Mehr Athletik für weniger Verletzungen!

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In den vergangenen Jahren hat sich der Faktor Fitness im Fußball extrem entwickelt. Die Spieler laufen länger und die Art und Weise, wie sie diese Strecke bewältigen, hat sich stark gewandelt. Wie sollte das Ausdauer- und Athletiktraining aussehen, um über eine Saison verletzungsfrei zu bleiben?

Fußball ist heutzutage durch beständige Tempowechsel und höchste Geschwindigkeit geprägt: Beschleunigung, maximale Geschwindigkeit und abruptes Stoppen. Ein Profifußballer muss in 90 Minuten 12 Kilometer oder mehr laufen – und zwar nicht im Dauerlauf, sondern im permanenten Wechsel von Sprint und Stopp.

Trainer müssen die Athleten auf diese Anforderungen vorbereiten, denn die entsprechende Fitness gibt ihnen die Voraussetzung, sich auf die eigenen Fähigkeiten und den Gegner zu konzentrieren. Bei allen Unwägbarkeiten auf dem Spielfeld ist der Faktor Fitness aus wissenschaftlicher Sicht die einzige entscheidende Variable, die sich messen und in eine Konstante umwandeln lässt. Mittels elektronischer Datenerfassung, beispielsweise über einen Chip im Schuh, kann man inzwischen alles messen: wie lange der Spieler läuft, welche Laufwege er nutzt, wie oft er sprintet, wie lange die Sprints sind und in welchem Tempo er sie zurücklegt. Deshalb muss ein spezifisches Workout weit über ein sportarttypisches Ausdauer- oder Krafttraining hinausgehen. Und genau das ist der Job aller Konditions- und Athletiktrainer in Zusammenarbeit mit den Cheftrainern.

Die Bedingung dafür ist allerdings, dass der Sportler auf Dauer gesund ist. Nur Verletzungsfreiheit ermöglicht einen konstanten, langfristigen Trainingsaufbau und somit höhere Trainingsintensitäten. Um Verletzungen zu vermeiden, sollten die Spieler individuelle Defizite bei Flexibilität und Beweglichkeit sowie Stabilität aufarbeiten. Genauere Informationen liefert neben einer physiotherapeutischen Untersuchung ein einfacher und schneller Test wie der Functional Movement Screen (FMS) nach Gray Cook und Lee Burton (siehe Schwächen stärken – Functional Movement Screen). Diese funktionelle Bewegungsanalyse ermöglicht die Identifizierung von individuellen Schwachstellen in Bewegungsmustern und den dazugehörigen Muskelketten. Die richtigen Trainingsstrategien erhöhen die Bewegungsqualität und Bewegungsökonomie, erzielen mehr Leistung und beugen Verletzungen vor. Umgekehrt führen Schwachstellen in kinetischen Ketten durch biomechanische Ursachen zu leichten Fehlstellungen in Gelenken, zu Haltungsschwächen und zu schlechter intermuskulärer Koordination. Aus einer dauerhaften Kompensation folgen neben „Energielecks“ auch Überlastungen innerhalb der Muskelketten. Wenn beispielsweise die Glutealmuskeln nicht richtig in der Hüftstabilisation und -extension arbeiten, können auch die Hamstrings diese Arbeit übernehmen. Infolge dieser „Mehrarbeit“ häufen sich Mikrotraumen an und langfristig ist die Gefahr einer Verletzung groß.

Die Hamstrings sind ein gutes Beispiel für eine „Problemzone“ bei Fußballspielern. Nach einer Studie über zwei Spieldauern mit 91 englischen Profifußballklubs machen Beschwerden der Hamstrings einen Großteil aller Verletzungen aus. Insgesamt mussten die Spieler die sportliche Belastung wegen Hamstringsverletzungen 13 116 Tage aussetzen. Sie versäumten dadurch 2029 Spiele. Das erstaunliche: in 57 Prozent aller Fälle verletzten sich die Spieler während des Laufens, also ohne Gegnereinwirkung. Neben inaktiven Glutealmuskeln und daraus folgenden Überlastungserscheinungen sind Verkürzungen der ischiocuralen Muskulatur die häufigste Verletzungsursache.

Viele Trainer machen immer noch einen Unterschied zwischen Prävention und Training. Die Praxis hingegen zeigt, dass sie beides besser als zwei Zweige eines Baums sehen sollten. Deshalb sollten in jedes Aufwärmprogramm ein funktionelles Stretching sowie Kräftigungsübungen zur Ausrichtung der Körperhaltung eingebaut sein. Hüftabduktoren und Hüftrotatoren, Schulterblattstabilisatoren und der Torso mit Schwerpunkt auf der tiefen Bauchmuskulatur sind dabei entscheidend. Studien berichten von einem Drittel weniger Verletzungen bei einem spezifischen Aufwärmprogramm: vor jedem Training, mindestens aber 3-mal pro Woche jeweils 20 Minuten.

Niko Schmitz

 

Lesen Sie auch Teil zwei mit den Trainingstipps für Stabilität und Ausdauertraining.

 

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