Faris Al-Sultan über Triathlon, Ironman, Training und Karriereende

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Es war zwar nicht auf Hawaii, dafür in Karlsfeld 2003, als unser Trainingsworld-Autor Nico seinen ersten Triathlon überhaupt bestreitet. Immerhin mit dem Ziel nicht „Letzter“ zu werden, was glücklicherweise auch gelang. Gewonnen hat damals allerdings Faris Al-Sultan, der danach eine sensationelle Karriere hingelegt hat. Gekrönt hat Faris seine Laufbahn neben vielen ersten Plätzen mit dem Sieg des Ironman auf Hawaii 2005 und dem EM-Titel 2011 in Frankfurt. Fast 13 Jahre später treffen sich die zwei für ein Interview, frei nach dem Motto: „Faris macht blau“.

Faris, du hast deine Karriere ja an den Nagel gehängt. Wie geht’s jetzt weiter?

 „Ja, also mit dem Renterdasein war ja bis jetzt noch nicht viel, weil nach Bekanntgabe des Rücktritts meine Abschiedstour begonnen hat, dann habe ich bei einem Fernsehprojekt mitgemacht, „Ewige Helden“, und den Trainerschein. Außerdem kam mein zweites Kind zur Welt und wir sind umgezogen. Also Zeit zum Überlegen, wie ich meine Freizeit sinnvoll verbringen kann, habe ich noch nicht gehabt. Und es gibt natürlich nebenbei noch einiges zu trainieren. Außerdem stehen noch ein paar Sportevents an und es gibt ein Sponsoring-Engagement. Ich trainiere ja mit Patrick Lange, Carolin Lehrieder und dem Florian Kriegl drei Triathleten. Insofern ist es alles andere als langweilig.“

Gibt es eigentlich auch alternative Sportarten, die du jetzt gerne betreiben würdest, z.B. Wintersport?

 „Skifahren und Snowboarden sind nicht so meins. Ich hab‘s mal eine Zeitlang mit Langlauf versucht, aber ehrlich gesagt ist mir der Aufwand zu groß. Am liebsten mache ich Sport wo ich raus geh und anfangen kann. Sogar Schwimmen ist schon grenzwertig, weil ich dazu 15 min ins Olympiabad fahren muss. Aber eine Stunde nach Lenggries ist für mich schon immer ein bisschen abschreckend, wobei in der Gruppe wäre ich eher dabei. Was mir sehr gut gefallen hat war Boxtraining, aber da ist jetzt momentan meine Quelle versiegt, und ich bin mit Krafttraining, Schwimmen und Laufen sowieso ziemlich ausgelastet. Ich will ja nicht mehr so viel trainieren wie früher, sonst hätte ich ja gleich Profi bleiben können.“

Würdest du eigentlich rückblickend auf deine Karriere irgendetwas verändern?

„Ich glaube, dass einem als Athlet oft der Mut fehlt, etwas anders zu machen. Das sind schon paar Sachen dabei die ich jetzt ändern würde, auf der anderen Seite war es eine geile Zeit, und vieles hat man damals auch einfach nicht gewusst. Man darf nicht vergessen, dass Triathlon eine sehr junge Sportart ist, und als ich eingestiegen bin ins Triathlongeschäft, gab es nicht so viel Wissen, kaum Studien, weniger Trainer und Athleten. Selbst heute basieren viele Sachen noch auf Erfahrungen. Als ich damals angefangen habe, gab es auf der Welt vielleicht acht Leute, die was von Triathlon verstanden haben, heute sind es 8000.“

Wie kam es überhaupt dazu, dass du mit Triathlon angefangen hast?

„Ich war damals im Schwimmverein, aber war nicht besonders erfolgreich. Irgendwann wurden die Laufumfänge größer aber richtig gut war ich da auch nicht. Als ich dann Bilder vom Ironman Hawaii mit Thomas Hellriegel gesehen habe, dachte ich mir, das ist geil, das will ich machen.“

Wie alt warst du da?

„Ich hab 1996 mit 18 meinen ersten Triathlon gemacht, und 1997 meinen zweiten, das war dann schon der Ironman auf Lanzarote.“

Was war eigentlich abgesehen vom WM-Titel 2005 auf Hawaii dein größter Erfolg bzw. dein schönster Sieg?

 „Also die EM 2011 in Frankfurt war sicherlich sehr speziell und sehr emotional. Es war mein 4. Anlauf und die Bedingungen waren brutal. Da zu gewinnen war sicherlich eins meiner Highlights. Aber auch mein 3.Platz auf Hawaii 2006 nach meinem Sieg 2005 zählt sicherlich dazu, weil es einfach eine ganz besondere Belastung war. An der Startlinie war ich schon total müde von der ganzen Saison. Darauf bin ich dementsprechend stolz, wobei ich diese Leistung erst später realisiert habe.“

Was würdest Du als Trainer einem jungen Menschen raten, der mit dem Gedanken spielt an die Langdistanz ranzugehen?

„Das kann man so pauschal nicht sagen, da man nicht weiß wo die Ziele sind und was er schon drauf hat. An einen Fußballer muss man ganz anders rangehen, als an einen Leistungsschwimmer. Es ist schon sehr individuell. Aber grundsätzlich gilt, dass die Leute erstmal die technischen Grundfertigkeiten lernen, also Schwimmen, einigermaßen Laufen etc. und dann baut man den Umfang von den kürzeren Distanzen über die längeren Distanzen aus.“

Was hältst du davon, die langen Einheiten zu verkürzen und mehr HIT-Training einzubauen?

„Es ist auch hier ganz schwierig, dazu pauschal was zu sagen, weil es Leute gibt, die unglaublich gut darauf ansprechen. Es gibt aber auch diejenigen, die sich schlicht und ergreifend über die Umfänge entwickeln. Ich persönlich hab sehr viele Umfänge gemacht, und das auch gut vertragen. Andere Athleten, die gehen einfach kaputt in so einem dreiwöchigen Trainingslager. Die werden immer langsamer weil die Regeneration nicht klappt. Ich hab während meiner Karriere z.B. Athleten wie Pete Jacobs gesehen, der hat nicht viel trainiert. Der war auch eigentlich immer müde, aber Pete hat ein einmaliges Talent mitgebracht, und auch der Hawaii gewonnen. Man darf nicht vergessen, dass wir eine Extremausdauersportart mit einer Belastung von 8 Stunden plus haben, d.h. ohne einen gewissen Umfang geht die ganze Sache gar nicht.“

Bist du der Meinung immer optimal trainiert zu haben?

„Nein, natürlich nicht. Mein Problem war immer, dass ich nie besonders viel Grundschnelligkeit hatte, und was mal da war, habe ich im Lauf der Jahre verloren. Über 11 Monate im Jahr, immer mit der Zielsetzung „jetzt ist bald wieder Wettkampf“, zu trainieren, hat mich sicherlich zurückgeworfen und auf die Dauer ganz schön zermürbt. Es ist bestimmt besser, die Wettkampfperioden kürzer zu halten. Aber als Profi willst du natürlich zeigen was du kannst, Wettkämpfe gewinnen und Geld verdienen. Dabei riskierst du natürlich nur „gut“ zu sein. Oder man beschränkt sich alternativ auf zwei bis drei Wettkämpfe, in der Hoffnung dort sehr gut zu sein, aber wer will das schon?“

Was war denn deine Lieblingsdisziplin?

„Am Anfang sicherlich das Schwimmen, aber irgendwann alles. Man wird zum Profi und kompletten Triathleten.“

Mit Jan Frodeno wurde ein Triathlet zum Sportler des Jahres gewählt. Was denkst du über die Entwicklung des Triathlon?

„Ich denke, dass wir schon auf einem sehr hohen Niveau sind, gerade was die Teilnehmerzahlen angeht. Aber in vielen anderen Triathlon-Schwellen-Ländern bewegt sich richtig viel. In Mexico zum Beispiel, Brasilien, Argentinien oder Polen tut sich richtig was. Das liegt an der wachsenden Mittelschicht. Die Menschen dort wollen neben dem Beruf auch noch sportlich aktiv sein. Da erfüllt Triathlon einfach viele Faktoren. Er ist hart, erfordert Ausdauer und man kann alleine trainieren.“

Aber warum ist Deutschland im Gegensatz zu anderen Nationen so unglaublich erfolgreich?

„Ganz genau kann ich das auch nicht beantworten. Bei allem „Gejammere“ der Teilnehmer und Veranstalter ist Triathlon medial gesehen doch relativ präsent. Das liegt natürlich auch daran, dass wir sehr gut sind. Also quasi eine Katze die sich in den Schwanz beißt, positiv gesehen. Eine andere Sache ist die, dass Triathlon unserem Arbeitsethos sehr entgegen kommt. D.h. man erreicht mit Arbeit sehr viel. Viele Athleten kommen trotz weniger Talent sehr weit, weil sie einfach viel, hart und intelligent trainieren. Und deshalb sind die erfolgreich. Außerdem bringen die meisten Deutschen mit 1,75m – 1,90m Körpergröße und 65-80k Kampfgewicht körperlich gesehen ideale Voraussetzungen mit. Und natürlich animieren die ganzen Erfolge zum Nachmachen. Es gibt keine andere Nation, die so breit und erfolgreich in der Spitze aufgestellt ist.“

Spielt das Thema Doping eigentlich in der Langdistanz eine Rolle?

„Na ja, im Gegensatz z.B. zum Radsport, wo seit 100 Jahren gedopt wird und das ganze Umfeld eines Profis, sprich Trainer, Manager, Physio, Mechaniker etc. vom Radsport kommt und Doping-Erfahrung mitbringt, gibt es das ja so im Triathlon nicht. Triathleten sind ja größtenteils alleine unterwegs, und das Anti-Doping-System funktioniert ganz gut. Natürlich kommt es leider vor, aber ich glaube, dass es sehr viele sehr erfolgreiche Athleten gibt, die in ihrem ganzen Leben noch nie was genommen haben. Außerdem handelt es sich bei uns ja um ein „Ein-Tages-Rennen“, und Doping bringt nicht so viel wie z.B. bei einem Radprofi, der über mehrere Tage bzw. Wochen hinweg Höchstleistungen bringen muss. Ich bin z.B. felsenfest davon überzeugt, dass Nina kraft auf Hawaii auch ohne Doping gewonnen hätte.“

Mehr zum Thema Triathlon und Ausdauertraining für Eure erste Triathlonsaison findet ihr hier

 

Wir sagen vielen Dank und wünschen für den wohlverdienten Ruhestand alles Gute!

Autor: Nicolai Napolski

 

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