Pilates bei Skoliose

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Wie genau kann Pilates bei einer Skoliose (einer seitlich verbogenen Wirbelsäule) vorsorgen, lindern oder verbessern?

Was ist eine Skoliose?

Unter einer Skoliose versteht man eine seitlich verbogene Wirbelsäule. Bereits den alten Griechen ist diese Abweichung der Wirbelsäule von der Norm bekannt gewesen und sie schufen den Namen „Skolios“ (krumm, verdreht). Bei einer starken Ausprägung einer Skoliose kommt es zusätzlich zu der seitlichen Neigung der Wirbel auch zu einer Verdrehung der Wirbel gegeneinander (Torsion). Zeigt die Wirbelsäule nur eine einzige seitliche Kurve, spricht man einer C-Kurve. Sind es dagegen 2 seitliche Kurven, so spricht man von einer S-Kurve. Die bekannteste Form der Skoliose ist die rechts-konvexe thorakale Kurve (C-Kurve), die sich häufig im Bereich des rechten Schulterblattbereiches in Form eines Rippenbuckels am Rücken zeigt.

 

Wie entsteht eine Skoliose?

Bei 75 % aller Skoliosen ist die genaue Ursache unklar. Man geht davon aus, dass die folgenden Faktoren eine Rolle bei der Entstehung von Skoliosen spielen:

– genetische Prädisposition

– Wachstumsstörungen während der Wachstumsschübe bei Jugendlichen

– bestimmte Krankheitsbilder des Knochen- und Nervensystems

– Beinlängendifferenz

– einseitiges Leistungstraining.

 

Die strukturellen Skoliosen, die im Wachstum entstehen, gehen einher mit einer asymmetrischen Wirbelkörper-Bildung und sind daher nicht allein durch Training korrigierbar. Diese Erkrankung gehört in jedem Fall in eine ärztliche Betreuung, denn sie kann sich im Wachstum schnell verschlechtern. In regelmäßigen Abständen wird die Skoliose vom Arzt gemessen, der sogenannte Cobb-Winkel bestimmt und die Entwicklung im Zeitverlauf genau beobachtet. Maßnahmen umfassen Krankengymnastik, das Tragen eines Korsetts und möglicherweise, bei sehr schwerem Verlauf, eine wirbelsäulenstabilisierende Operation.

Die leichteren Skoliosen werden als funktionelle Skoliosen bezeichnet und hängen mit einer einseitigen Belastung der Muskulatur oder einer häufigen Fehlhaltung im Alltag zusammen.

Generelles Trainingsziel ist es, die Skoliose muskulär zu stabilisieren und einen möglichen Ausgleich der muskulären Dysbalance zwischen rechter und linker Körperseite zu schaffen. Dies hilft die Verschlechterung sowie Spätfolgen von Skoliosen (Arthrose, Osteoporose) abzubremsen.

 

Welche Muskulatur steht im Fokus beim Training?

Muskulär bedeutet eine Skoliose immer ein Ungleichgewicht der Tiefen-Muskulatur der Wirbelsäule und der seitlich gelegenen Rumpf- und Becken-Muskulatur. STOTT PILATES ® orientiert sich an Kendalls Empfehlungen, hauptsächlich die folgende Muskulatur im Training zu fokussieren:

– Die schrägen Bauchmuskeln (Obliquus externus und internus)

– die Hüft-Abduktoren und –Adduktoren (Gluteus Medius, Adduktor Brevis, Magnus, Longus, Pectineus)

– die tiefen Rückenstrecker (Multifidii, Rotatores)

– sowie die seitliche und hintere Wadenmuskulatur (Gastrocnemius, Soleus, Peroneus).

 

Ziele der Pilates-Übungen bei Skoliose

– Die Wirbelsäule muskulär zu stabilisieren

– Einen muskulären Ausgleich zwischen den 2 ungleichen Körperseiten zu schaffen

– Die weitere Verschlechterung abzubremsen (bei struktureller Skoliose) oder die Kurve in gewissem Maße zu korrigieren (bei funktioneller Skoliose).

 

Welche Pilates-Übungen werden bevorzugt eingesetzt?

Generell ist die tiefe Atmung im Pilates auch bei Skoliose hilfreich, denn meist ist eine der beiden Brustkorbseiten (und somit Lungenseiten) komprimiert. Die langsame und tiefe Pilates-Atmung ermöglicht das Wahrnehmen des Ungleichgewichts und fördert die Atmung in die komprimierte Brustkorbseite.

Bevorzugte Wirbelsäulen-Bewegung im Pilates-Training ist die Streckung (Extension) sowie Drehung (Rotation) und Seitbeugung (Laterale Flexion). Um beide Körperhälften und die stabilisierende Tiefenmuskulatur anzusprechen, werden möglichst viele asymmetrische Übungen ausgewählt.

 

Übungsbeispiele im Mattenprogramm

Breathing (Theraband um den Brustkorb)

Ausgangsposition: Rückenlage, Beine hüftbreit aufgestellt. Legen Sie ein Theraband von hinten nach vorn um Ihren Brustkorb und halten Sie das Band mit Zug mit beiden Händen fest.

Einatmen: Atmen Sie tief in den Brustkorb und konzentrieren Sie sich auf das taktile Feedback von Ihrem Band. Ihr Band sollte sich aufgrund des aufgehenden Brustkorbs weiten.

Ausatmen: Atmen Sie fest aus und spüren Sie, wie Ihre Bauchdecke flacher wird und sich das Band um Ihren Brustkorb wieder zusammenzieht.

Atmen Sie 8- bis 10-mal ruhig ein und aus.

 

Leg Slide

Ausgangsposition: Rückenlage, Beine hüftbreit aufgestellt. Arme liegen neben dem Körper.

Einatmen: Strecken Sie ein Bein in die Länge. Halten Sie Ihren Rumpf und Ihr Becken ganz still.

Ausatmen: Spannen Sie zuerst Ihren Bauch an und beugen Sie Ihr Bein wieder in die Ausgangsposition zurück. Nehmen Sie alle Kraft aus der Körpermitte. Halten Sie Schulter und Nacken entspannt. 

Wiederholen Sie die Beinstreckungen abwechselnd, pro Bein ca. 8- bis 10-mal.

 

Hundred

Ausgangsposition: Rückenlage, Becken leicht nach hinten gekippt (imprint), beide Beine gebeugt in die Luft angehoben (90 ° Winkel im Knie und in der Hüfte). Arme gestreckt und leicht vom Boden angehoben.

Einatmen: 5-mal möglichst schnell die Arme im Wechsel auf und ab bewegen (ist der rechte Arm hoch, dann ist der linke Arm tief). Halten Sie Ihren Rumpf ganz still.

Ausatmen: 5-mal möglichst schnell die Arme im Wechsel auf und ab bewegen.

Führen Sie insgesamt 100 Auf- und Abbewegungen mit den Armen durch. Die Arme sind dabei ganz fest und die Bewegung spielt sich nur in Ihrem Schultergelenk ab. Sollten Sie Spannung im Nacken spüren, stellen Sie die Füße hüftgelenksbreit auf dem Boden ab.

 

Breast Stroke Preparation 2

Ausgangsposition: Bauchlage, die Beine hüftbreit geöffnet und gestreckt. Beide Arme auf dem Boden, Hände neben der Hüfte.

Einatmen: Machen Sie sich ganz lang vom Steißbein zum Scheitel (axiale Länge der Wirbelsäule).

Ausatmen: Heben Sie den Kopf und die Schultern an, um den oberen Rücken in eine kleine Streckung (Extension) zu bringen und heben Sie dabei nur den rechten Arm etwas mit an.

Einatmen: Halten

Ausatmen: Zurück in die Ausgangsposition absenken.

Wiederholen Sie die Übung mit dem linken Arm und insgesamt pro Arm 8- bis 10-mal.

 

Spine Twist Kneeling (Trapezius Variante)

Ausgangsposition: Schneidersitz, beide Arme vor dem Körper auf Schulterhöhe gestreckt, Handflächen zueinander.

Einatmen: Den Scheitel zur Decke ziehen, um die Wirbelsäule lang aufzurichten.

Ausatmen: Den Rumpf nach rechts drehen, den rechten Arm beugen und die rechte Ellenbogenspitze Richtung Wirbelsäule drücken. Schauen Sie dabei nach hinten zu Ihrem rechten Ellenbogen.

Einatmen: Zur Ausgangsposition zurückdrehen und den rechten Arm wieder vor den Körper zurückstrecken, nach vorn schauen.

Ausatmen: Die Übung nach links wiederholen.

Wiederholen Sie die Übung so, dass Sie sich insgesamt zur jeder Seite 5-mal gedreht haben.

 

Side Kick

Ausgangsposition: Seitlage, unteres Bein angewinkelt, oberes Bein gestreckt und auf Hüfthöhe angehoben. Wirbelsäule lang und neutral. Die untere Hand stützt den Kopf.

Einatmen: Das obere Bein nach vorn schwingen, den Fuß flex. Noch einmal etwas weiter nach vorn ziehen. Die Wirbelsäule bewegt sich dabei nicht.

Ausatmen: Das obere Bein nach hinten schwingen, den Fuß point. Die Wirbelsäule bleibt starr.

Schwingen Sie Ihr Bein ca. 5-mal vor und zurück und wiederholen Sie die Übung mit dem anderen Bein.

 

Side Lying Leg Lift

Ausgangsposition: Seitlage, beide Beine gestreckt. Die Wirbelsäule ist lang und neutral. Die untere Hand stützt den Kopf.

Einatmen: Heben Sie das obere Bein an, Fuß point. Die Wirbelsäule bleibt ruhig. Lassen Sie Ihr Becken nicht zur Matte oder nach hinten ausweichen.

Ausatmen: Senken Sie das obere Bein etwas ab, Fuß flex. Nicht mehr ablegen.

Wiederholen Sie die Beinhebungen 5-mal und wechseln Sie dann auf die andere Seite. 

 

Swimming Preparation (Vierfüßler)

Ausgangsposition: Vierfüßlerstand. Die Wirbelsäule ist lang und neutral.

Einatmen: Schieben Sie Ihre rechten Fingerspitzen nach vorn und die linken Fußspitzen nach hinten vom Körper fort.

Ausatmen: Heben Sie Ihren rechten Arm und Ihr linkes Bein in voller Länge auf Schulter- bzw. Hüfthöhe an. Halten Sie die Bauchspannung und die Wirbelsäule lang.

Wiederholen Sie die Übung mit dem linken Arm und dem rechten Bein. Wechseln Sie die Seiten jedes Mal und führen Sie insgesamt 5 Wiederholungen auf jeder Seite durch.

 

Side Bend Preparation

Ausgangsposition: Schneidersitz, beide Arme sind seitlich des Körpers gestreckt. Die Wirbelsäule ist lang.

Einatmen: Heben Sie Ihren rechten Arm und wachsen Sie noch ein wenig.

Ausatmen: Beugen Sie Ihre Wirbelsäule nach links und ziehen Sie Ihren rechten Arm gerundet über Kopf. Bleiben Sie mit dem Becken fest am Boden.

Einatmen: Position halten und den rechten Brustkorb weiten.

Ausatmen: Kommen Sie in die Ausgangsposition zurück.

Wiederholen Sie die Übung zur anderen Seite. Wechseln Sie jedes Mal die Seite und führen Sie insgesamt 5 Seitbeugungen pro Seite durch.

 

Michaela Bimbi-Dresp

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