnisse ergaben ein “durchschnittliches“ Ergebnis. Betrachtet man die spezifischen individuellen Studien, dann gibt es einige Belege, dass anstrengendes Training, eine unangemessene Ernährung und ausgedehntes Stehen das Wachstum des Fötus ungünstig beeinträchtigen kann. Genauso ergaben Daten von Frauen, die noch spät im dritten Trimester intensiv oder mit Gewichten trainierten, einen Anstieg der Frühgeburtenrate.

 

Die Autoren der Meta-Analyse fassten zusammen, dass eine schwangere Frau bis zu 3 Mal pro Woche 43 Minuten lang mit einem Herzschlag von 144 Schlägen pro Minuten trainieren kann ohne sich selbst oder ihr ungeborenes Kind zu gefährden. Die Auswirkungen einer höheren Intensität als dieser konnten nicht festgestellt werden. Die Ergebnisse zeigten keine negativen Auswirkungen bezüglich Joggen oder Gewichthebeübungen.

 

Wir sind immer noch weit davon entfernt zu wissen, welches Niveau und welche Trainingsart für schwangere Frauen ideal zu sein scheint. Ein amerikanisches Team von Experten für mütterliche und pädiatrische Gesundheit schlussfolgerte, dass schwangere Frauen nicht trainieren sollten oder müssen, sondern dass sie trainieren können.

 

Praktische Empfehlungen für Schwangere

  • Die Aufnahme eines Fitnessprogramms vor der Entbindung könnte die Symptome einer Schwangerschaft vermindern. Frauen, die an einem Programm zur Schwangerschaftsvorbereitung interessiert sind, werden oft in Sachen Ernährung beraten (z. B. wird ihnen empfohlen ihre Ernährung mit Folsäure zu ergänzen). An dieser Stelle wäre es genauso angemessen inaktive Frauen zu einem moderaten aeroben Training zu ermutigen/motivieren.
  • Beginnen Sie kein Trainingsprogramm zum ersten Mal während der Schwangerschaft. Idealerweise sollten Frauen ihr Fitnessniveau beibehalten, das sie bis zu diesem Zeitpunkt bereits erreicht haben. Diejenigen, die mit einem Training beginnen möchten, sollten langsam mit Walking oder einem Training ohne Gewicht, wie schwimmen oder Rad fahren, beginnen um einer weiteren Gewichtszunahme während der Schwangerschaft entgegen zu wirken/vorzubeugen.
  • Senken Sie die Intensität allmählich nach einem anstrengenden Trainingsprogramm. Hormonelle und physiologische Auswirkungen einer Schwangerschaft gehen häufig mit einem Blutstau in der Beinmuskulatur einher wenn das Training sehr abrupt beendet wird. Eine aerobe Trainingseinheit sollte auch ein Abwärmprogramm beinhalten.
  • Gehen Sie behutsam mit Aktivitäten um, die Balancierfähigkeiten voraussetzen. Schwangerschaftshormone bewirken ein Auflockern der Bänder/des Bandapparates. Gelenke verlieren deswegen an Stabilität und neigen eher zu Verrenkungen/Verstauchungen. Besonders betroffen sind die Wirbel-, Hüft-, Knie- und Sprunggelenke.
  • Jeder, der an einer Herzkrankheit, einer Bluthochdruck oder einer Anämie leidet, sollte ein intensives Training außen vor lassen. Mit fortschreitender Schwangerschaft muss das Herz auch mehr wegen des zunehmenden Gewichts arbeiten
  • Vermeiden Sie ein Überhitzen. Wenn Sie unter heißen oder feuchten Bedingungen trainieren, sollten Sie die Dauer oder Intensität des Trainings vermindern und sicherstellen, dass Sie ausreichend trinken. Gehen Sie nicht in die Sauna und unterlassen Sie heiße Bäder nach dem Training.
  • Die Messmethoden, die üblicherweise zur Trainingskontrolle genutzt werden, müssen nicht verändert werden. Die Herzfrequenz ist eher eine unzuverlässige Methode zur Intensitätsbestimmung. Im Gegensatz dazu hat sich herausgestellt, dass die wahrgenommene Anstrengung von der Schwangerschaft wenig beeinflusst wird. Somit haben einige Wissenschaftler empfohlen die wahrgenommene Anstrengung in Kombination mit der Herzfrequenzmessung anzuwenden um das Training besser protokollieren und planen/empfehlen zu können.
  • Janet Pidcock

    Quellenangaben:

  • “Exercise during pregnancy and pregnancy outcome“, Sternfeld et al, Medicine and Science in Sports and Exercise, Bd. 27, S. 634-640
  • “Effects of physical exercise on pregnancy outcomes: a meta-analytic review“, Lokey et al, Medicine and Science in Sport and Exercise, Bd. 23, S. 1234-1239
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