Der Energiestoffwechsel – Anpassungen durch Ernährung (Teil 2)

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Im ersten Teil des Artikels wurden Ihnen bereits wichtige Grundlagen zum Zusammenhang zwischen Ihrer Nahrungszusammensetzung und Anpassungen im Energiestoffwechsel gezeigt. Heute wird an einem Beispiel vorgestsellt, warum Sie Training und Ernährung nicht getrennt voneinander betrachten sollten.

Lesen Sie auch Teil 1 des Artikels

 

Grundsätzlich richtet sich die Gestaltung des Trainings nach dem jeweiligen Anforderungsprofil einer Sportart. Ein Anforderungsprofil beschreibt die Art und Ausprägung von Fähigkeiten und Fertigkeiten, die die Gesamtleistung in der jeweiligen Disziplin beeinflussen. Fähigkeiten sind zum Großteil angeboren und stellen die allgemeine Grundeigenschaft dar, die die Voraussetzung für das Durchführen einer bestimmten Fertigkeit bilden. Durch Üben können sie vertieft werden, sind jedoch grundsätzlich nicht erlernbar. Fertigkeiten sind Bewegungen, die nicht ererbt sondern durch Üben und Erfahrung erworben werden.

So sind zum Beispiel die Fähigkeiten der motorischen Ausdauer und Kraft unter anderem die Voraussetzungen dafür, Radfahren erlernen zu können. Erst mit dem Wissen über die jeweils abverlangten Fähigkeiten und Fertigkeiten kann ein Training gezielt geplant und gesteuert werden. Je nachdem welche Sportart Sie also betreiben, entstehen unterschiedliche Anforderungen an motorische Fähigkeiten wie beispielsweise die Ausdauerleistungsfähigkeit oder die Kraftfähigkeit und somit an den Energiestoffwechsel.(1)

 

Die Belastungen im Radsport

Der Straßenradsport stellt in Bezug auf die Ausdauerleistungsfähigkeit deutlich vielschichtigere Anforderungen an die Sportler als andere Langzeitausdauersportarten wie zum Beispiel der Marathonlauf. Egal ob es sich um Tageswettkämpfe, Rundfahrten oder gar um die spezielle Disziplin des Zeitfahrens handelt, der Straßenradsport fällt in die Bereiche der Langzeitausdauer (LZA) II (Belastungen zwischen 30 und 90 Min.) und III (Belastungen ab 90 Min.). Trotzdem liegen durch die Topographie der Strecke, das Windschattenfahren und taktische Elemente wie Attacken meist sehr stark wechselnde Belastungen vor. Es wechseln sich sehr ruhige Phasen unterschiedlicher Länge mit hoch intensiven Abschnitten ebenfalls unterschiedlicher Länge ab. Somit benötigt der Radsportler eine in großem Maße ausgebildete allgemeine aerobe dynamische Muskelausdauer, sprich eine gute Grundlagenausdauer. Aber auch die allgemeine anaerobe dynamische Muskelausdauer darf nicht vernachlässigt werden, da sie gerade bei Antritten am Berg oder bei Zielsprints von großer Bedeutung ist.

Am Beispiel für die Leistungsverteilung von 6 Profifahrern innerhalb eines Rennens über 5 Etappen wird die Anforderung an den Radsportler deutlich: Belastungen unterhalb der aeroben Schwelle mit niedriger Intensität machen anteilig ca. 58 % eines Rennens aus. Etwa 14 % des Rennens bewegt sich der Sportler bei Belastungen zwischen aerober und anaerober Schwelle. Recht hoch sind mit 28 % die auf den ersten Blick gar nicht so denkbaren hoch intensiven Belastungen oberhalb der IAS (individuelle anaerobe Schwelle) im anaeroben Bereich, die durch Attacken und Antritte zustande kommen.(1) Insgesamt zeigt das Belastungsprofil, dass im Radsport sehr viele unterschiedliche Anforderungen bewältigt werden müssen. Dabei werden unterschiedliche Stoffwechselwege durchlaufen, die Sie im Training jeweils auch vorbereiten müssen.

 

Die Anpassungsreaktionen Ihres Organismus

Wir haben Ihnen im ersten Teil des Artikels gezeigt, welche Anpassungen Ihr Körper durchläuft, wenn der Fettstoffwechsel optimiert wird, indem unter Belastung nahezu ausschließlich Fette die Energie für die Belastung liefern. Stehen dem Organismus während extensiven Belastungen ausschließlich Fette zur Verfügung, sind biochemische Adaptationsprozesse auf Zellniveau die Folge. Die intrazellulären Fettspeicher lassen sich so verdoppeln. Fette aus diesen Fettspeichern sind während der Belastung schneller und leichter verfügbar und werden gegenüber den Fetten aus den Fettspeichern der Haut bevorzugt verstoffwechselt. Die Erhöhung der Energiespeicher im Muskel führt zu einem Aktivitätsanstieg und zur Vermehrung der aus Fett Energie umsetzenden Enzyme sowie zur Zunahme und Vergrößerung der Mitochondrien. Dies hat eine erhöhte energetische Durchsatzkapazität sowie eine erwünschte längere Schonung der Glykogenspeicher im Wettkampf zur Folge.(3)

 

Fazit: Die Trainingsintensität bestimmt, was Sie essen

Wenn folglich die oben beschriebene Zielstellung, die Fettoxidation zu erhöhen und die Energiegewinnung aus Glykogen zu schonen, die Grundlage für Ihr Ausdauertraining bildet, können Sie die Trainingseffekte mithilfe Ihrer Ernährungsweise unterstützen. Gerade dafür empfiehlt sich eine Kostform mit einem hohen Fett-Eiweißanteil. Stehen intensive Einheiten auf Ihrem Trainingsplan, gilt es zum richtigen Zeitpunkt auf eine kohlenhydratbetonte Ernährungsweise umzusteigen. Denn während intensiven Belastungen unter anaerober Energiebereitstellung kann Ihr Organismus ausschließlich Kohlenhydrate verstoffwechseln (siehe Tab. 1).

 

Belastungsintensität und Tageszeit Ernährungsmaßnahmen
nur extensive Einheiten kohlenhydratreduzierte, fett-eiweißbetonte Kost über den ganzen Tag
intensive Einheit morgens/vormittags kohlenhydratbetonte Kost bereits ab dem Abend zuvor
intensive Einheit mittags kohlenhydratbetonte Kost bereits ab dem Frühstück
intensive Einheit abends kohlenhydratbetonte Kost bereits ab dem Mittagessen

Tab. 1: Zeitvorgaben für Ihre Kohlenhydratzufuhr bei verschiedenen Belastungsintensitäten(2)

 

Sie sehen, die althergebrachte kohlenhydratbetonte Mischkost ist für Sie als Sportler per se kein Tabu. Sie sollte jedoch taktisch wohl platziert eingesetzt werden. Gerade in Phasen, in denen Ihr Training intensivere Bestandteile umfasst und in denen Sie hohe Belastungen zu tolerieren haben, müssen Sie sogar den Kohlenhydratanteil in Ihrer Nahrung erhöhen. Besonders im Bereich von Ausdauersportarten spielt die optimale Versorgung mit Kohlenhydraten in der direkten Wettkampfvorbereitung und an Wettkampftagen eine große Rolle. Aber auch im Trainingsalltag sind sie ein wertvoller Nährstoff – vorausgesetzt, es stehen intensive Belastungen auf dem Programm.(4)

 

Passen Sie Ihre Ernährung an!

Wir konnten Ihnen zeigen, wie sehr Ihre Ernährungsweise und Ihr Trainingszustand zusammenhängen. Wenn Sie sich nicht an Ihr Trainingsziel angepasst ernähren, kann es sein, dass Sie Ihre Ziele sogar konterkarieren! Wenn der Fettstoffwechsel optimiert werden soll, dürfen Sie keine großen Kohlenhydratportionen aufnehmen und auch Ihre Speicher sollten eben nicht bis zum Rand gefüllt sein. Diese Grundthese in Verbindung mit der Tatsache, dass die Fettverbrennung durch fettreiche Nahrung unterstützt werden kann, darf nun aber nicht zu einer einseitigen Ernährung führen! Sie müssen Ihre Ernährungsweise vielmehr jeweils den Trainingsinhalten anpassen. Intensives Training ist eben nur dann effektiv durchführbar, wenn der Körper auch den Treibstoff für intensive Belastungen nutzen kann und das sind die Kohlenhydrate. Ohne diese kann der Körper nicht über den schnellen anaeroben Stoffwechselweg arbeiten und dabei schnell Energie produzieren.

 

Tipps für Ihr Training

– Erhöhen Sie den Fettanteil in Ihrer Nahrung in Phasen mit erhöhtem Fokus auf das Grundlagenausdauertraining.

– Senken Sie gleichzeitig Ihren Kohlenhydratanteil.

– Passen Sie Ihre Ernährung bei Phasen mit Intervalltraining an.

 

Hanna Sandig

 

Literaturangaben:

1. Wagner, Mühlenhoff & Sandig (2010): Krafttraining im Radsport. München: Urban und Fischer Verlag

2. Prinzhausen (2009): Das Prinzhausen-Prinzip. Die Ernährungsstrategie zur Leistungssteigerung im Ausdauersport. Marburg: KVM – Der Medizinverlag Dr. Kolster Verlags-GmbH

3. Sandig & Jochum (2010): Praxis Handbuch Ernährung: So essen Sie sich fit. Bonn: Orgenda Sportfachverlag

4. Opoku-Afari, Worm & Lemberger (2009): Mehr vom Sport – Low-Carb und LOGI in der Sporternährung. Lünen: Systemed Verlag

 

Fachsprache

Aerobe Muskelausdauer – Energiebereitstellung aus Kohlenhydraten oder Fetten unter Verwendung von Sauerstoff

Anaerobe Muskelausdauer – Energiebereitstellung aus Kohlenhydraten ohne Verwendung von Sauerstoff

Laktatschwellen – aerobe Schwelle, anaerobe Schwelle und individuelle anaerobe Schwelle (IAS)

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Über den Autor

Hanna Sandig

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